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Sexuelle Belästigung von Stewardessen Freiwild über den Wolken

Handgreifliche Passagiere sind für Flugbegleiter ein Graus. Eine Umfrage dokumentiert nun die übelsten Fälle: Stewardessen werden betatscht, abgeknutscht - oder müssen sich ungefragt Pornos anschauen.
Stewardess im Einsatz: Eindeutige Körperkontakt-Angebote

Stewardess im Einsatz: Eindeutige Körperkontakt-Angebote

Foto: Xavi Gomez/ Cover/Getty Images

Spannende Reisen in exotische Länder, Kontakt mit interessanten Menschen, dabei stets gute Laune: Stewardess war lange ein Traumjob. Dass der Beruf stressig, dazu nur mäßig lukrativ ist, wurde der Öffentlichkeit spätestens im Zeitalter der Billigairlines bekannt. Hinzu kommt: Die Damen in den adretten Kostümchen - tatsächlich sind die meisten Flugbegleiter Frauen - müssen sich über den Wolken oft schlechte Anmachsprüche anhören.

Was sie sich alles gefallen lassen müssen, zeigt nun eine Umfrage der Hongkonger Equal Opportunities Comission (EOC)  in Zusammenarbeit mit der Flugbegleitervereinigung Hong Kong Flight Attendants Alliance (HKFAA). Dafür wurden die Angaben von 392 Flugbegleitern ausgewertet. Demnach bleibt es über den Wolken längst nicht nur bei Zweideutigkeiten.

Flugbegleiter sind offenbar auch handfesten Übergriffen ausgesetzt. Insgesamt gaben 27 Prozent der Befragten an, mindestens einmal in den vergangenen zwölf Monaten belästigt worden zu sein. Die meisten berichteten von Betatschen, Küssen, Zwicken, Kneifen oder anderen eindeutigen Körperkontakten. Andere beklagten, dass ihnen unaufgefordert obszönes oder pornografisches Material gezeigt wurde. Und sie mussten sich Sprüche, schmierige Witze oder gleich eindeutige Angebote gefallen lassen.

Online-Selbsthilfekurs zur Prävention

Der Großteil der sexuell Belästigten, 86 Prozent, waren Frauen. Mehrheitlich waren Fluggäste für die Belästigungen verantwortlich (59 Prozent), die übrigen Zudringlichkeiten kamen von Kollegen - mit 41 Prozent ein hoher Wert. Die Zahlen sind allerdings nicht repräsentativ - nur 392 der 9000 befragten Flugbegleiter reagierten und schickten ihren Fragebogen zurück. Zudem wurde die Umfrage nur im Raum Hongkong durchgeführt.

Für den deutschen Markt liegen keine Zahlen vor, so die Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo. "Die Anzahl der Übergriffe von Gästen schätze ich aber als sehr gering ein", sagt Ufo-Sprecher Alexander Behrens. Nur wenige Einzelfälle seien bekannt. Zudem würden Flugbegleiter in Trainings den Umgang mit schwierigen oder betrunkenen Gästen üben. Um schwerwiegende Belästigungen zu vermeiden, könnten Kollegen etwa den Bereich in der Kabine tauschen, bevor es überhaupt zu handfesten Problemen kommt. "In Deutschland lernen Flugbegleiter, sich professionell abzugrenzen", so Behrens. Die Gewerkschaft Ver.di bestätigt diese Erkenntnisse, auch ihr seien keine schwerwiegenden Fälle bekannt.

In Asien sind dagegen viele Flugbegleiter offenbar entmutigt, wie die EOC-Umfrage zeigt. Ein Viertel hat auf die Übergriffe überhaupt nicht reagiert. Genauso viele haben zumindest mit ihren Kollegen darüber gesprochen. Immerhin die Hälfte hat bei Vorgesetzten eine Beschwerde eingelegt. Aber viele sind der Meinung, dass sich ohnehin nichts an der Situation ändern lässt und ein Auflehnen alles noch verschlimmern würde.

"Servicemitarbeiter sind besonders angreifbar für sexuelle Belästigung durch Fluggäste. Derzeit gibt es aber keine gesetzliche Maßnahme, um diese Mitarbeiter zu schützen", sagt John Tse Wing-ling von der Equal Opportunities Comission. Der Experte, der die staatliche Kommission gegen sexuelle Unterdrückung in Hongkong leitet, fordert Schutzmaßnahmen vom Gesetzgeber.

Laut der EOC haben derzeit etwa 61 Prozent der großen Fluglinien eine Grundsatzerklärung gegen sexuelle Belästigung abgegeben. Allerdings reichen Worte allein nicht aus, um das Problem zu lösen. 68 Prozent der Befragten gaben an, dass ihr Arbeitgeber nichts unternehme, um sexuellen Übergriffen vorzubeugen. 32 Prozent konnten immerhin ein Training absolvieren: einen Online-Selbsthilfekurs.

joe
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