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Überstunden-Report Jeder dritte Angestellte arbeitet im Berufsleben ein Jahr lang umsonst

Die Zahl der Überstunden in Deutschland nimmt ab. Trotzdem bleiben immer noch 54 Prozent aller Beschäftigten zu lang bei der Arbeit - einzelne Branchen sind besonders betroffen.
Die anderen sind schon im Feierabend, während diese Kollegin noch Überstunden macht (Symbolfoto)

Die anderen sind schon im Feierabend, während diese Kollegin noch Überstunden macht (Symbolfoto)

Foto: DragonImages/ iStockphoto/ Getty Images

Der Überstundenberg eines ganzen Arbeitslebens ist riesig: In ihrer gesamten Berufslaufbahn kommen Fachkräfte in Deutschland einer aktuellen Umfrage zufolge auf 9655 Überstunden, bei Führungskräften sind es sogar 15.390 Stunden. Das hat der Hamburger Vergütungsanalyst Compensation Partner in seinem Arbeitszeitmonitor ermittelt. Dafür wurden mehr als 215.000 Beschäftigte befragt.

Brisant dabei: Ein Drittel der Beschäftigten bekommt die zusätzliche Arbeitszeit nicht ausgeglichen. Sie arbeiten somit in ihrer Karriere 13 Monate umsonst. Bei den Führungskräften bekommen demnach sogar 74 Prozent keinen Ausgleich. Aufsummiert arbeiten sie in ihrer Berufslaufbahn rund 21 Monate ohne Bezahlung.

Die gute Nachricht: Die Zahl der Überstunden nimmt laut Arbeitszeitmonitor ab. Insgesamt leisten 54 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland Überstunden - im Durchschnitt rund drei pro Woche. Frauen verrichten im Schnitt 2,2 und Männer 3,7 Überstunden wöchentlich. 2009 lag die durchschnittliche Zahl der wöchentlichen Überstunden noch bei 6,5.

Tim Böger, Geschäftsführer von Compensation Partner, erklärt den Rückgang mit der guten wirtschaftlichen Entwicklung: "Die angespannte Situation der Finanzkrise führte im Jahr 2009 zu deutlich mehr Überstunden als heute. Heute erleben wir einen Wirtschaftsboom und die Work-Life-Balance steht im Vordergrund, wodurch die Bereitschaft zu Überstunden tendenziell geringer ist."

Auch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), das zur Bundesagentur für Arbeit gehört, hatte zuletzt einen Rückgang der Überstunden registriert. Laut IAB-Arbeitsmarktforscher Enzo Weber ist der Zusammenhang aber andersherum: Demnach gehe der Rückgang auf die "konjunkturelle Abschwächung seit dem vergangenen Jahr zurück".

Informationen zur Studie

Das IAB hat allerdings den gesamten Arbeitsmarkt in Bezug auf einen kürzeren Zeitraum untersucht, während sich die Hamburger Analysten nur auf die Selbstauskunft von Fach- und Führungskräften aus den vergangenen zwölf Monaten beziehen. Das könnte auch den Unterschied in der Höhe der Überstunden erklären.

Aus der Befragung geht hervor, dass die Zahl der Überstunden sich nicht nur zwischen den Fach- und Führungskräften unterscheidet. Sie steigt auch mit zunehmendem Gehalt deutlich an.

Der Anstieg der Überstunden im Zusammenhang mit dem Alter der Beschäftigten ist dagegen moderat: Berufseinsteiger unter 20 Jahren leisten im Schnitt 1,7 Überstunden pro Woche. Beschäftigte im Alter zwischen 30 und 39 Jahren kommen auf 3,1 Überstunden. Nach dem 60. Lebensjahr bleiben Arbeitnehmer wöchentlich rund 3,7 Stunden länger im Büro.

Nach Branchen aufgeschlüsselt gibt es laut der Studie deutliche Unterschiede. Die meisten Überstunden leisten Beschäftigte in der Unternehmensberatung. Laut Auswertung kommen sie auf durchschnittlich 5,2 Überstunden pro Woche. Das hohe Arbeitspensum gehe aber mit einem lukrativen Gehalt einher. Laut Compensation Partner liegt es rund 16,2 Prozent über dem deutschen Branchendurchschnitt.

Im Mittelfeld liegen die Branchen Werbung und PR mit 3,49 Überstunden in der Woche und der Einzelhandel mit 2,29. Die wenigsten Überstunden machen mit 1,8 Stunden pro Woche Steuerberater.

Der Wohnort der Beschäftigten hat der Befragung zufolge kaum Einfluss auf die Höhe der Überstunden. Im Vergleich mit anderen Bundesländern arbeiten die Hamburger und Berliner mit durchschnittlich 3,31 Überstunden in der Woche zwar am längsten. Größere regionale Unterschiede lassen sich jedoch nicht feststellen.

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