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Personenbedingte Kündigung Wann werden Mitarbeiter untragbar?

Nur wenn Angestellte nicht mehr in der Lage sind, ihre Arbeitsaufgaben zu erfüllen, kann der Arbeitgeber personenbedingt kündigen. Der häufigste Grund sind langwierige Ausfälle durch Krankheit.
Von Sabine Hockling und Jochen Leffers
Krankschreibung: Lange Ausfälle können den Job kosten

Krankschreibung: Lange Ausfälle können den Job kosten

Foto: Arno Burgi/ picture alliance / dpa

Anders als bei einer verhaltensbedingten ist bei einer personenbedingten Kündigung eine vorherige Abmahnung nicht erforderlich. In den meisten Fällen geht es um Ausfälle durch Krankheit. Dann sind die Kündigungshürden für Arbeitgeber aber sehr hoch. So muss die Zukunftsprognose negativ sein - zum Beispiel wenn ein Mitarbeiter wiederholt über längere Zeit krankheitsbedingt ausfällt und auch in den kommenden Jahren keine Besserung des Gesundheitszustands zu erwarten ist.

Allerdings muss dieser Zustand für Unternehmen eine große Belastung oder Störung bedeuten. Mitarbeiter, die immer wieder oder auch länger als sechs Wochen am Stück krank sind, verursachen außergewöhnlich hohe Lohnfortzahlungskosten. Zudem stört ihr ständiges Fehlen oft auch den Betriebsablauf, denn so müssen Arbeitgeber regelmäßig für Ersatz sorgen, etwa durch Aushilfskräfte oder durch Überstunden der Kollegen.

Arbeitsrichter sehen jedoch auch immer die Leistung, die Arbeitnehmer in der Vergangenheit erbracht haben. Arbeitgeber müssen abwägen, ob die Folgen für sie derart belastend sind, dass sie den Mitarbeiter entlassen können - und natürlich, ob die Anpassung der Arbeitsumgebung oder die Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz eine Lösung bietet. Bei Krankheitsausfällen von mehr als sechs Wochen pro Jahr sind Unternehmen zum betrieblichen Eingliederungsmanagement verpflichtet, um eine Arbeitsunfähigkeit zu überwinden und den Arbeitsplatz zu erhalten.

Starker Leistungsabfall eines Mitarbeiters kann ebenso eine personenbedingte Kündigung rechtfertigen. Dabei müssen Arbeitgeber hinnehmen, dass ihre Mitarbeiter, je älter sie werden, oft nicht mehr ihre ursprüngliche Leistung erbringen können oder ihre Fehlzeiten länger werden. Die Leistungseinbuße muss derart ins Gewicht fallen, dass eine Firma diese große Belastung nicht tragen kann.

Verlust von Qualifikationen, Alkoholsucht, Straftaten

Fallen plötzlich Qualifikationen weg (wenn etwa ein Kraftfahrer seinen Führerschein verliert oder ein Arzt seine Approbation), ist ebenfalls eine personenbedingte Kündigung möglich. Dieser Verlust muss jedoch langfristig sein. Erhält der Mitarbeiter seinen Führerschein nach vier Wochen zurück, kann er den Zeitraum entweder mit Urlaub überbrücken, oder der Arbeitgeber weist ihm vorübergehend eine andere Tätigkeit zu.

Heikel sind Kündigungen wegen Alkoholsucht, die als Krankheit zu werten ist und zu häufigen Ausfallzeiten führen kann. Bei der Zukunftsprognose spielt die Bereitschaft eines Mitarbeiters zu einer Therapie eine Rolle - oder auch ein Rückfall nach der Therapie.

Eine personenbedingte Kündigung rechtfertigen kann eine mehrjährige Freiheitsstrafe ebenso wie Straftaten außerhalb des Dienstes, zumal wenn es einen Bezug zur Arbeit gibt, zum Beispiel bei der Unfallflucht eines Busfahrers oder bei Betrugsdelikten eines Bankkassierers. Im öffentlichen Dienst sind die Maßstäbe dabei strenger als in der Privatwirtschaft.

Wichtige Urteile und ihre Folgen

Ein Maschinenführer, seit 19 Monaten arbeitsunfähig, erhielt von seinem Arbeitgeber die personenbedingte Kündigung. Er war an Epilepsie erkrankt und daher auf ständige Begleitung angewiesen, konnte keine körperlich anstrengenden Tätigkeiten mehr leisten und musste nervliche Belastungen vermeiden.

Auch für die Richter des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz war die Zukunftsprognose des Maschinenführers negativ, die personenbedingte Kündigung daher gerechtfertigt. Die Erkrankung des Mitarbeiters ließ nicht vermuten, dass er sich binnen 24 Monaten so erholen wird, dass er wieder seiner Tätigkeit nachgehen kann. Dafür sprach für die Richter auch die noch andauernde Arbeitsunfähigkeit des Mitarbeiters (Urteil vom 24. April 2009, Aktenzeichen 9 Sa 683/08 ).

Mit der Zukunftsprognose liegen Arbeitgeber gelegentlich aber auch daneben, wie ein Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Berlin-Brandenburg zeigt. Eine Mitarbeiterin fehlte seit 1984 aufgrund ihrer chronischen Erkrankung bis zu hundert Arbeitstage im Jahr. Im November und Dezember 2005 unterzog sie sich deshalb einer ambulanten Rehabilitationsmaßnahme.

Arbeitsrechtdatenbank: Von Abmahnung bis Zeugnis

Dennoch kündigte der Arbeitgeber bald darauf. Die Mitarbeiterin klagte und erhielt Recht. Die Begründung der Richter: Aufgrund der erfolgreichen Reha fehlte die negative Zukunftsprognose - die Kündigung wegen Krankheit war nicht möglich (Urteil vom 25. Januar 2007, Aktenzeichen 6 Sa 1245/06 ).

Das rät Tobias Werner, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Mitarbeiter können in der Regel nichts für ihre Arbeitsunfähigkeit. Doch gerade für kleine Unternehmen sind langfristig erkrankte Arbeitnehmer eine große finanzielle Belastung. Deshalb hat der Gesetzgeber die Möglichkeit der personenbedingten Kündigung geschaffen.

So einfach, wie es klingt, ist die Trennung von erkrankten Mitarbeitern jedoch nicht. Dafür müssen sie dauerhaft nicht mehr in der Lage sein, ihre Arbeitsleistung zu erbringen. Das heißt, auch eine Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz ist ausgeschlossen. Und das betrifft am Ende zum Glück nicht viele Mitarbeiter.

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