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Büropsychologie So ändern Sie jede Meinung

Wilde Diskussionen mit den Kollegen gehören zum Job. Aber sind Mitarbeiter noch beeinflussbar, wenn sie sich ihr Bild bereits gemacht haben? Ja, sagt Volker Kitz. Ein Psychotrick macht's möglich.
Erst dagegen, dann doch dafür: So ändert man Meinungen

Erst dagegen, dann doch dafür: So ändert man Meinungen

Foto: Corbis

Wenn einer eine Meinung hat... behält er sie meist auch. Das ist im Büro nicht anders als auch sonst überall. Und je mehr wir versuchen, dagegen anzuargumentieren, umso starrsinniger wird der andere häufig. Dabei gibt es eine viel elegantere Methode, die in fremden Köpfen zudem tatsächlich etwas verändern kann.

Wie sie funktioniert, erklärt ein interessanter Versuch: Dazu lässt man Probanden zwei Aufgaben lösen: Zuerst sollen sie Spulen auf ein Tablett legen - eine halbe Stunde lang. Dann sollen sie Holzklötzchen um 90 Grad nach rechts drehen - eine weitere halbe Stunde lang. Sehr, sehr langweilige Aufgaben also. Auch die Probanden werden sie sehr, sehr langweilig finden.

Hinterher bittet man einen Teil der Freiwilligen um "Hilfe". Wenn sie das Labor verlassen, sollen sie doch bitte den anderen im Wartezimmer etwas vorspielen und sagen, was auf einem Blatt vorformuliert ist: "Es war sehr angenehm, hat mir großen Spaß gemacht, war interessant, faszinierend und aufregend."

Danach notieren alle Probanden in einem Fragebogen, wie interessant, angenehm und sinnvoll sie die Aufgabe rückblickend selbst fanden.

Denken und Handeln in Einklang bringen

Das Ergebnis: Wer den anderen die positiven Floskeln aufgesagt hat, der findet die Aufgaben am Ende tatsächlich auch selbst interessanter - obwohl er nur fremde Worte von einem Blatt Papier abgelesen hat, die seiner eigenen Meinung sogar noch widersprachen.

"Einstellungskonträre Argumentation" nennt man das in der Fachsprache: vor anderen das Gegenteil zur eigenen Einstellung zu äußern. Der faszinierende Effekt: Wer das tut, der ändert hinterher tatsächlich oft auch selbst seine Meinung.

Erklären lässt sich das mit unserem harmoniesüchtigen Gehirn: Das strebt immer danach, dass unser Denken und Handeln in Einklang zueinander stehen. Sonst erlebt es eine sogenannte "kognitive Dissonanz" und muss an einer der beiden Stellen - Denken oder Handeln - etwas ändern. Hören wir uns nun selbst vor anderen etwas aussprechen, das unserer eigenen Überzeugung widerspricht, dann quält das unser Gehirn derart, dass es schnell seine Überzeugung anpasst - so dass wieder Harmonie besteht zwischen dem, was wir (uns) sagen (hören) und dem, was wir denken.

Sich selbst vom Gegenteil überzeugen

Es sei denn, das Gehirn kann sich den Vorgang anderweitig schönreden. Zum Beispiel, wenn uns jemand dazu zwingt oder dafür viel Geld bezahlt. Dann ist die "externe Rechtfertigung" für dieses Verhalten so groß, dass unser Gehirn sich sagt: "Es ist nicht so, wie es aussieht. Ich kann das alles erklären..."

Mit dieser Technik und etwas Phantasie können Sie andere sehr subtil dazu bringen, sich selbst vom Gegenteil zu überzeugen. Möchten Sie zum Beispiel ein Projekt vorantreiben und wissen vorher, dass ein Kollege sich dagegen besonders sperrig zeigen wird, dann bitten Sie ihn um "Hilfe": Fragen Sie ihn, ob er nicht versuchen kann, den anderen Kollegen einige Vorteile des Projekts zu erklären, weil er sich doch am besten damit auskennt. Oder bitten Sie ihn, in einem Meeting das Projekt kurz vorzustellen. Oder Protokoll zu führen, während jemand anderes das Projekt (positiv) vorstellt. All das kann bewirken, dass der Kollege seine eigene Meinung am Ende tatsächlich ändert.

Foto: Mareike Föcking

Volker Kitz (links) hat Jura und Psychologie studiert und unter anderem als Wissenschaftler am Max-Planck-Institut gearbeitet. Heute lebt er als freier Autor in München. In der Reihe "Büropsychologie" stellen wir seine besten Bürotricks vor. Sie sind seinem aktuellen Buch entnommen: "Warum uns das Denken nicht in den Kopf will. Noch mehr nützliche Erkenntnisse der Alltagspsychologie" (gemeinsam mit Manuel Tusch, rechts).Homepage Volker Kitz und Manuel Tusch 

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