Urteil zu Diskriminierung Alter ist auch bei Managern kein Entlassungsgrund

Mediziner Leititis: Fordert Entschädigung "mit abschreckender Wirkung"
Foto: Dominique Leppin/ dpaErfolg für einen ehemaligen Klinikchef aus Köln: Dem Arzt Jekabs Leititis, 65, steht nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) Schadenersatz wegen Altersdiskriminierung zu. Der frühere medizinische Geschäftsführer der städtischen Kliniken hatte geklagt, weil sein 2009 auslaufender Vertrag nicht verlängert wurde. Anstelle des damals 62-Jährigen hatte der Betreiber einen 41 Jahre alten Bewerber eingestellt.
In der Presse hatte der Aufsichtsratsvorsitzende der Klinik dem Gericht zufolge erklärt, dass der Kläger wegen seines Alters nicht weiterbeschäftigt worden sei. Wegen des "Umbruchs auf dem Gesundheitsmarkt" habe man einen Bewerber gewählt, der das Unternehmen "langfristig in den Wind stellen" könne; das Alter des bisherigen Klinikchefs stehe bei einer Vertragsverlängerung um weitere fünf Jahre der Forderung nach "Führungskontinuität" entgegen.
Die Karlsruher Richter sahen darin einen Beleg für Altersdiskriminierung. Somit hätte der Klinkbetreiber beweisen müssen, dass keine Benachteiligung aufgrund des Alters vorgelegen habe. Dies sei aber nicht geschehen, so das Gericht. Das Verbot der Benachteiligung gelte auch für Geschäftsführer von Unternehmen, wenn ein befristeter Vertrag nicht verlängert wird. Damit hat der Bundesgerichtshof eine frühere Entscheidung des Oberlandesgerichts zugunsten des Mediziners bestätigt.
Der Diskriminierungsschutz besteht dem Urteil zufolge auch dann für Geschäftsführer, wenn ein bestehender Vertrag planmäßig endet und es nicht zu einer Weiterbeschäftigung kommt (Aktenzeichen II ZR 163/10).
Hoffnung auf höhere Entschädigung
Es war das erste Mal, dass der BGH über die Anwendung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) im Fall eines Geschäftsführers entschieden hat. Zur Altersdiskriminierung von Arbeitnehmern gibt es bereits Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts.
Das auf einer Europäischen Richtlinie beruhende Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet in Deutschland seit 2006 unter anderem Benachteiligungen aus Gründen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts und des Alters. So hatte der Europäische Gerichtshof im vergangenen Jahr entschieden, dass eine tarifvertragliche Altersgrenze von 60 Jahren für Piloten gegen das Diskriminierungsverbot verstoße.
Der Kläger kann sich nun Hoffnungen auf eine höhere Entschädigung machen. In der Vorinstanz hatte das Oberlandesgericht Köln dem Ex-Klinikchef 36.600 Euro zugesprochen, was zwei Monatsgehältern entspricht - gefordert hatte Leititis 110.000 Euro. Nach Auffassung des BGH hat er Anspruch sowohl auf Ersatz eines Vermögensschadens als auch auf Entschädigung wegen seines immateriellen Schadens.
Das Oberlandesgericht muss sich nun abermals mit dem Fall beschäftigen und die Entschädigungszahlung neu festlegen. Dazu muss der frühere Klinikchef nach dem BGH-Urteil darlegen, dass er bei einer Entscheidung ohne Diskriminierung den Job wieder bekommen hätte. "Hier wird es für die Klinik darauf ankommen nachzuweisen, dass das Alter des Klägers in Wirklichkeit nicht ausschlaggebend war", sagt Thomas Kania, Rechtsanwalt des Klinikbetreibers.
Leititis zeigte sich in einer ersten Reaktion zufrieden mit der Entscheidung. "Ich bin froh, dass das AGG auch in diesen Fällen Anwendung findet", sagte er. Sein Anwalt forderte eine Entschädigung "mit abschreckender Wirkung"; ein Betrag von lediglich ein paar tausend Euro würde große Unternehmen nicht von Altersdiskriminierung abhalten. Leititis ist mittlerweile als Ärztlicher Direktor beim Klinikum Region Hannover beschäftigt.