Arbeiten nach der Coronakrise Konzerne wollen Dienstreisen auch in Zukunft reduzieren

Viele Angestellte von Konzernen werden künftig wohl weniger fliegen
Foto: Ralph Peters/ imago imagesVor dem Morgengrauen zum Flughafen hechten, um für ein einstündiges Meeting von Köln nach Berlin zu fliegen und direkt im Anschluss wieder zurück - so sah der Joballtag für viele Manager in Deutschland vor der Coronakrise aus. Dann kam die Pandemie - und mit ihr die Frage: Muss das eigentlich sein?
In vielen Firmen heißt die Antwort darauf: Nein. Das zeigt eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa unter deutschen Konzernen.
Deutsche Post, Deutsche Telekom, Deutsche Bank, Rheinmetall, Zalando, Evonik, RWE, Thyssenkrupp und Bayer - alle geben an, "nach Corona" weniger Dienstreisen anordnen und stattdessen mehr Treffen virtuell stattfinden lassen zu wollen.
Reisekosten um 80 Prozent gesunken
Für global agierende Unternehmen wie die Deutsche Post mit Mitarbeitern in 220 Ländern gehören Treffen per Video schon lange zum Alltag. Aber: "Die Pandemie hat hier als Katalysator fungiert und der virtuellen Zusammenarbeit einen weiteren Schub gegeben", sagt eine Post-Sprecherin. In den meisten Fällen habe es keine inhaltlichen Einbußen gegeben, sogar "Länderbesuche" hätten virtuell stattgefunden.
Auch der Rüstungskonzern Rheinmetall berichtet von langwierigen, länderübergreifenden Vertragsverhandlungen, die mit Kunden auf einmal auch per Video möglich waren. Die Zahl der Konferenzen über Telefon oder Video sei in den vergangenen vier Monaten auf das Sechsfache gestiegen. Gleichzeitig seien die Reisekosten um rund 80 Prozent gesunken. Dieses "enorme Sparpotenzial" sporne an, die Tools auch in Zukunft intensiver zu nutzen als zuvor.
Es scheint fast, als habe die Post-Dienstreisen-Ära nur Vorteile: Man spart Geld und Zeit, die sonst an Flughäfen oder Bahnhöfen vertrödelt wird, ist kurzfristiger für Termine verfügbar und schützt nebenbei auch noch das Klima. Doch nicht für jedes Treffen ist der virtuelle Raum der richtige, auch da sind sich viele Unternehmen einig. "Klar ist, dass virtuelle Konferenzen den persönlichen Kontakt nicht vollständig ersetzen können", sagt etwa eine Sprecherin von BMW.
Man wolle von Fall zu Fall abwägen und erwarte eine Mischung aus echten und digitalen Treffen, heißt es von Post, Telekom, Rheinmetall und etlichen anderen Konzernen. Christian Sewing, der Chef der Deutschen Bank, schätzte kürzlich, für Kundenmeetings könnten in Zukunft 10 bis 20 Prozent weniger Reisen notwendig sein.
Dienstreisen als Form der Wertschätzung
Wer sich auf einen weiten Weg zu seinem Gesprächspartner macht, gibt sich Mühe. Diese Wertschätzung dürfte gerade im Kontakt mit Kunden bislang oft ein Grund für manche Dienstreise gewesen sein. Da während der Coronakrise Reisen generell kaum zur Debatte standen, hatten alle Seiten die Chance, sich frei von Erwartungen an neue Formen zu gewöhnen.
Persönliche Treffen würden von Geschäftspartnern daher mittlerweile auch weniger erwartet oder veranlasst, heißt es zum Beispiel von Telekom und RWE. "Die hohe Bereitschaft und Akzeptanz zum mobilen Arbeiten hat ganz automatisch dazu geführt, dass die Notwendigkeit von Dienstreisen auf allen Ebenen hinterfragt wurde - sei es mit Kollegen, Kunden oder Dienstleistern", sagt eine Sprecherin von Evonik.
Eine aktuelle Studie des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation zeichnet das gleiche Bild: Knapp 90 Prozent von 500 befragten deutschen Unternehmen tendieren dazu, Dienstreisen zukünftig zumindest kritischer zu hinterfragen. Die Studienautoren prophezeien: Es wird selbstverständlicher werden, virtuelle Zusammenkünfte statt Dienstreisen zu organisieren.