700.000 Anträge
Arbeitgeber beklagen Fachkräftemangel durch frühe Rente
Den Firmen gehen die Facharbeiter aus, sagen die Arbeitgeber. Der Grund: die Rente mit 63. Offenbar haben sie nicht damit gerechnet, dass so viele Kollegen das Modell nutzen würden.
Je mehr Menschen mit 63 Jahren in Rente gehen, desto größer wird der Fachkräftemangel. So sieht es die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). "Fast 700.000 Versicherte haben inzwischen die neue abschlagsfreie Rente mit 63 in Anspruch genommen. Das hat für Betriebe und Beitragszahler schmerzhafte Folgen", sagte BDA-Präsident Ingo Kramer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
"Die Rente ab 63 entzieht den Betrieben wichtige, dringend benötigte Fachkräfte", sagte der Arbeitgeberpräsident. Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssten Milliarden aufbringen, um die abschlagsfreie Rente zu finanzieren.
Laut einer Umfrage des Münchner Ifo-Instituts unter Managern mit Personalverantwortung fällt es den Firmen schwer, die frei gewordenen Stellen wieder zu besetzen. Das sagten 65 Prozent der Befragten. Gerade im verarbeitenden Gewerbe klagen die Personalverantwortlichen über die Mühen, neue Facharbeiter zu finden.
Ältere Mitarbeiter mit Anreizen ans Unternehmen binden
Von der Rente mit 63 machen laut Ifo vor allem Facharbeiter Gebrauch (in 64 Prozent der Unternehmen), aber auch Angestellte (60 Prozent). Dagegen ist die Zahl der frühen Rentner bei Führungskräften und Hilfsarbeitern gering (14 und 15 Prozent).
Die Ifo-Umfrage zeigte allerdings auch: Nur 43 Prozent der Befragten befassen sich mit Maßnahmen wie Altersteilzeit, passenden Weiterbildungen oder Gesundheitsförderung. Diese könnten dazu beitragen, Mitarbeiter länger an das Unternehmen zu binden.
Laut aktuellen Zahlen der Deutschen Rentenversicherung Bund haben bis Februar 2017 rund 723.000 Arbeitnehmer einen Antrag auf die abschlagsfreie Rente mit 63 gestellt. Die meisten Anträge - knapp 690.000 - wurden bewilligt. Seit Sommer 2014 können Arbeitnehmer nach 45 Beitragsjahren ohne Abzüge in den Ruhestand wechseln.
Die Regelung soll über die Jahre allmählich auslaufen: Ab dem Geburtsjahrgang 1953 steigt das Mindestalter für die abschlagsfreie Rente an, für alle ab 1964 Geborenen wird es wieder bei 65 Jahren liegen. Dennoch werden die Unternehmen mit der Rentenwelle noch eine Weile leben müssen: 94 Prozent haben Mitarbeiter im Alter von mindestens 55 Jahren, die also 1962 geboren wurden.