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Vom Kollegen zum Chef Wie man nach einer Beförderung im Team beliebt bleibt

Ralf B. wird zum Teamleiter befördert und ist nun Vorgesetzter seiner ehemaligen Kollegen. Einige fangen an, über ihren neuen Chef zu lästern. Karrierecoach Matthias Martens rät zu schneller Konfliktlösung.
Vorgesetzter und Mitarbeiter

Vorgesetzter und Mitarbeiter

Foto: obs/ ifm electronic gmbh

"Ich bin vor sechs Monaten innerhalb meines Teams zum Teamleiter befördert worden. Meine alte Position wurde leider nur als halbe Stelle nachbesetzt. Nun drückt mein Chef mir immer neue Themen aufs Auge, deshalb möchte ich meine alten Sachbearbeiteraufgaben an meine zwölf Kollegen abgeben und im Team verteilen. Von einigen meiner Kollegen - mit denen ich mich auch duze - wird mir nun vorgeworfen, ich würde überheblich tun und sei mir wohl 'zu fein für echte Arbeit'. Ich möchte die Freundschaft zu den Kollegen nicht verlieren, andererseits will ich mich jetzt auch um die neuen Aufgaben und Ziele kümmern, die mein Chef von mir erwartet. Wie überzeuge ich mein Team?"
Ralf B. (32)

Zum Autor

Matthias Martens, Jahrgang 1964, war zehn Jahre Personalleiter im Otto-Konzern, bevor er sich 2006 für die Selbstständigkeit entschied. Heute begleitet der Inhaber einer Outplacementberatung  als Berater und Coach vor allem Menschen in der Lebensmitte, die sich beruflich neu orientieren wollen oder müssen. Alle Kolumnen von Matthias Martens  Mail an den Coach 

Karriereberater Matthias Martens antwortet:

Hallo Ralf,

um Ihre Situation besser zu verstehen, sollten wir zunächst die Sach- von der Beziehungsebene trennen.

Die Sachebene sieht so aus: Mit der Beförderung zum Teamleiter ändern sich erwartungsgemäß Ihre Aufgaben. Besprechungen im Führungskreis, Projekt-Meetings, Fehlerbehebungen und alle erdenklichen Sonderaufgaben bestimmen nun Ihren Tagesablauf. Bei einem Team mit zwölf Mitarbeitern können Sie da kaum noch Zeit haben für "echte" Sachbearbeitung. Vermutlich steht das auch nicht in Ihrer Zielvereinbarung.

Nun zur Beziehungsebene, die weitaus komplexer ist: Unter Kollegen gibt es häufig Freundschaften. Man tauscht vertrauliche Informationen aus oder beklagt sich gemeinsam über den Chef - das ist ganz normal. Doch egal, ob man befreundet ist, weil man ähnliche persönliche Interessen und Sympathie füreinander hat, oder ob man einen weiten Bogen umeinander macht: Unter Kollegen ist man unter Seinesgleichen und begegnet sich auf Augenhöhe.

Ihre Führungsrolle ändert dieses Beziehungsgeflecht grundlegend. Was bedeutet das für Ihre Freundschaften? Ihr Ziel muss es sein, Privates und Berufliches ganz klar voneinander zu trennen. Sie müssen deshalb nicht Ihre Freundschaften aufkündigen, allerdings sollten Sie die Unterscheidung zwischen beruflichen und privaten Dingen offen mit Ihren Leuten besprechen.

Wenn Sie nämlich von jetzt an Informationen weitergeben, Aufgaben verteilen oder Kritik aussprechen, werden Ihre Mitarbeiter genau darauf achten, ob Sie Kollegen begünstigen, mit denen Sie befreundet sind. Würden Sie das tun, wäre Ihre Arbeit im Team bald erheblich belastet. Im schlimmsten Fall wäre es sogar bereits Ihr Ende als Führungskraft.

Nachdenklich stimmt mich der Vorwurf, Sie würden "überheblich tun und sich zu fein sein für echte Arbeit". Hier drücken sich Enttäuschung und das Gefühl von Abwertung aus. Möglicherweise haben Sie unbedachte Aussagen getroffen, die von den Sachbearbeitern als Geringschätzung aufgefasst wurden? Reflektieren Sie einmal, welche Ihrer Aussagen und Verhaltensweisen diese Wirkung unabsichtlich erzeugt haben könnten.

Klären Sie dringend mit Ihren Mitarbeitern die veränderten gegenseitigen Erwartungen. Fragen Sie sie: Was wünscht ihr euch von mir als Führungskraft? Und warum ist das wichtig für euch? Klar ist: Sie können es nicht allen recht machen. Sie entscheiden, welche Erwartungen Ihrer Mitarbeiter Sie erfüllen wollen - und welche nicht. Machen Sie ebenfalls deutlich, welche Erwartungen Sie als neue Führungskraft an Ihre Mitarbeiter haben.

Meine Empfehlung ist: Nehmen Sie diese weichen Faktoren nicht auf die leichter Schulter. Suchen Sie den Dialog mit Ihren Mitarbeitern und klären Sie Ihre gegenseitigen Erwartungen. Sie können das in Einzelgesprächen tun. Noch wirkungsvoller wäre ein extra dafür angesetzter Teamworkshop mit einem neutralen Moderator, der die Diskussion steuert. Ein Workshop drückt auch die Bedeutung aus, die Sie der Beziehungsarbeit geben. Sie schaffen damit eine belastbare Grundlage mit geklärten Erwartungen und stabilen Beziehungen für die anstehenden Aufgaben, die Sie nur gemeinsam als Team lösen können - jeder aus seiner Rolle heraus.

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Typologie der Bosse: Ich Chef, du nix

Foto: Dirk Schmidt
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