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Arbeitsrecht Darf ich trotz Krankschreibung in den Urlaub fahren?

Kaum sind die Ferien in Sicht, beginnt auf einmal der Hals zu kratzen: Aber dürfen Sie auf Reisen gehen, obwohl Sie einen gelben Zettel abgegeben haben? Und wohin?
Trotz Krankschreibung in den Urlaub fliegen - geht das so einfach?

Trotz Krankschreibung in den Urlaub fliegen - geht das so einfach?

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Kiattisak Lamchan / EyeEm / Getty Images

Endlich Ferien! Das Hotel ist längst gebucht, und die Reise steht kurz bevor - und plötzlich machen sich Symptome wie Schnupfen, Husten oder Fieber breit. Ein Horrorszenario für Arbeitnehmer - vor allem dann, wenn der Arzt anschließend auf Bettruhe pocht. Doch was ist in solchen Fällen zu beachten? Darf ich trotz Krankschreibung in den Urlaub fahren? Kann ich das Land verlassen? Und: Muss ich meinen Arbeitgeber über meinen Aufenthaltsort informieren? Die wichtigsten Antworten finden Sie hier.

Darf ich während der Krankschreibung verreisen?

Ja, grundsätzlich dürfen Arbeitnehmer trotz einer Krankschreibung ihren geplanten Urlaub antreten. Allerdings sind mögliche Reisen an Bedingungen geknüpft: Sollte der Ausflug die Genesung des Angestellten ernsthaft gefährden, darf dieser nicht verreisen. In einem Gespräch mit dem Arzt muss abgeklärt werden, ob und inwiefern der geplante Urlaub die "Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit" gefährden könnte. Der Erholungszweck sollte dabei immer im Vordergrund stehen. "Den Arbeitnehmer trifft während dieser Zeit eine sogenannte erhöhte Sorgfaltspflicht gegen sich selbst", sagt der Fachanwalt für Arbeitsrecht Daniel Brügger . Demnach gelte eine sogenannte Einzelfallbetrachtung. "In einigen Fällen kann das Verreisen sogar förderlich sein, beispielsweise bei einer Kur oder Erholungsreise", so der Anwalt.

Arbeitnehmer sollten sehr genau abwägen, ob sie ihren Urlaub wie geplant antreten wollen. Im schlimmsten Fall droht eine fristlose Kündigung, wie ein Urteil des BAG (Urteil vom 2. März 2006 - AZ 2 AZR 53/05 ) zeigt. Hier reiste ein Arbeitnehmer, der wegen Konzentrationsschwächen aufgrund einer Hirnhautentzündung krankgeschrieben war, in einen Skiurlaub. "Auch die Teilnahme an einer Wallfahrt ist unzulässig, wenn man eine Lungenentzündung hat. Gleiches gilt für die Teilnahme an einem Fußballspiel", so Brügger.

Darf ich auch ins Ausland?

Bei Reisen ins Ausland gelten zunächst die oben beschriebenen Grundsätze. Sollte der Arbeitnehmer jedoch länger als sechs Wochen krankgeschrieben sein und somit Anspruch auf Krankengeld haben, muss folgendes beachtet werden:

Der Anspruch auf Krankengeld aus Paragraf 44 SGB V ruht gemäß Paragraf 16 Absatz 1 Satz 1 SGB V, wenn sich der Versicherte im Ausland aufhält. Der Anspruch ruht gemäß Paragraf 16 Abs. 4 SGB V jedoch nicht, wenn der Arbeitnehmer sich vor Antritt der Reise eine Zustimmung seines gesetzlichen Krankenversicherers einholt. Sollten Angestellte innerhalb der EU verreisen, ist die Versicherung dazu verpflichtet, dem Antrag zuzustimmen. Das hat das Bundessozialgericht in einer mündlichen Verhandlung klargestellt (AZ B 3 KR 23/18 R).

Was habe ich im Fall von Depressionen zu beachten?

Jedes Jahr erkranken allein in Deutschland ein bis zwei Prozent der Bevölkerung erstmals an einer Depression . Vier Millionen Menschen leiden jährlich an den Symptomen (Lesen Sie hier mehr zu dem Thema ). Doch was gilt, wenn ein Arbeitnehmer wegen Depressionen vom Arzt für arbeitsunfähig erklärt wird? Tatsächlich sind keine Besonderheiten zu beachten.

Vielmehr muss auch hier im Einzelfall geschaut werden, ob der Urlaub die Genesung gefährdet. Von einer Kur in den Alpen oder an der See wird aller Voraussicht nach nicht abzuraten sein, da sie der Gesundung des Angestellten dienen könnte.

Muss ich meinen Arbeitgeber über meinen Aufenthaltsort informieren?

Nein, der Chef oder die Krankenkasse haben kein Recht darauf, über den Aufenthaltsort informiert zu werden. Das ändert sich allerdings, wenn sich der Arbeitnehmer bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit bereits im Ausland befindet. "Die Verpflichtung umschließt nicht nur die Mitteilung des Aufenthaltsorts, sondern auch die unverzügliche Einholung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung", sagt Rechtsanwalt Brügger.

Kann Krankheit durch Urlaub unterbrochen werden?

Ein Angestellter, der arbeitsunfähig erkrankt, muss alles unterlassen, was die Genesung verzögern könnte. Das bedeutet auch, dass der Arbeitnehmer unter Umständen dazu verpflichtet ist, einen Urlaub nicht anzutreten.

Entsprechend der Regelung des Paragrafen 9 BUrlG dürfen Krankheitstage während des Urlaubs nicht auf den Jahresurlaub angerechnet werden. "Hintergrund dieser Regelung ist, dass ein kranker Arbeitnehmer nicht arbeitspflichtig ist. Ist die Arbeitspflicht bereits entfallen, kann der Zweck des Urlaubs - die Erholung von der Arbeitspflicht - nicht mehr eintreten", erklärt der Jurist. Paragraf 9 BUrlG deckt zudem den Fall ab, dass die Erkrankung vor Urlaubsbeginn eintritt.

Erst krank, dann Urlaub, dann wieder krank - ist das ein Problem?

Sie sind krank, werden pünktlich zu Ihrem geplanten Urlaub gesund, und sind - aus was für Gründen auch immer - nach dem Urlaub plötzlich wieder arbeitsunfähig. Ihr Chef ist in so einem Fall nicht zu beneiden. Doch was kann er dagegen tun? Dies hängt von den Umständen ab. Grundsätzlich kann ein solcher Fall eintreten, ohne dass der Angestellte Konsequenzen zu befürchten hat.

Zu beachten ist allerdings, dass, sofern die Erkrankung nach dem Urlaub auf der Erkrankung beruht, die bereits vor dem Urlaub bestand, kein neuer Entgeltfortzahlungszeitraum (sechs Wochen) beginnt, sondern die Tage vor dem Urlaub angerechnet werden.

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