Je später, desto schwieriger Wie kläre ich mein Rentenkonto?

Mit Blick aufs Alter sollte man kein Geld verschenken
Foto: MATT-PORTEOUS / Getty ImagesWann haben Sie zuletzt Ihren Versicherungsverlauf durchgesehen? Falls das schon etwas her ist, dann sollte eine Rentenkontoklärung unbedingt auf der To-do-Liste für 2022 stehen. »Die Rente scheint immer so weit weg zu sein – aber später ärgert man sich dann«, weiß Alexander Birkhahn, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Koblenz. Wer auf eine Klärung verzichte, drohe Geld zu verschenken.
Der Experte erklärt, warum sich eine Rentenkontoklärung in jedem Alter lohnt, wie Sie Ihren Versicherungsverlauf prüfen und wer dabei helfen kann.

Dornbach
Alexander Birkhahn, Jahrgang 1970, ist promovierter Rechtsanwalt und geschäftsführender Gesellschafter bei der Dornbach GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft. Als Fachanwalt für Arbeitsrecht vertritt er Arbeitgeber gerichtlich und außergerichtlich.
Was ist ein Rentenkonto?
Für jeden und jede Versicherte in Deutschland führt die Rentenversicherung ein eigenes Konto. »Dieses Konto ist im Grunde wie eine Art Bankkonto, nur nicht bei der Bank, sondern bei der Rentenversicherung«, sagt Birkhahn. Hier werde sozusagen ein Guthaben für die spätere Rente erwirtschaftet. Im Idealfall sind bei der Versicherung alle Zeitabschnitte vermerkt und gemeldet, die Einfluss auf den Rentenanspruch haben: Arbeitsverhältnisse, Kinder, Ehe, Scheidung und Ausbildung.
Warum sollte ich mein Rentenkonto klären?
Allerdings werden nicht immer alle relevanten Angaben an die Rentenversicherung weitergegeben. »Es wird zum Beispiel nicht automatisch erfasst, wenn ich Kinder habe und dann Erziehungszeiten geltend mache«, so Birkhahn. Auch bei Dauer und Länge von Ausbildungs- oder Beschäftigungszeiträumen kann es zu Fehlern kommen. Gerade deshalb ist eine regelmäßige Rentenkontoklärung wichtig: Sie kann erhebliche Auswirkungen auf die Höhe der Rente haben. Lücken im Versicherungsverlauf können sich sowohl bei der Wartezeit als auch bei der Rentenhöhe negativ auswirken.
Mit dem Versicherungsverlauf das Rentenkonto klären – so funktioniert’s
Wie lässt sich das vermeiden? Die Rentenkontoklärung hat zwar einen langen, sperrigen Namen, ist aber relativ simpel. »Im Grunde genommen brauchen Sie erst mal gar nichts«, sagt Birkhahn, lediglich die Rentenversicherungsnummer sollte bekannt sein.
In Deutschland wird die Rentenversicherungsnummer als Sozialversicherungsnummer verwendet. Sie bleibt in der Regel lebenslang die selbe.
Die Nummer setzt sich zusammen aus:
Bereichsnummer
Geburtsdatum
Anfangsbuchstaben des Geburtsnamens
Seriennummer
Prüfziffer
Die Versicherungsnummer findet sich auf jeder Gehaltsabrechnung und auf Ihrem Sozialversicherungsausweis. Dieser wird bei Antritt der ersten Beschäftigung vergeben, bis 2011 noch als offizielles Ausweisdokument – seit 2011 muss die Versicherung nur noch einen Nachweis auf Papier ausstellen. Dieser Nachweis kann bei Krankenkasse oder Rentenversicherung auch online angefordert werden.
Dann braucht es etwas Geduld, einen Stift und ein gutes Gedächtnis.
Der Prozess in fünf Schritten:
Der Versicherungsverlauf: Mit der Rentenversicherungsnummer kann online ein Versicherungsverlauf angefordert werden . Dieser wird per Post verschickt. Das Dokument sollte alle Zeitabschnitte enthalten, die für die Rentengewährung eine Rolle spielen.
Ab dem 43. Geburtstag schickt die deutsche Rentenversicherung einen solchen Verlauf unaufgefordert alle sechs Jahre.Ungeklärte Zeiten: Falls vorhanden, sind »ungeklärte Zeiten« mittig auf der ersten Seite des Formulars gelistet. Das sind Zeitabschnitte, die die Rentenversicherung nicht eindeutig zuordnen kann. Hier sollten Sie in Unterlagen und Gedächtnis kramen: Was haben Sie in dieser Zeit gemacht? Mögliche Arbeitsverhältnisse, Ausbildungen, Sozialleistungen oder andere für die Rente relevante Tätigkeiten können hier nachgetragen werden. Damit werden Lücken im Versicherungsverlauf geschlossen. Um die Angaben zu belegen, sollten Kopien der jeweiligen Unterlagen beigelegt werden (z. B. ein Zeugnis, eine Studienverlaufsbescheinigung oder ein Arbeitsvertrag).
Klärung: Auch alle weiteren Angaben – Zeitabschnitte sowie persönliche Daten – sollten sorgfältig durchgesehen und auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft werden.
Abschicken: Um den Versicherungsverlauf mit den entsprechenden Unterlagen zurück an die Rentenversicherung zu schicken, haben Sie in der Regel sechs Monate Zeit.
Den Rest erledigt die Rentenversicherung. Wenn das Verfahren abgeschlossen ist, gibt es noch einen Bescheid per Post. Auch dieser sollte noch einmal überprüft werden. Im Zweifelsfall kann dann noch ein Überprüfungsverfahren beantragt werden.
Mit einem elektronischen Identitätsnachweis, einer sogenannten »eID-Karte« kann das Rentenkonto gegebenenfalls auch online und damit papierlos geklärt werden. Dazu wird die aktuelle Version der AusweisApp2, sowie wahlweise ein Kartenlesegerät oder ein Smartphone bzw. Tablet mit NFC-Funktion benötigt. Über die genauen Voraussetzungen informiert die Deutsche Rentenversicherung auf ihrer Website .
Hilfe bei der Rentenkontoklärung – was ist relevant?
Welche Tätigkeiten und Angaben sind für die Rentendauer und Rentenhöhe relevant? Für den Rentenanspruch wichtig sind unter anderem:
Beruf
Kinder, Familienstand
Ausbildungszeiten
Arbeitsunfähigkeitszeiten
Rehabilitation oder Teilhabe am Arbeitsleben
Krankheitszeiten vor Eintritt in das Erwerbsleben
Schutzfristen wegen Mutterschaft und Schwangerschaft
Zeiten der Arbeitslosigkeit
Zeiten der Ausbildungssuche
Wehrdienst
Lehrzeit als Anrechnungszeit
Rentenbezugszeiten
Scheidungen sind ein Sonderfall – hier wird automatisch ein Verfahren zur Kontenklärung angestoßen.
Generell gilt aber: lieber zu viel angeben als zu wenig. »Das schadet ja nicht, dann bekomme ich eben die Auskunft von der Rentenversicherung, dass das nicht relevant ist«, rät Birkhahn.
Wer kann mir bei der Kontoklärung helfen?
Wer sich dennoch unsicher ist, der kann sich direkt an die Deutsche Rentenversicherung wenden oder bei einer Rentenberatung nachfragen. »Es gibt zugelassene Rentenberater, die normalerweise bei der Berechnung der Rente helfen.« Von Onlinediensten zur Rentenkontoklärung hält Birkhahn dagegen wenig. »Da sind große Zweifel an der Seriosität der Anbieter angesagt.« Die Rentenkontoklärung selbst macht nur die deutsche Rentenversicherung. Bei der restlichen Arbeit, dem Zusammensammeln der Belege, dürften Onlinedienste keine große Hilfe sein.
Was kostet die Rentenkontoklärung?
Die Klärung des Rentenkontos sowie die Anforderung des Versicherungsverlaufs sind kostenfrei. Lediglich das Porto für einen Standardbrief wird fällig.
Die Hauptarbeit des Vorgangs besteht also lediglich aus dem Zurückverfolgen und Suchen der Belege. Gerade deshalb lohne es sich, so Birkhahn, früh damit anzufangen. Das Gedächtnis wird nicht besser: »Je später man das macht, desto schwieriger wird es in der Regel.«