Wie Unternehmen Online-Bewerbungen nutzen Wenn der Chatbot nach dem Lebenslauf fragt

Händedruck statt Chatbots: Das klassische Bewerbungsgespräch bevorzugen über 80 Prozent der befragten Unternehmen
Foto: Sasa Djelic/ E+/ Getty ImagesEin Bewerber und ein Personaler sitzen sich gegenüber, Frage, Antwort, Frage, Antwort, nach 30 Minuten ist das Gespräch vorbei. Durch das klassische Bewerbungsgespräch mussten schon die meisten. Mittlerweile kann es Bewerbern für einen Job allerdings auch passieren, dass sie Chatbots antworten, statt Chefs - oder die ganze Bewerbung über ein Online-Spiel läuft.
Denn schon länger helfen digitale Verfahren Unternehmen dabei, passende Bewerber auszuwählen. Algorithmen suchen beispielsweise nach bestimmten Schlagwörtern in Lebensläufen, Online-Bewerbungsbögen testen die Fähigkeiten von Kandidaten, Sprachanalysetools prüfen, wie ein Bewerber am Telefon klingt. Chatbots stellen als programmierte Gesprächspartner Fragen.
Es gibt solche Methoden, wenngleich deutsche Unternehmen sie bisher eher zurückhaltend einsetzen: Nur 37 von 951 deutschen Firmen nutzen datengesteuerte Verfahren, um Bewerber für Jobs zu rekrutieren. Das geht aus einer repräsentativen Befragung des ifo-Instituts im Auftrag des Personaldienstleisters Randstad hervor.
Allerdings hält knapp die Hälfte der befragten Personaldienstleister digitale Rekrutierungsmethoden für sinnvoll. Der Studie zufolge kommen sie bisher vor allem bei der Suche nach geeigneten Kandidaten, bei der anschließenden Bewertung oder einer automatisierten Vorauswahl der Lebensläufe zum Einsatz.
Für die Studie hatte das ifo-Institut im ersten Quartal 2019 knapp 1000 deutsche Personaldienstleister befragt. Sie arbeiten für Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe, dem Handel und dem Dienstleistungssektor. Die Studienleiter wollten unter anderem wissen, ob Unternehmen mit digitalen Methoden Bewerber suchen, was ihnen das bringt - und welche Risiken sie dabei sehen.
Dass die neuen Technologien bisher nur so selten genutzt werden, liegt der Studie zufolge vor allem an einem geringen Wissensstand der Unternehmen, mangelnden Kenntnissen von Angeboten und einem zu hohem Aufwand.
"Die meisten Unternehmen stehen den neuen Technologien nach wie vor eher skeptisch gegenüber", sagt Studienleiterin Julia Schricker. "Sicher fehlt aber auch eine unmittelbare Notwendigkeit, sich an neue Methoden zu wagen - in der Vergangenheit haben sich die Prozesse in vielen Unternehmen eben eingependelt und gut bewährt."
Nach Angaben der Studie befürchten die meisten Unternehmen, dass Soft-Skills, also beispielsweise persönliche oder soziale Kompetenzen, durch den Einsatz digitaler Methoden abgewertet werden könnten. Außerdem könnten selbstlernende Algorithmen Bewerber plötzlich nach Kriterien auswählen, die vom Unternehmen selbst gar nicht gefragt sind.
Ob Unternehmen bei der Bewerbersuche künftig häufiger auf datengesteuerte Methoden zurückgreifen - daran lassen die Ergebnisse der Studie zweifeln. Nur sieben Prozent der befragten Unternehmen planen, digitale Techniken mittelfristig im eigenen Betrieb einzusetzen. Große Unternehmen mit mehr als 500 Angestellten stehen dem allerdings aufgeschlossener gegenüber als kleinere. Die Alternative, das klassische Bewerbungsgespräch, bevorzugen über 80 Prozent der befragten Unternehmen.
Für Studienleiterin Julia Schricker zeigt die Befragung: "Deutsche Unternehmen haben Nachholbedarf, was digitale Methoden im Bewerbungsprozess angeht. Wenn gewünscht ist, dass Deutschland im Bereich der digitalen Technologien aufholt oder sogar Vorreiter wird, müssen Unternehmen besser gefördert werden - zum Beispiel vom Staat."