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Nach Jugendprotesten Südkorea kippt Plan für 69-Stunden-Woche

69 Stunden sollten Beschäftigte in Südkorea pro Woche arbeiten müssen, so will es Präsident Yoon Suk-yeol. Vor allem junge Menschen lehnten sich lautstark dagegen auf – und sorgen nun dafür, dass das Vorhaben scheitern könnte.
Südkoreas Präsident Yoon Suk-yeol (Archivbild)

Südkoreas Präsident Yoon Suk-yeol (Archivbild)

Foto: Jeon Heon-Kyun / Pool / Getty Images

Während in Deutschland die Debatte über Arbeitszeiten lauter wird  und eine groß angelegte Pilotstudie in Großbritannien  die positiven Effekte einer Viertagewoche belegt hat, wollte die südkoreanische Regierung für ihre Bevölkerung genau das Gegenteil: die 69-Stunden-Woche.

Die wöchentliche Höchstarbeitszeit sollte auf 69 Stunden angehoben werden, nachdem sich Wirtschaftsverbände beschwert hatten, dass die derzeitige Obergrenze von 52 Stunden die Einhaltung von Terminen erschwere.

»Besser mit der Öffentlichkeit kommunizieren«

Arbeitsminister Lee Jung-sik hatte argumentiert, dass die Anhebung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit auf 69 Stunden berufstätigen Frauen ermöglichen würde, mehr Überstunden anzusammeln und dafür später Freizeit zu nehmen, die sie für Familien- und Pflegeaufgaben nutzen könnten.

Proteste junger Leute brachten den südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk-yeol nun dazu, seine Pläne noch einmal zu überdenken. Es gehe nun darum, »besser mit der Öffentlichkeit zu kommunizieren, insbesondere mit der Generation Z und den Millennials«, zitiert die britische Tageszeitung »Guardian«  die Pressesprecherin des Präsidenten, Kim Eun-hye.

»Der Kern von [Yoons] Arbeitsmarktpolitik ist der Schutz der Rechte und Interessen von unterprivilegierten Arbeitnehmern. Wie der (…) von Arbeitnehmern, die keiner Gewerkschaft angehören, und von Arbeitnehmern, die in kleinen und mittleren Unternehmen arbeiten«, zitiert der »Guardian« Kim nach der südkoreanischen Tageszeitung »Korea Herald«.

Yoon, ein Konservativer, der als wirtschaftsfreundlich gilt, hatte die Erhöhung der Arbeitszeit unterstützt, um den Arbeitgebern mehr Flexibilität zu ermöglichen. Gewerkschaftsführer hatten jedoch bereits kritisiert, dass Yoons Pläne die Menschen nur weiter unter Druck setzen würden. Südkorea ist für seine straffen Arbeitsbedingungen bekannt.

Südkoreaner arbeiten mehr als der OECD-Durchschnitt

Das Land gehört international ohnehin zu den Viel-Arbeiter-Staaten: Die Südkoreaner arbeiteten im Jahr 2021 durchschnittlich 1.915 Stunden – das sind 199 Stunden mehr als der Durchschnitt innerhalb der OECD, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, der insgesamt 38 Staaten angehören, die sich Demokratie und Marktwirtschaft verpflichtet fühlen. Etliche EU-Länder sind ebenso in der Organisation wie Australien, Japan und Südkorea selbst. Aus dem jüngsten OECD-Beschäftigungsausblick  geht hervor, dass Südkoreaner derzeit 566 Stunden mehr als die Arbeitnehmer in Deutschland arbeiten.

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Der ursprüngliche Plan, der Anfang des Monats angekündigt wurde, hätte eine 2018 eingeführte Gesetzgebung gekippt, die die Arbeitswoche auf 52 Stunden begrenzt: 40 Stunden reguläre Arbeit plus 12 Überstunden. Gewerkschaften und Oppositionspolitiker hatten argumentiert, dass eine Verlängerung der Arbeitszeit in der viertgrößten Volkswirtschaft Asiens nichts an der rekordverdächtig niedrigen Geburtenrate des Landes ändern werde.

»Damit wird es legal, fünf Tage hintereinander von 9 Uhr morgens bis Mitternacht zu arbeiten. Auf die Gesundheit und die Erholung der Arbeitnehmer wird keine Rücksicht genommen«, so der koreanische Gewerkschaftsbund laut »Guardian« in einer Erklärung.

flg
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