
Chance für Studienabbrecher: Bis du dein Diplom hast, bin ich Meister
Programm für Studienabbrecher Vom Studenten zum Meister in drei Jahren
Dominik Blöchl, 29, hat zwei Studiengänge ausprobiert. Erst schrieb er sich für Bauingenieurwesen, später für Soziale Arbeit ein. Beides machte ihn nicht glücklich. Da kam ihm ein neues Angebot der unterfränkischen Handwerkskammer gerade recht: In einem Pilotprojekt bieten Betriebe der Region Studienabbrechern aus ganz Deutschland eine verkürzte Lehre plus Weiterbildung zum Meister an. Die Fast-Akademiker können damit den Karriereturbo anwerfen. Aus ihnen sollen im Schnellverfahren dringend gesuchte Führungskräfte werden.
Etwa ein Drittel der Chefs im Handwerk ist älter als 50 Jahre. Allein in Unterfranken stehen in 6000 Betrieben in den nächsten 15 Jahren Führungswechsel an. Die Betriebe suchen schon jetzt händeringend Nachwuchs, vor allem Fach- und Führungskräfte. Auf der anderen Seite brechen jedes Jahr Tausende Studenten ihr Studium ab. Da mache es doch Sinn, ihnen eine Alternative im Handwerk anzubieten, meint Rolf Lauer, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Unterfranken: "Diese Zielgruppe blieb vom Handwerk bislang weitgehend unbeachtet. Wir bieten diesen hochqualifizierten Leuten eine Karrieremöglichkeit."

Abbruch, Aufbruch, Durchbruch: 100 prominente Uni-Deserteure
Die Initiative "Karriereprogramm Handwerk: Studienanschluss statt Studienabbruch" stößt auf Interesse. "Schon jetzt liegen uns mehr als 20 Anfragen von Noch-Studenten vor", sagt Lauer. Die ersten neun Studienabbrecher haben im Herbst 2012 den Hörsaal gegen Werkbank und Klassenzimmer getauscht. Das bayerische Arbeitsministerium und die Europäische Union fördern das Projekt bis Sommer 2015 mit insgesamt 610.000 Euro.
Und so sitzt Blöchl mit sechs weiteren ehemaligen Studenten vor den Aufgaben für Schreiner-Lehrlinge. Sie werden nach nur zwei Jahren ihre Ausbildung abgeschlossen haben. Außerdem können sie schon ein Jahr später den Meisterbrief in der Tasche haben. "Es ist ein maßgeschneiderter Lehrgang. Die jungen Leute sind intelligent und begreifen Zusammenhänge sehr schnell. Deshalb können wir alles fix durchziehen", sagt Lauer. Für zunächst zwei Lehrberufe gibt es das Angebot: Schreiner und Hörgeräteakustiker. Im nächsten Lehrjahr sollen Elektroniker, Metallbauer und ähnliche technische Berufe dazukommen.
Für Blöchl und seine Mitlehrlinge bedeutet das Turboprogramm aber auch einen engen Stundenplan bis in den Abend hinein. Zusätzlich zur Arbeit im Betrieb müssen sie Spezialkurse am Wochenende meistern. "Wir haben oft eine Sechs-Tage-Woche", sagt Blöchl. Das sei schon anstrengend: "Aber es ist schaffbar. Man muss eben die Motivation haben."
Möbelhersteller Thomas Schuhmann ist einer der Chefs, die sich auf das Pilotprojekt eingelassen haben. Er ist überzeugt, auf diesem Weg neue Mitarbeiter zu finden "mit anderen Voraussetzungen, von der Intelligenz, der Auffassungsgabe und dem Auftreten her". Dieses Projekt sei längst fällig gewesen: "Ich bin überzeugt davon, dass das auch bundesweit Schule machen wird."