Tipps fürs Vorstellungsgespräch "Was sind Ihre größten Schwächen?"

Bewerbungsgespräch: Die Angst sitzt mit am Tisch - auf beiden Seiten
Foto: CorbisBei Vorstellungsgesprächen sitzt die Angst mit am Tisch - auf beiden Seiten. Nicht nur für Bewerber steht viel auf dem Spiel, auch Personaler zittern: Ist dieser Kandidat der Richtige fürs Unternehmen? Oder ruiniert er den Laden? Und kostet mich am Ende noch den eigenen Job?
Wer die sozialen und ökonomischen Hintergründe eines Jobinterviews durchschaut, nimmt der Personaler-Show den Zauber: Sie sehen sich das Spiel gewissermaßen von außen an. Sie spielen mit, gehen aber nicht unter.
Dass der Erfolg eines Vorstellungsgesprächs zu einem großen Teil von Ihrer Persönlichkeit abhängt, können Sie überall lesen. Damit wird eine Botschaft stark gemacht, die gegenüber Bewerbern geradezu unverschämt ist: "Wenn Sie im Vorstellungsgespräch scheitern, dann stimmt wohl etwas mit Ihrer Persönlichkeit nicht!"

Bewerbungspannen: 15 kuriose Missgeschicke
Fakt ist, dass sich Personaler überhaupt nicht darüber einig sind, was Persönlichkeit im Rahmen eines Vorstellungsgesprächs überhaupt bedeutet. Die einen tippen auf "Sympathie, Vertrauenswürdigkeit, Teamfähigkeit", die anderen fragen nach "Eigenschaften, Hobbys, Vorlieben", wieder andere nach "Offenheit, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit". Auf dieser Grundlage lässt sich kein Urteil über die Persönlichkeit eines Bewerbers fällen.
Wittern nach dem Stallgeruch
Personaler nehmen im Vorstellungsgespräch vielmehr eine Art Milieucheck vor. Sie wittern Ihren Stallgeruch und vergleichen diesen mit dem eigenen und mit dem im Unternehmen. Wer das richtige Markenetikett im Jackett trägt oder das richtige Auto im Hof parkt, ist da klar im Vorteil. Also ist alles nur Glückssache oder Zufall? Aus zwei Gründen nicht:
Erstens: Wir können vor dem Gespräch in Erfahrung bringen, welches Marken-Set und welcher Habitus im Unternehmen angesagt sind. Meistens haben wir das ohnehin im Gespür. Wenn nicht: Internetauftritt, Broschüren, Gebäude, Messeauftritte, Mitarbeiter unter die Lupe nehmen.
Zweitens: Wir können zwar nicht beeinflussen, wie die Spiegelneuronen unseres Gegenübers auf uns anspringen, aber wir können beeinflussen, ob sie überhaupt anspringen. Das ist entscheidender als der erste Eindruck. Und das funktioniert, indem wir bewusst einen guten Draht herstellen zu unserem Gegenüber. Vor allem durch einen direkten Blickkontakt, der Offenheit signalisiert.
Die Kriterien der Personaler sind simpel: Der Auftritt des Bewerbers muss zum Unternehmen passen. Echt und locker sein, das klingt deshalb nur im ersten Augenblick überzeugend. Im Jobinterview hat jede Frage einen Hintergrund - und eine bestmögliche Antwort. Spielen Sie das Spiel mit!
Hier unsere Spielanleitung für die fünf Lieblingsfragen der Personaler:
"Würden Sie sich bitte kurz vorstellen?"
Oder anders gefragt: "Wer sind Sie denn überhaupt?!" Der Job-Interviewer will Sie als Menschen kennenlernen. Eine Selbstpräsentation verrät viel darüber, wie ein Bewerber sich selbst einschätzt. Und es ist ein Test Ihrer Souveränität: Sind Sie in der Lage, die wichtigsten Fakten zu ihrer Person und ihrer beruflichen Qualifikation vollständig, gut verständlich und knapp zusammenzufassen?
Legen Sie sich unbedingt etwas für diese Art offener Fragen zurecht, denn dass Sie "etwas von sich" erzählen sollen, wird in jedem Fall auf Sie zukommen. Fangen Sie mit der beruflichen Seite an und erwähnen Sie erst später - wenn überhaupt - etwas aus Ihrem Privatleben.
"Was sind Ihre größten Stärken und Schwächen?"
Fangen Sie selbstbewusst mit Ihren Stärken an und geben Sie dafür konkrete Beispiele. Versuchen Sie ruhig, der fiesen Frage nach den Schwächen auszuweichen. Klappt das nicht, nennen sie einige harmlose negative Eigenschaften, die sich leicht bewältigen lassen, wie das Fehlen einer Fremdsprache. Mit dieser Frage will der Arbeitgeber testen, ob Sie begriffen haben, worauf es bei der ausgeschriebenen Stelle ankommt.
Was sich dabei im Kopf des Personalers abspielt: Hält der Kandidat sich für einen Alleskönner, der alle anderen Mitarbeiter in die Tasche steckt? (Dann wollen wir ihn nicht.) Oder hat er kein Selbstbewusstsein und traut sich die neue Stelle eigentlich gar nicht zu? (Dann wollen wir ihn auch nicht.) Oder kann er sich selbst, seine Arbeitsleistung und die Anforderungen des neuen Jobs realistisch einschätzen? (Dann kommt er in Frage.)
"Warum haben Sie sich ausgerechnet bei uns beworben?"
Der Arbeitgeber will mit dieser Frage Ihre Motivation testen. Banale Antworten sind daher tabu: "Weil ich einen Job brauche" oder "Ich habe Ihre Anzeige gesehen und gedacht, ich könnte mich ja mal bewerben". Vielmehr sollten Sie deutlich machen, dass Sie sich ausführlich mit dem Unternehmen beschäftigt haben, die Produkte und Neuheiten kennen, und dass Sie unbedingt dort arbeiten möchten. Beschreiben Sie Ihre bisherigen Joberfahrungen und ihre Ausbildung als Vorbereitung für genau diese Stelle.
"Warum sollten wir gerade Sie einstellen?"
Die Frage ist unterschwellig provokativ und meint zwischen den Zeilen: "Na, jetzt überzeugen Sie uns mal, dass Sie's drauf haben!" Lassen Sie sich nicht aus der Ruhe bringen. Bleiben Sie innerlich bei der Überzeugung, dass Sie auf die ausgeschriebene Stelle genau passen und die richtigen Fähigkeiten mitbringen.
In Ihrer Antwort sollten Sie bisher gewonnene Erfahrungen mit den Anforderungen des Jobs geschickt verknüpfen, zum Beispiel so: "Sie brauchen dieses - das habe ich in jenem Job gelernt und erfolgreich umgesetzt, indem ich dieses und jenes Projekt betreut habe." Sollten Sie in einem Bereich noch keine Erfahrung mitbringen, bekunden Sie ihr Interesse an einer Weiterbildung.
"Welche Hobbys haben Sie?"
Hier findet ein Milieucheck statt. Überlegen Sie sich genau, was Sie von sich preisgeben wollen. Wenn Sie "Marathon" sagen (das kommt in der Automobilindustrie oft gut an), dann sollten Sie tatsächlich über derartige Erfahrungen verfügen. Und wenn Sie "Golf" oder "Segeln" angeben, um sich in einer entsprechenden Gesellschaftsschicht zu verorten, dann sollten Sie Ahnung von der Materie haben. Es kann gut sein, dass Ihnen jemand mit ähnlichen Interessen gegenüber sitzt. Der merkt schnell, wenn Sie eigentlich gar nicht mitreden können.

Anne Jacoby ist freie Journalistin in Frankfurt am Main. Sie schreibt Bücher und Beiträge zu den Themen Management, Bewerbung und Persönlichkeitsentwicklung, wobei sie immer wieder Befunde aus Soziologie und Philosophie mit der Praxis der Ökonomie verbindet. Florian Vollmers ist freier Journalist in Bremen und schreibt seit zehn Jahren regelmäßig zu den Themen Wirtschaft, Bildung und Bewerbung.