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Bewerber in den USA Dreiste Frage nach dem Facebook-Passwort

Sicher haben Sie nichts zu verbergen, oder? Frech fordern manche US-Arbeitgeber von Bewerbern die Zugangsdaten zu sozialen Netzwerken - Schluss mit der Privatsphäre. Jetzt wollen Senatoren verhindern, dass Job-Kandidaten ihr Passwort bei Facebook oder LinkedIn herausrücken müssen.
Großes Bewerber-Scannen: Die Methoden von US-Arbeitgebern werden rabiater

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Foto: Corbis

Als Justin Bassett beim Bewerbungsgespräch war, rechnete er mit dem üblichen Geplänkel zu seinen Erfahrungen oder Referenzen. Völlig überrascht war er, als er plötzlich nach etwas ganz anderem gefragt wurde: nach seinem Facebook-Benutzernamen und dem Passwort dazu. Bassett weigerte sich und verzichtete auf die Bewerbung. Für ein Unternehmen, das so private Informationen verlangt, wolle er nicht arbeiten, so Bassett.

Solche Fälle sind in den USA nicht mehr selten. Personaler sind es längst gewohnt, in sozialen Netzwerken nach Informationen über Bewerber zu stöbern und sich so auch ein Bild über ihre persönlichen Vorlieben zu machen. Aber jeder hat die Möglichkeit, die eigenen Seiten gegen allzu neugierige Besucher abzuschotten und nur Freunden und Bekannten zugänglich zu machen, etwa bei Facebook oder bei Business-Netzwerken wie LinkedIn.

Dann laufen Personaler zunächst ins Leere - oder sie fordern Job-Kandidaten direkt im Vorstellungsgespräch auf, ihr Passwort herauszurücken oder sich sogar direkt einzuloggen, damit der Arbeitgeber die Seiten sehen kann. Nach solch persönlichen Dingen fragen in den USA Unternehmen und vor allem auch Behörden. "Das ist so, als ob sie jemanden nach dem Hausschlüssel fragen", sagt der frühere Staatsanwalt und Jurist Orin Kerr von der George-Washington-Universität - für ihn eine "ungeheuerliche Verletzung der Privatsphäre".

Senatoren fordern klare gesetzliche Regelung

Die heikle Angelegenheit hat inzwischen den Senat in Washington erreicht. Die demokratischen Senatoren Chuck Schumer und Richard Blumenthal wandten sich an Justizminister Eric Holder und forderten ihn auf zu prüfen, ob solche Fragen gegen Bundesgesetze der USA verstoßen. Gleichzeitig kündigten sie Gesetzesinitiativen an, um mögliche Lücken in der Gesetzgebung zu schließen.

Sogar Facebook ist alarmiert. Das Imperium von Mark Zuckerberg ist selbst eine unermüdliche Datenkrake und alles andere als zimperlich, was die Privatsphäre der Mitglieder angeht. Aber nun warnte auch Facebook Unternehmen davor, Bewerber nach ihrem Passwort zu fragen, und drohte mit rechtlichen Schritten gegen solche Aufforderungen: Sie verstießen gegen die Nutzungsbestimmungen von Facebook, nach denen die Weitergabe eines Passworts verboten sei.

Ein Facebook-Sprecher riet Firmen auch im eigenen Interesse davon ab, nach Passwörtern zu fragen. Denn wenn der Arbeitgeber einen Bewerber aufgrund von Informationen im Facebook-Profil ablehne, müsse er eine Diskriminierungsklage fürchten und könnte zur Einstellung des Bewerbers verpflichtet werden.

"Freiwilligkeit ist Zwang, wenn du einen Job brauchst"

In Deutschland sei ihr nichts über derartige Fragen in Bewerbungsgesprächen bekannt, sagt Mirjam Alex, Juristin der Gewerkschaft Ver.di. Bekannt sei, dass Unternehmen einen Bewerber "googeln" - aber auch das verlaufe schon in einer rechtlichen Grauzone, wo dringend eine gesetzliche Regelung nötig sei. Wenn sich jemand um eine Stelle bewerbe, bestehe natürlich ein Abhängigkeitsverhältnis, eine Schutzlosigkeit des Arbeitssuchenden, so Mirjam Alex. Er könne zwar eine Frage nach Passwörtern ablehnen, aber was dann passiere, sei schon klar.

So sieht es auch die Rechtsprofessorin Lori Andrews vom IIT Chicago-Kent College: "Freiwilligkeit ist Zwang, wenn du einen Job brauchst." Fragen nach Passwörtern zu sozialen Netzwerken kommen in den USA offenbar häufig bei Behörden vor, die Positionen bei den Sicherheitskräften zu besetzen haben. So bewarb sich Robert Collins im Bundesstaat Maryland um eine Wiedereinstellung bei der Gefängnisbehörde, nachdem er wegen des Todes seiner Mutter pausiert hatte. In sozialen Netzwerken wollte die Behörde angeblich mögliche Verbindungen zu Banden überprüfen.

Collins war zwar perplex, kam der Aufforderung aber nach: "Ich brauchte den Job, um meine Familie zu ernähren." Nachdem die Bürgerrechtsunion gegen diese Praxis protestiert hatte, änderte die Behörde ihr Vorgehen so, dass Bewerber sich während des Vorstellungsgesprächs selbst in ihr Konto in einem sozialen Netzwerk einloggen sollen, damit der Interviewer einen Einblick erhält.

Spezialprogramme durchsuchen Nutzerkonten

So ist es auch schon seit 2006 im Bezirk McLean in Illinois, wenn man einen Job bei der Polizei möchte. In der Stadt Bozeman im US-Staat Montana ist es üblich, dass Bewerber Passwörter für ihre E-Mail-Adressen, sozialen Netzwerke und sonstigen Online-Konten nennen müssen.

Der Aufstieg der sozialen Netzwerke stärkt den Trend zum gläsernen Bewerber, Arbeitgeber suchen gezielt nach Informationen über Bewerber. Sie setzen dabei auch spezielle Programme ein, die das Profil eines Nutzers mit dessen Erlaubnis scannen können. Als Grund nannte eine Sprecherin des Großkonzerns Sears Holdings, dass das Unternehmen auch sehen wolle, ob der Bewerber vielleicht für andere Jobs in Frage komme, an die er noch gar nicht gedacht habe.

Die Karriereberaterin und Buchautorin E. Chandlee Bryan rät Bewerbern, gut darauf zu achten, was auf ihrer sozialen Netzwerkseite stehe. Man müsse immer damit rechnen, dass auch Arbeitgeber sich das ansehen wollten. Direkte Fragen nach Passwörtern sieht sie kritisch, etwas anderes sei es, wenn der Arbeitgeber über eine Freundschaftsanfrage Einblick ins Profil eines Bewerbers bekomme. Was allerdings voraussetzt, dass Netzwerkmitglieder solche Anfragen nicht blind bestätigen, sondern genau prüfen, wer mit ihnen in Kontakt zu treten versucht.

Manuel Valdes, dapd/jol
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