400 Überstunden im Jahr
Ungarns Opposition protestiert gegen neues "Sklavengesetz"
Ungarns Parlament hat die Rechte der Arbeitgeber gestärkt: Sie dürfen ihren Angestellten nun 150 Überstunden mehr als bisher im Jahr zumuten und die Bezahlung weit hinauszögern. Die Opposition ist außer sich.
Mit Pfiffen und Sirenen versuchte die Opposition, das Votum zu verhindern. Die Abgeordneten versperrten zudem die Treppen zum Präsidiumspult, so dass der Parlamentsvizepräsident die Abstimmung von seiner Abgeordnetenbank aus abwickeln musste. Genutzt hat es den Demonstranten nichts.
Ungarns Parlament hat am Mittwoch ein umstrittenes Gesetz gebilligt: Es erlaubt Arbeitgebern, die Zahl der Überstunden, die sie ihren Angestellten pro Jahr zumuten dürfen, von bisher 250 auf 400 anzuheben. Darüber hinaus können sich Unternehmen bis zu drei Jahre Zeit lassen, um die Überstunden zu bezahlen oder auszugleichen. Bislang galt eine Frist von einem Jahr.
Die Opposition sprach von einem "Sklavengesetz". Die Gewerkschaften befürchten, dass Arbeitnehmer von ihren Chefs zu massiven Überstunden ohne entsprechende Entlohnung gezwungen werden können.
Für die Vorlage stimmten 130 Abgeordnete der Regierungspartei Fidesz des rechtsnationalen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Es gab 52 Gegenstimmen und eine Enthaltung, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur MTI.
Die links-liberale Abgeordnete Timea Szabo ging auf Orbán zu, der der Sitzung auf der Regierungsbank beiwohnte, und blies ihm mit einer Trillerpfeife mitten ins Gesicht. Der Regierungschef ertrug es mit zugekniffenen Augen, aber dennoch gelassen.
Gegen die umstrittene Überstundenregelung hatten am Samstag in Budapest etwa 10.000 Menschen demonstriert. Sie waren einem Aufruf der Gewerkschaften gefolgt. Die deutsche IG Metall schickte eine Solidaritätsbotschaft.