Urteil des Bundesverfassungsgerichts
Sachsen-Anhalt muss Richtern mehr zahlen
Verdienen deutsche Richter und Staatsanwälte zu wenig? Die Karlsruher Verfassungsrichter haben entschieden: In Sachsen-Anhalt ist die Richterbesoldung teils verfassungswidrig. Erstmals legt das Gericht Regeln für das Mindesteinkommen fest.
Zweiter Senat des Bundesverfassungsgerichts (in der Mitte Präsident Voßkuhle): Nachschlag für Richter und Staatsanwälte
Foto: Uwe Anspach/ dpa
Die Besoldung von Richtern und Staatsanwälten ist in Sachsen-Anhalt teilweise nicht angemessen und sogar so unzureichend, dass sie gegen die Verfassung verstößt. Zu dieser Auffassung ist das Bundesverfassungsgericht am Dienstag in einem Grundsatzurteil gelangt. Zugleich legten die Richter Maßstäbe fest, um das Mindesteinkommen von Richtern und anderen Berufsbeamten zu bestimmen.
Damit können drei Richter und ein Staatsanwalt aus Sachsen-Anhalt einen Erfolg verbuchen. Sie hatten gegen ihre Besoldung geklagt. Die Gehaltssätze des Landes seien zwischen 2008 und 2010 zu niedrig gewesen und mit dem Grundgesetz unvereinbar, urteilte das Verfassungsgericht. Sachsen-Anhalt müsse spätestens zum 1. Januar 2016 neue Regelungen schaffen. Dagegen seien ihre Berufskollegen aus Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz angemessen bezahlt worden, stellte das Gericht fest.
Wie viel die bundesweit rund 20.000 Richter und 5000 Staatsanwälte bekommen, entscheiden die Bundesländer. In Karlsruhe ging es vor allem um die unterste Besoldungsstufe und damit auch um die Einstiegsgehälter. Nach Angaben des Deutschen Richterbundes sind es im Bundesdurchschnitt monatlich etwa 3700 Euro brutto. Im Saarland zum Beispiel erhält ein 27-jähriger, lediger Richter bisher monatlich 3235 Euro brutto, in Bayern hingegen 4070 Euro - eine Differenz von gut zwanzig Prozent.
Spielräume der Länder werden ein wenig eingeschränkt
Bis 2006 war die Richterbesoldung bundeseinheitlich geregelt. Seit der Föderalismusreform sind die Länder zuständig (mit Ausnahme der Bundesrichter und -anwälte) und zahlen je nach Kassenlage. In den letzten Jahren mussten Richter, Staatsanwälte und andere Beamte erhebliche Einschnitte hinnehmen. So wehrten sich in den Ausgangsverfahren zwei nordrhein-westfälische Richter gegen die Kürzung ihres Weihnachtsgeldes. Fünf Richter und Staatsanwälte aus Rheinland-Pfalz und aus Sachsen-Anhalt klagten, weil sie ihrer Ansicht nach insgesamt zu wenig verdienen.
Die Verfahren landeten beim Bundesverfassungsgericht, weil sie das Grundgesetz berühren: Es schreibt vor, dass Staatsdiener nach dem "Alimentationsprinzip" bezahlt werden. Damit ist der Dienstherr verpflichtet, Beamten und ihren Angehörigen lebenslang einen angemessenen Lebensunterhalt zu sichern.
Zahlen nennt das Grundgesetz allerdings nicht. Was angemessen ist, kann der Staat als Arbeitgeber bisher weitgehend frei entscheiden. Diese Spielräume haben die Verfassungsrichter nun etwas eingeschränkt und ein neues Regelwerk festgelegt. Es enthält für die Ermittlung der noch zulässigen Untergrenze der Besoldung mehrere Prüfstufen sowie fünf volkswirtschaftliche Parameter, mit denen die Entwicklung der Eingangsbesoldung zu vergleichen ist. Dazu zählen etwa der Nominallohnindex, der Verbraucherpreisindex und die Tarifentwicklung von Angestellten im öffentlichen Dienst.