

Sandra Rivera Diaz kennt das Tegernseer Bräustüberl, den Wallberg und die Klinik. Seit zweieinhalb Monaten ist sie in Deutschland, ihre Heimat Spanien hat sie verlassen, um in der Klinik St. Hubertus im bayerischen Bad Wiessee Arbeit als Pflegerin zu finden. Nach einem Monat Vollzeit-Deutschkurs ging es los auf der Station, zusätzlich weiter mehrere Stunden Sprachkurs. "Wir haben kaum Freizeit", sagt die 26-Jährige. Ihre Kolleginnen und Kollegen aus Spanien stimmen ihr zu.
Diaz ist eine von 17 spanischen Pflegekräften, die seit einigen Wochen in der Reha-Klinik Verbände wechseln, Patienten waschen und Medikamente verabreichen. Die 15 jungen Frauen und zwei Männer wurden in ihrer Heimat für die Arbeit in der Klinik angeworben. Ein ähnliches Projekt läuft seit vergangenem Jahr am Universitätsklinikum Erlangen. Auch in einem anderen Bereich könnte es bald Schule machen: Von 14.000 offenen Stellen in der Altenpflege berichtet die Bundesagentur für Arbeit.
Während im krisengeschüttelten Spanien derzeit etwas mehr als jeder Vierte arbeitslos ist, konnten nach Angaben der Deutschen Krankenhausgesellschaft 2011 bundesweit rund 3000 Stellen im Pflegedienst nicht besetzt werden.
Auch der Wiesseer Klinikchef Christian Gores fand keine Arbeitskräfte und ergriff die Initiative: Im vergangenen Jahr schaltete er eine Annonce auf Deutsch in spanischen Zeitungen. "Daraufhin gingen 120 Bewerbungen ein", sagt der 37-Jährige.
Bei den Deutsch-Kursen herrscht Anwesenheitspflicht
Wenig später saß Gores im Flugzeug und führte in Madrid und Sevilla Vorstellungsgespräche mit 60 Pflegekräften, die meisten jung und weiblich. Sein flüssiges Spanisch nach einem Jahr Studium auf der Iberischen Halbinsel half Gores dabei. 20 Bewerber wurden ausgewählt, drei sprangen ab.
Den ganzen Dezember über mussten Diaz und ihre 16 Kolleginnen und Kollegen erst einmal Deutsch pauken. Seit Januar arbeiten sie 30 Stunden pro Woche auf den Stationen, dazu kommen vier Mal pro Woche viereinhalb Stunden Sprachunterricht. "Dabei herrscht Anwesenheitspflicht", sagt der Klinikchef streng.
Das Wichtigste ist für ihn, dass sich die neuen Arbeitskräfte integrieren und Deutsch lernen. Die Übernahme nach dem auf acht Monate befristeten Vertrag gibt es nur mit bestandener Sprachprüfung. Danach bekommen die Spanier das Tarifgehalt für examinierte Krankenpfleger, bis dahin werden sie als Pflegehilfskräfte bezahlt.
Um die Integration zu vertiefen, setzt Gores auf ein Patensystem. Jedem neuen Mitarbeiter ist eine deutsche Pflegerin zugewiesen, die bei beruflichen Problemen, aber auch privat zur Seite stehen soll. "Die Kolleginnen helfen mir wirklich sehr", sagt die aus Sevilla stammende Sandra Rivera Diaz und lobt die Rücksichtnahme der Patienten: "Sie sprechen langsam mit uns, damit wir sie verstehen."
Patient Otmar Eimuth freut sich sogar über die internationale Abwechslung. "Europa wächst zusammen", sagt der 72-Jährige aus Koblenz, der nach einer Operation am Bein zur Reha in Bad Wiessee ist. Natürlich gebe es Sprachbarrieren, "aber für einen polyglotten Deutschen ist das doch kein Problem". Beim Verbandswechsel nutzt er die Gelegenheit und unterhält sich auf Spanisch mit seiner aus Gran Canaria stammenden Pflegerin. Auch die Pflegedienstleiterin ist froh, wie die Spanierinnen akzeptiert werden. "Es läuft besser als ich gedacht habe", sagt Daniela Beyer, "sie können schon selbstständig Anwendungen durchführen."
Examinierte Pflegekraft bietet Nachhilfe
In der Heimat hatten die meisten keine Chance, als Pflegekraft einen Arbeitsplatz zu bekommen. Auch die 23-jährige Irene Liminana Perez, examinierte Pflegekraft, fand keine Stelle. Sie musste sich mit Nachhilfeunterricht über Wasser halten.
Auch wenn sie jetzt froh sind, Geld verdienen zu können und sich schnell eingewöhnen: "Heimweh haben sie alle", sagt Klinikchef Gores. Auch Maria Isabel Ruiz Escobar vermisst ihren Freund. "Aber es gefällt mir trotzdem hier", sagt die 28-Jährige. Zainsmyt Medina Lugo hat sogar als einzige aus der Gruppe eine eigene Familie. In der knappen Freizeit telefoniert die 41-Jährige viel mit ihrem Mann und den drei Kindern. "Wenn ich hier eine unbefristete Stelle finde, kann ich mir vorstellen, dass meine Familie nachkommt", sagt sie - auf Deutsch.
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Völkerverständigung auf der Station: Die Spanierin Irene Lininana Pérez mit einer deutschen Kollegin. Gemeinsam mit 16 anderen fand sie in einer Klinik in Bayern Arbeit.
Mit Händen und Füßen: Die Spanierinnen verstehen sich gut. Auch mit den Patienten klappt es schon in holprigem Deutsch.
Langsam und deutlich bitte: Irene Lininana Pérez freut sich, dass die Patienten Rücksicht auf die Sprachbarriere nehmen.
"Europa wächst zusammen", sagt Patient Otmar Eimuth. Natürlich gebe es Sprachbarrieren, "aber für einen polyglotten Deutschen ist das doch kein Problem".
"Deutsch lernen ist das Wichtigste", findet der Leiter der Klinik, Christian Gores. Er hat jede Woche mehrere Stunden Deutsch-Kurs angeordnet. Übernahme winkt nur mit bestandener Sprachprüfung.
Hauptsache helfen: Ulrike Aulbach hat nachgerechnet: 62 Stunden arbeitet die freie Hebamme in einer normalen Woche. Nicht des Geldes wegen - der Beruf ist nicht lukrativ. Aber sie hängt sehr an ihrem Job. Das haben viele Berufe in Medizin und Pflege gemein:
Die Leute wollen helfen und akzeptieren deshalb viele Härten.
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"Sieben-Tage-Job": Aulbach ist immer einsatzbereit, denn Kinder kommen zur Welt, wann sie wollen. Ausflüge macht ihre Familie deshalb grundsätzlich mit zwei Autos - für den Fall, dass die Hebamme gebraucht wird.
Leben und Tod: Freie Hebamme ist kein sehr einträglicher Job. Aulbach denkt schon über Alternativen nach. Sie könnte sich vorstellen, Sterbebegleitung anzubieten.
Liebe zum Krankenhaus: Elmar Offers fand die Jahre als Assistenzarzt einer Klinik sehr belastend. Doch als er vor der Entscheidung stand, in eine Praxis zu wechseln oder Oberarzt im Krankenhaus zu werden, entschied er sich gegen die Praxis. Die Arbeitszeiten wären dort weniger aufreibend.
It's my life: Offers' Leben spielt sich zum größten Teil in der Klinik ab. Für Freunde außerhalb des Medizinbetriebs bleibt wenig Zeit. Inzwischen erwägt er, seine Arbeitszeit zu reduzieren. Auf 90 Prozent.
Pflege im Doppelpack: Altenpflegerin Andrea (Name geändert) schiebt neuerdings Doppelschichten. Der Tag wird durch eine Pause von drei unbezahlten Stunden unterbrochen. Es lohnt sich nicht, in dieser Zeit nach Hause zu fahren.
Sparmaßnahmen: Durch die Doppelschicht spart das Altenheim zusätzliche Kräfte ein. Doch für die Mitarbeiter werden die Tage lang; der Tagesrhythmus der Senioren kommt durcheinander.
Hauptsache helfen: Ulrike Aulbach hat nachgerechnet: 62 Stunden arbeitet die freie Hebamme in einer normalen Woche. Nicht des Geldes wegen - der Beruf ist nicht lukrativ. Aber sie hängt sehr an ihrem Job. Das haben viele Berufe in Medizin und Pflege gemein:
Die Leute wollen helfen und akzeptieren deshalb viele Härten.
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