Endlich mehr Freizeit! Für viele Männer offenbar eine Horrorvorstellung
Foto: ? Yuriko Nakao / Reuters/ REUTERSTeilzeitarbeit bekommt Männern offenbar gar nicht gut. Arbeitnehmer, die ihre Arbeitszeit reduziert haben, werden häufiger wegen psychischer Probleme krankgeschrieben und bekommen deutlich mehr Psychopharmaka verschrieben als Männer, die Vollzeit arbeiten. Das hat die Techniker Krankenkasse (TK) bei einer Auswertung der Daten von 3,9 Millionen Versicherten festgestellt.
Vollzeitbeschäftigte Männer wurden 2012 im Schnitt 1,44 Tage wegen einer psychischen Störung krankgeschrieben, Männer in Teilzeitbeschäftigung durchschnittlich 1,91 Tage. Besonders auffallend: Die Teilzeitarbeiter bekamen 53 Prozent mehr Tagesdosen Antidepressiva verschrieben als ihre Kollegen mit Vollzeitjob.
"Der Mann muss gefälligst 100 Prozent arbeiten. Wenn er das klassische Rollenmodell nicht erfüllt, leidet er darunter", so interpretiert Studienleiter Thomas Grobe vom Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitssystemforschung die Daten.
Frauen kommen zwar insgesamt auf rund doppelt so viele Krankheitstage wegen psychischer Leiden wie Männer, doch in Teilzeit sind sie ab Mitte 30 seltener krank als ihre Kolleginnen mit Vollzeitjobs.
Auch unter befristeten Verträgen leiden Männer offenbar mehr als Frauen: So fehlten Männer mit Anfang 50 im Schnitt an mehr als drei Tagen im Jahr, wenn sie den Job nur auf Zeit hatten, aber an nur 1,8 Tagen, wenn sie ihn auf Dauer hatten. Bei Frauen lag der Unterschied in keiner Altersgruppe deutlich über einem Tag.
Was bringen diese Erkenntnisse nun der Krankenkasse? "Es ist für uns bares Geld", sagt Baas und rechnet vor: In einem Unternehmen mit 350 Mitarbeitern waren im vergangenen Jahr im Schnitt fünf davon zwei Monate lang krankgeschrieben wegen einer psychischen Erkrankung. Das entspreche einem Produktivitätsausfall von rund 75.000 Euro.
Sollen also Unternehmer ihren männlichen Mitarbeitern nun die Teilzeitwünsche ausreden? Baas hat eine bessere Idee: Er ruft die Männer auf, sich zu ändern und ihren Stolz nicht nur aus dem Beruf zu beziehen.
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Unterfordert: Wer in Teilzeit beschäftigt ist, würde gern ein bisschen aufstocken - und vor allem mehr verdienen.
Bares Geld wert: Vollzeitbeschäftigte würden dagegen für mehr Freizeit auf einen Teil des Gehalts verzichten.
Mehr gibt mehr: Die Stundenlöhne in Vollzeitjobs sind höher.
Voll beschäftigt: 2009 waren immerhin 40 Prozent der Frauen Vollzeit tätig, knapp ein Viertel jobbte halbtags.
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