Familie am Strand: Mama ist immer mit den Jungs unterwegs, Papa hat heute mal frei
Foto: DPAFrauen im Berufsleben können sich derzeit nicht über mangelnde Aufmerksamkeit beklagen. Sogar in den schwarz-roten Koalitionsgesprächen ist das Thema Geschlechtergerechtigkeit angekommen: Für Aufsichtsräte gilt eine Frauenquote als ausgemacht. Traditionelle Rollenmuster - Männer reiben sich im Job auf, Frauen daheim bei der Familie - sollen damit durchgeschüttelt werden, zum Vorteil aller.
In den Familien stößt das Rollenkarussell allerdings auf weniger Gegenliebe, als man vermuten könnte. Das ist ein Ergebnis der jährlichen Familienstudie des Hausgeräteherstellers Vorwerk. Demnach können sich nur 48 Prozent der Frauen und 40 Prozent der Männer vorstellen, dass der Mann im Beruf einen Gang zurückschaltet, um seiner Frau eine bessere Karriere zu ermöglichen. Irritierend: Nicht einmal die Hälfte der Frauen wünscht sich eine andere Rollenverteilung.
Im Jahr 1993 erschien das mehr Befragten als gute Idee, nämlich 54 Prozent der Frauen und 47 Prozent der Männer. Damit ist der Rückgang bei Frauen fast ebenso stark wie bei Männern.
Auch die Bereitschaft der Männer, halbtags zu arbeiten, damit ihre Partnerinnen überhaupt einem Beruf nachgehen können, ist leicht gesunken. Ein völliger Rollentausch erscheint knapp der Hälfte der Männer sogar ganz ausgeschlossen. Allerdings findet auch nicht einmal ein Viertel der Frauen einen Hausmann erstrebenswert.
Folgt man der Umfrage, stehen im Vergleich mit den neunziger Jahren generell viele Zeichen weiblicher Eigenständigkeit weniger hoch im Kurs. So etwa, dass sich voll berufstätige Paare die Hausarbeit teilen, dass Männer auch mal weniger verdienen als ihre Partnerinnen, oder Paare bei der Heirat den Geburtsnamen der Frau annehmen.
Umzug für den Job des Partners? Kein Problem - für Frauen
Nach wie vor ticken Männer und Frauen sehr unterschiedlich, wenn es um das Verhältnis von Partnerschaft und Beruf geht. So würde die Hälfte der Frauen in eine andere Stadt ziehen, damit ihr Mann dort eine neue Stelle annehmen kann. Umgekehrt käme das aber nur für ein Viertel der Männer in Frage.
Hausarbeit ist immer noch Frauensache - das ist angesichts der anderen Ergebnisse fast schon folgerichtig. 80 Prozent der Mütter sehen die Hauptlast der Familienarbeit bei sich, die meisten Männer würdigten das aber auch ausreichend. Von den anderen wünschen sich die Frauen, dass sie öfter mal "Danke" sagen.
Wie die Ergebnisse politisch zu werten sind, ist freilich Ansichtssache: Man kann sie als Rückkehr zu einer probaten Verteilung der Aufgaben in den Familien werten. Oder als Resignation in einem gesellschaftlichen Kampf, in dem Frauen es leid sind, immer wieder gegen gläserne Decken zu stoßen. Demnach könnten auch Männer, die eigentlich kein Problem mit einem neuen Rollenbild haben, einen möglichen Karriereknick fürchten. Dann allerdings wäre eher mehr als weniger politische Aktivität an der Geschlechterfront nötig.
Immerhin ist die Elternzeit beliebt, immer mehr Befragte können sich eine Elternzeit des Mannes vorstellen. Binnen zwanzig Jahren ist der Anteil unter den männlichen Befragten um elf Prozentpunkte gestiegen, auf jetzt 44 Prozent. Außerdem scheint es nicht viele Männer zu geben, die nach der Geburt eines Kindes vor dem Babygeschrei ins Büro flüchten. Nur acht Prozent der Mütter berichten, dass ihre Partner dann ihr Arbeitspensum erhöht hätten.
Für die Studie hat das Institut für Demoskopie Allensbach eine repräsentative Umfrage unter gut 1500 Deutschen über 16 Jahre durchgeführt. Allerdings fand die Umfrage schon im Sommer statt. Ob sich die Ergebnisse nach dem Beschluss für die Aufsichtsratsquote verschoben hätten, lässt sich nicht sagen.
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Quotenpolitik: Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen sollen ab 2016 einen weiblichen Anteil von mindestens 30 Prozent aufweisen. Darauf einigten sich Union und SPD in ihren Koalitionsverhandlungen. Die Verhandlungsleiterinnen Manuela Schwesig (SPD, links im Bild) und Annette Widmann-Mauz (CDU) versprechen sich von der Frauenquote mehr Gerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt. KarriereSPIEGEL hat die wichtigsten Argumente für und gegen die Quote zusammengestellt.
Pro 1 - Nur Druck hilft: Viele Unternehmen haben sich Selbstverpflichtungen zur Frauenförderung auferlegt. Dennoch hat sich in den vergangenen zehn Jahren der Frauenanteil in Führungspositionen kaum verbessert. Ohne verbindlichen Druck bewegt sich nichts.
Pro 2 - Die Mischung macht's. Diverse Studien zeigen: Gemischte Führungsteams sind effizienter und kreativer, zu viel Homogenität macht langweilig und begrenzt den Horizont. Nur Männer: schlecht. Nur Frauen: auch schlecht. Gemischt läuft's einfach besser.
Pro 3 - Gleich sucht gleich: Männer fördern bevorzugt Männer, wenn auch oft nur unterbewusst. Durch eine Quote werden Chefs gezwungen, ihr professionelles Beuteschema zu erweitern, Frauen als Kandidaten wahrzunehmen und zu fördern.
Pro 4 - Chancen schaffen: Eine Quote hilft Frauen, überhaupt in die Positionen zu kommen, in denen sie sich bewähren müssen. Gute Frauen kommen dank dieses Sprungbretts weiter - die schlechten sind schnell wieder weg.
Pro 5 - Mehr als nur Alibi: Ab einer kritischen Masse von 30 Prozent schafft es eine Minderheit in einer Gruppe, Einfluss zu gewinnen. Eine Alibifrau allein bringt nichts. Um die kritische Masse schnell zu erreichen, hilft die Quote.
Contra 1 - Ungleichheit sät Streit: Warum sollten wir Frauen mehr fördern als Männer? Solche Ungerechtigkeiten tragen Missgunst und Frust in die Führungsgremien und vergiften das Klima.
Contra 2 - Nur Leistung zählt: Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, es zählt Qualifikation und das Erreichte. Geschlecht ist aber keine Qualifikation. Woher sollen zum Beispiel all die Frauen mit technischen Fachkenntnissen kommen? Eine Quote fördert die Falschen.
Contra 3 - Der Aufwand ist zu groß: Noch mehr Bürokratie? Die Antidiskriminierungsgesetze erschweren die Personalsuche schon heute. Eine zusätzliche Quote würde Unternehmen unnötig belasten.
Contra 4 - Strafe für die Falschen: Um die Quote schnell zu erreichen, können über Jahre noch Frauen in Top-Jobs befördert werden. Männer werden all ihrer Karrierechancen beraubt.
Contra 5 - Familien leiden: Eine Quote stellt traditionelle Familienmodelle in Frage, Frauen können sich dadurch unter Druck gesetzt fühlen. Zudem zieht eine Quote weitere Probleme nach sich, da es an qualifizierter Kinderbetreuung in Deutschland schon jetzt mangelt.
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