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Niedersachsen Lehrer wollen gegen Überstunden klagen

Niedersächsische Lehrer machen mobil: Per Klage wollen sie die Landesregierung zwingen, die Arbeitszeiten zu reduzieren. Doch gleichzeitig tobt ein skurriler Streit zwischen den Lehrergewerkschaften.
Niedersächsischer Biologielehrer bei der Arbeit (Archivbild)

Niedersächsischer Biologielehrer bei der Arbeit (Archivbild)

Foto: Ingo Wagner/ picture alliance / Ingo Wagner/dpa

Die Korrekturzeiten im diesjährigen Abitur seien "eine Zumutung", die Arbeitszeit bei einigen Lehrern liege "teilweise bei circa 80 Stunden in der Woche" und damit "weit über der rechtlichen Höchstgrenze": Wer derzeit die Homepage des Philologenverbands Niedersachsen  besucht, dem kommen niedersächsische Gymnasien wie Straflager vor.

Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hält die Arbeitsbedingungen im Land für ungesetzlich. Bereits Anfang Mai hatte sie angekündigt, mit Musterklagen gegen die Landesregierung vor Gericht zu ziehen, weil Lehrer - insbesondere die Leiter von Grundschulen - zu viel arbeiten müssen. "Ziel ist es, die Unrechtmäßigkeit der geltenden Arbeitszeitverordnung feststellen zu lassen", sagt GEW-Landeschef Eberhard Brandt.

Streit, Boykott und ein Urteil

Genau darum gibt es in Niedersachsen schon lange Streit. Auf den Tag genau zwei Jahre ist es am Freitag her, dass das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg der Landesregierung einen juristischen Denkzettel verpasste: Die rot-grüne Mehrheit im Landtag hatte die Unterrichtsverpflichtung der Gymnasiallehrer um eine Stunde auf 24,5 Wochenstunden angehoben, eine vom Philologenverband unterstützte Lehrerin hatte dagegen geklagt, zeitweise boykottierten Lehrer sogar Klassenfahrten - bis die OVG-Richter feststellten: Die Arbeitszeitverordnung von SPD-Kultusministerin Frauke Heiligenstadt war rechtswidrig.

Seither gilt wieder: An niedersächsischen Gymnasien liegt die Pflichtstundenzahl bei einer vollen Planstelle bei 23,5 Stunden, an Realschulen bei 26,5 Stunden, an Hauptschulen bei 27,5 Stunden und an Grundschulen bei 28 Stunden. Und Vertreter aus Ministerium und Berufsverbänden versuchen, in einer "Arbeitszeitkommission" neue Rahmenbedingungen zu finden.

Das geht den Lehrervertretern aber offenbar zu langsam, meldet der "Weser-Kurier ": Der Philologenverband sei sauer, weil trotz des OVG-Urteils die angehäuften Überstunden noch nicht ausgeglichen wurden. Deswegen wolle man jetzt erneut klagen. Außerdem würden auch die aktuellen Arbeitszeitvorschriften gegen geltendes Recht verstoßen.

Regierung weist Vorwürfe zurück

Ein Vorwurf, den das Kultusministerium in Hannover "als gegenstandslos" zurückweist. Das Urteil sei komplett umgesetzt worden; außerdem gebe es mittlerweile 700 zusätzliche Lehrerstellen, wird in dem Bericht ein Sprecher zitiert.

Dass die Lehrergewerkschaften ausgerechnet jetzt den juristischen Hammer auspacken, ist kein Zufall. Im September ist Bundestagswahl, im Januar 2018 folgt in Niedersachsen die Wahl zum neuen Landtag. Und spätestens seit dem NRW-Urnengang im Mai ist klar: Bildungspolitik kann wahlentscheidend sein. Diese Chance wollen sich die Gewerkschaften nicht entgehen lassen.

Doch trotz ähnlicher Anliegen ist von Gemeinsamkeit bei GEW und Philologenverband nicht viel zu spüren. "Philos - Raus aus der Schmollecke!", teilte die GEW  am Donnerstag in einer Pressemitteilung gegen die Kollegen im anderen Verband aus. Die sollten sich doch, bitte schön, den Klagen der GEW anschließen, statt einen "lächerlichen Alleingang" zu starten.

Einigkeit sieht anders aus.

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