
Rat vom Karrierecoach Hilfe, ich wirke arrogant


Manchmal wirkt man anders, als man möchte - zum Beispiel arrogant.
Foto: Khosrork/ Getty Images/iStockphotoTill (28) fragt:
„Ich arbeite seit einem Jahr im Einkauf eines Konzerns. Beim Mitarbeitergespräch mit meiner Führungskraft habe ich ein Feedback erhalten, das mich sehr beschäftigt: Mein Vorgesetzter hat mir gesagt, dass ich arrogant und verschlossen wirke. Ich müsse daran dringend arbeiten. Mich hat das sehr überrascht, denn ich bin zwar ruhig, aber immer an der Sache orientiert. Emotionen sind nicht so meins. Was kann ich tun, um weniger arrogant zu wirken?“
Carmen Michaelis war zehn Jahre Führungskraft in einem Unternehmen, zuletzt stellvertretende Geschäftsführerin. Seit 2004 arbeitet sie selbstständig als Coach, Trainerin und Moderatorin für Unternehmen. E-Mail an karriere.leserpost@spiegel.de schreiben – Stichwort Carmen Michaelis .
Hallo Till,
ich kann mir gut vorstellen, wie es in Ihrem Kopf rattert und wie Sie das Feedback verunsichert. Einen wichtigen ersten Schritt haben Sie aber schon gemacht: Sie nehmen das Feedback und setzen sich damit auseinander und schieben es nicht einfach weg. Alles andere als arrogant!
Nun gilt es zunächst mit Ihrem Vorgesetzten zu klären, was er genau damit meint, wenn er Ihnen sagt, sie wirkten arrogant und verschlossen. Fragen wir mehrere Personen, was sie unter Arroganz verstehen, erhalten wir in der Regel genauso viele unterschiedliche Antworten. Jeder verbindet mit Begriffen andere Bedeutungen. Der Begriff „arrogant“ ist negativ besetzt: Er wird oft gleichgesetzt mit eingebildet, selbstgefällig, hochmütig oder anmaßend. Doch ehe Sie sich das Hirn zermartern, was Ihr Vorgesetzter gemeint haben könnte, suchen Sie noch einmal das Gespräch mit ihm und bitten Sie ihn darum, konkreter zu werden, damit Sie mit dem Feedback arbeiten können. Das ist zugleich ein positives Signal an Ihren Chef, dass Sie offen und konstruktiv damit umgehen. Konkret heißt das für Sie in dem Gespräch:
Erfragen Sie seine Definition von arrogant und verschlossen.
Erfragen Sie seine Vorstellung des gegenteiligen Verhaltens (z.B. bescheiden, partnerschaftlich, respektvoll, entgegenkommend, zurückhaltend, freundlich …)
Bitten Sie um Beispiele: In welchen Situationen war das erkennbar? Woran hat sich das gezeigt? Was hatte es für eine Wirkung/Folgen?
Fragen Sie nach seinen Erwartungen: Woran wäre erkennbar, dass Sie sich erwünscht verhalten? Was hätte er sich stattdessen für ein Verhalten von Ihnen gewünscht?
Es ist die Aufgabe Ihres Vorgesetzten, Ihnen das Feedback konstruktiv zu übermitteln, sodass es zu Ihrer Weiterentwicklung beitragen kann. Dazu gehört, neben der konkreten Beschreibung der erlebten Verhaltensweisen, die Benennung des erwünschten Verhaltens. Der Gebrauch von pauschalen und verallgemeinernden Aussagen ist ebenso hinderlich wie die Verwendung von Phrasen und abwertenden Begriffen. Auch, wenn Ihr Vorgesetzter dies offensichtlich nicht berücksichtigt hat, können Sie dafür im Anschlussgespräch Sorge tragen, indem Sie ihn darum konkret bitten. Achten Sie dabei darauf, sich nicht zu rechtfertigen oder zu verteidigen. Bedanken Sie sich und bitten Sie ihn um regelmäßiges Feedback im Arbeitsalltag.
Berücksichtigen Sie bei Ihrer Bilanz nach dem Zweitgespräch unbedingt, dass es um Ihre Wirkung geht, nicht darum, wie Sie sind. Absicht und Wirkung sind zwei völlig unterschiedliche Dinge. Wir alle haben einen „blinden Fleck“, sind uns also bestimmter Verhaltensweisen nicht bewusst. Nur durch das Feedback anderer Personen können sie uns bekannt und gegebenenfalls, wenn wir wollen, verändert werden. So könnte in dem Feedback Ihres Chefs eine Chance stecken. Und, um den Eindruck Ihres Vorgesetzten zu verifizieren, hilft es sicher, weitere Menschen in Ihrem Umfeld um Feedback zu bitten. Fragen Sie sowohl offen als auch gezielt nach dem Eindruck, den Sie machen.
Sollten Sie sich entschließen, das Feedback anzunehmen, probieren Sie doch mal aus, was passiert, wenn Sie Ihr Verhalten ganz bewusst verändern. Hier einige Anregungen, einer arroganten und verschlossenen Haltung entgegenzuwirken:
Beziehungsebene geht vor Sachebene: Ehe Sie mit Inhalten kommen, stellen Sie erst einen Kontakt zu Ihrem Gegenüber her. Üben Sie sich proaktiv im Smalltalk.
Stellen Sie Fragen, interessieren Sie sich für die Meinung, Belange, Vorschläge Ihrer Mitmenschen. Offene Fragen bieten sich dafür an, sogenannte W-Fragen (etwa: Wie sehen Sie das? Was meinen Sie dazu? Wie fanden Sie die Präsentation gerade? Wie stehen Sie dazu? Welche Ideen haben Sie? Welche Lösungen haben Sie schon ausprobiert? …)
Achten Sie auf Ihre Körpersprache: Offene und zugewandte Körperhaltung, Blickkontakt, Lächeln.
Hören Sie zu: Ausreden lassen, volle Konzentration auf das Gegenüber.
Fragen Sie nach: Habe ich das richtig verstanden? Was meinst Du mit ...?
Fassen Sie Gehörtes mit eigenen Worten zusammen.
Sprechen Sie Gefühle an: Du wirkst so, als ..., Du scheinst unsicher, ob Du …, Es scheint Dir wichtig, dass ...
Vermeiden Sie Belehrungen, Beurteilungen, ungebetene Ratschläge.
Bauen Sie informelle Kontakte auf, in der Pantry, beim Lunch.
Achten Sie bewusst auf Ihre Sprache: Vermeiden Sie Superlative, Übertreibungen.
Stellen Sie andere in das Scheinwerferlicht und machen Sie ihnen Komplimente.
Betonen Sie das Gemeinsame in der Arbeit und im Umgang mit Ihren Mitmenschen.
Lieber Till, seien Sie gespannt, welche neue Erfahrungen Sie machen. Auch, wenn "Emotionen nicht so Ihrs" sind, es wird Ihnen sicher Spaß machen.