Miese Vorstellungsgespräche »Warum sehe ich keinen Ring an Ihrem Finger?«
Endlich ist der Tag des Vorstellungsgesprächs gekommen. Sie haben sich gründlich darauf vorbereitet, sind im Kopf alle möglichen Fragen durchgegangen - und dann fragt der potenzielle Chef nach der Ehefrau, dem Grundschulzeugnis oder dem Verhältnis zu Ihrem Vater.
Wir hatten SPIEGEL-ONLINE-Leser aufgerufen, uns von ihren Erlebnissen in Bewerbungsgesprächen zu erzählen. Manche Anekdote ist einfach nur zum Kopfschütteln, andere sind schlicht komisch oder bizarr – oder wurden Sie schon einmal gebeten, während des Gesprächs mit einer Barbiepuppe zu spielen? Aber lesen Sie selbst:
Wenn auch Sie schon mal überrumpelt worden sind in einem Job-Interview, können Sie nun gewiss sein: Sie sind nicht allein. Auch Azubis erzählen von miesen Auswahlgesprächen und hier können Sie dreiste Job-Absagen an SPIEGEL ONLINE-Leser nachlesen.
»Zum Vorstellungsgespräch musste ich fünf Stunden mit der Bahn fahren, etwas über eine halbe Stunde zu früh kam ich an. In der Lobby der Firma gab es Sofas und Sessel – aber der Portier erlaubte mir nicht, dort zu warten. Ich war also gezwungen, auf meinen hochhackigen Schuhen und im Businessanzug um das Gebäude herumzuschleichen, bis ich kurz vor dem Gespräch endlich hineindurfte.«
Anna D.
»Nach fünf Monaten im neuen Job sah ich am Schwarzen Brett eine interne Stellenausschreibung, die mich sehr ansprach. Ich schickte per E-Mail eine Bewerbung. Am nächsten Tag wurde ich zu einem Gespräch mit der Personalchefin und der Abteilungsleiterin gebeten. Man erklärte mir, dass interne Ausschreibungen immer dann ausgehängt würden, wenn der zu befördernde Mitarbeiter schon feststehe. Alle wüssten dies, und es würde sich niemals jemand bewerben. Ich sei wohl noch zu neu dabei, daher sei mein Verhalten entschuldbar, ich solle aber in Zukunft aufpassen, da ich sonst schnell einen schweren Stand bei den Kollegen hätte.«
Daniel K.
»Wie in der Ausschreibung gewünscht, schickte ich meine Bewerbung per E-Mail direkt an den Fachbereichsleiter. Es kam eine automatisierte Abwesenheitsnotiz. Um sicherzugehen, schickte ich meine Bewerbung zusätzlich an den angegebenen Vertretungskontakt. Die Dame antwortete mir, dass sie meine Unterlagen eingehend prüfen und weiterleiten wolle, sie bitte um Geduld. Deshalb war ich schon etwas verblüfft, gleich am nächsten Morgen um 8.30 Uhr eine Antwort zu erhalten: In offensichtlich zusammenkopierten Textbausteinen erklärte sie mir, meine Dokumente einer ›sorgfältigen Prüfung‹ unterzogen zu haben und sagte ab. Eine ›sorgfältige Prüfung‹ hätte zumindest ergeben können, wie mein Nachname und mein Vorname lauten.«
Peter F.
»Ausgeschrieben war eine IT-Stelle in Hamburg. Beim Gespräch kam heraus, dass die Firma überhaupt keine Büroräume in Hamburg hatte. Die Entwickler saßen vor Ort beim Kunden – und der hatte in diesem Fall seinen Sitz in Nordrhein-Westfalen. Nachdem ich sagte, ich würde darüber erst gern mit meinem Mann reden, sagte mir der Geschäftsführer, dass eine Trennung ja auch sehr gut sein könne für eine Beziehung. Einen Mitarbeiter hätte er mal unter Tränen zu einem Kunden geschickt, obwohl der lieber bei seiner schwangeren Frau bleiben wollte. Am Ende habe er den Job so toll gefunden, dass er fast Frau und Kind vergessen habe und überhaupt nicht mehr zurückwollte. Es sei halt alles nur eine Frage, wofür man denn brennen würde.«
Helga H.
»Der Personaler eröffnete das Gespräch mit den Worten: ›Erklären Sie mir mal, warum Sie so gut Deutsch sprechen!‹ Ich dachte, ›na komisch, steht doch alles in meinem Lebenslauf: Ich bin in Deutschland geboren, habe hier die Grundschule besucht, das Gymnasium, die Uni.‹ Trotzdem reagierte ich freundlich und referierte meinen Lebenslauf. Beim zweiten Gespräch waren außer ihm noch zwei Herren aus der Fachabteilung dabei – und er beginnt mit: ›Dann erklären Sie mal den Herren, warum sie so gut Deutsch können...‹ Da habe ich dann gefragt, ob hier keiner meinen Lebenslauf gelesen hätte, bin aufgestanden und gegangen.«
Sheela B.
»Ich wurde bei einem Bewerbungsgespräch als Erzieherin in der Jugendarbeit gefragt, welche Hobbys ich habe und wohin ich gerne in Urlaub fahre. Als ich Skifahren antwortete, hieß es: ›Hmm, da haben wir schon einen Erzieher, der solch eine Freizeit anbietet.‹ Ich fragte daraufhin, an welcher Sportfreizeit die Jugendlichen denn Interesse hätten. Da hieß es: ›Wenn wir mit denen schon wegfahren, dann sollen die gefälligst machen, worauf wir Lust haben.‹ Dort wollte ich dann nicht arbeiten und habe das Gespräch abgebrochen.«
Isabell B.
»Auf dem Tisch standen noch Kaffee und Kuchen, wahrscheinlich aus einem vorherigen Meeting. Der Chef stellte sich kurz vor und bot mir etwas an. Ich verneinte. Er nahm sich ein dickes Stück Kuchen und meinte zu mir, er sei jetzt auf Diät. Allerdings sprach er es etwas eigenartig aus. Als ich ihn verwundert anschaute, lachte er, kniete sich auf den Boden, legte den Teller mit dem Kuchen vor sich und biss hinein. Vor Lachen krümmend erklärte er noch einmal: Verstehen sie: ›Ich ess op die Äd.‹ (Übersetzung aus dem Aachener Platt: Ich esse auf der Erde.) Ich habe den Job trotzdem genommen.«
S.
»Ich war zu einem Assessment-Center in einer Agentur geladen, die sich auf strategische Kommunikationsberatung spezialisiert hatte. Nach einem kurzen Gespräch mit dem Geschäftsführer mussten wir ein Kurzkonzept für einen möglichen Kunden schreiben. Im anschließenden Einzelgespräch sagte man mir, man könne leider kein strategisches Talent erkennen. Auf meine Nachfrage, was sie sich denn genau erhofft hätten und wie ich mich gegebenenfalls entwickeln könne, kam die lapidare Antwort, das könne man mir nicht sagen, denn strategisches Talent sei angeboren.«
Carola B.
»Ich wollte eine handwerkliche Ausbildung machen. Nachdem ich mich erfolglos bei Tischlereien beworben hatte, weitete ich den Kreis aus und bewarb mich unter anderem bei Malereien. Und tatsächlich wurde ich von einem Malerbetrieb zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Voller Freude ging ich hin. Auch mein Gegenüber war sehr gut gelaunt: Er sei neugierig, was für eine Frau sich für einen Ausbildungsplatz zur Malerin bewerbe. Natürlich käme ich nicht infrage, aber dafür könne er mir einen Ausbildungsplatz zur Bürokauffrau im gleichen Betrieb anbieten. Ich habe dankend abgelehnt.«
Jana E.
»Im Bewerbungsgespräch erzählte die Leiterin der Sales-Abteilung, dass man in dem Job gelegentlich ihre Kollegen zu Terminen begleiten würde und korrigierte sich dann damit, dass es eigentlich alles Kolleginnen seien. Ich fragte, ob das Sales-Team also fest in weiblicher Hand sei, worauf sie geradezu reflexartig sagte: ›Ja, und die Entscheidungen treffen bei uns die Männer.‹ Der ebenfalls anwesende Geschäftsführer bemerkte meine Irritation und fügte hinzu, dass man in dem Unternehmen aber immerhin 40 Teilzeitmütter beschäftige. Da mein Karriereziel nicht in einer Teilzeitmutterschaft (was soll das überhaupt sein?) lag und immer noch nicht liegt, habe ich den zweiten Termin abgesagt.«
Sonja V.
»Ich war Anfang 20 und arbeitete als Sekretärin für eine Zeitarbeitsfirma. Eines Tages wurde ich von jetzt auf gleich von einem Auftrag abgezogen und sollte direkt zu einem Kunden, dessen Assistentin fristlos gekündigt hatte. Ich stellte mich vor, zeigte meinen Lebenslauf, wurde herumgeführt und sollte gleich anfangen. Nach zwei Stunden hieß es jedoch: Fahren Sie bitte zum Büro der Agentur zurück. Dort sagte man mir, die Personalabteilung sei von meiner Qualifikation beeindruckt, der CEO wolle aber ausdrücklich eine Assistentin haben, die mindestens 1.80 m groß und blond sei, sonst könne er nicht mit ihr arbeiten.«
Andrea A.
»Bei einem Vorstellungstermin führte mich das geschäftsführende Ehepaar durch die völlig menschenleeren Geschäftsräume. Ich wunderte mich, wo denn die Kollegen seien. Beide erklärten mir völlig selbstsicher, dass sie Ärger mit den ehemaligen Angestellten gehabt hätten und deshalb alle 15 auf einmal entlassen mussten. Nun würden sie neue, bessere Mitarbeiter suchen. Als ich mich dann mit den Worten verabschiedete, dass das doch nichts für mich wäre, stieß ich auf völliges Unverständnis.«
Jochen P.
»Als ich mich 1995, also nur ein paar Jahre nach dem Mauerfall, bei einer großen deutschen Chemiefirma vorstellte, fragte mich einer der Chefs: ›So, so, Sie stammen also aus der DDR -- wo haben Sie eigentlich so gut Deutsch gelernt?‹ Das machte mich erst mal komplett sprachlos, sowohl auf Deutsch als auch auf Ostdeutsch.«
Jens S.
»Ich wurde in der Probezeit von einem anderen Unternehmen abgeworben. Circa drei Monate später erhielt ich per E-Mail eine Absage – für den Job, den ich selbst gekündigt hatte. Mein ehemaliger Arbeitgeber hatte die Stelle wohl neu ausgeschrieben und alte Bewerbungen nicht gelöscht.«
Julian F.
»Ich hatte mich als Auszubildende zur Rechtsanwaltsfachangestellten beworben. Im Vorstellungsgespräch wurde mir als erstes gesagt, dass man als Azubi nur ein Unkostenposten sei und netterweise trotzdem bezahlt werde. Getoppt wurde das mit der Aufforderung, das Ferienhaus des Chefs zu googeln und alle Bilder auf Facebook zu liken, um bei ihm einen Stein im Brett zu haben. Am nächsten Tag habe ich höflich per E-Mail meine Bewerbung zurückgezogen.«
Wiebke W.
»Ich hatte mich auf dieses Vorstellungsgespräch wirklich sehr gut vorbereitet. Außer mir waren der Personalleiter, eine Abteilungsleiterin und ein Teamleiter anwesend. Ich saß mit dem Rücken an der Tür. Der Anfang war gewöhnlich. Der Personalleiter hielt einen endlosen Monolog über die Firma, dann verließ er den Raum. Nun sollte ich wieder über mich erzählen. Plötzlich und völlig unerwartet knallte hinter mir richtig laut die Tür zu. Ich erschrak mäßig. Dann verschwand auch der Teamleiter. Zusammen mit dem Personaler kam er zurück: Ich sei nicht schreckhaft, einer Einstellung stehe nun nichts im Wege. Nach diesem Gespräch hörte ich wochenlang nichts mehr von der Firma – bis ich meine Bewerbungsunterlagen zurückforderte.«
Petra F.
»Nach meiner Bewerbung bekam ich eine E-Mail: ›Herzlichen Dank für die Bewerbungsunterlagen und Ihr Interesse sowie das sehr angenehme und nette Gespräch.‹ Schade nur, dass ich gar nicht eingeladen worden war.«
Philipp J.
»Ich hatte mich auf einen Ausbildungsplatz beworben und bekam eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch – mehr als ein Jahr nach der Bewerbung.«
Anja R.
»Mein Gesprächspartner arbeitete offensichtlich einen Fragenkatalog ab und war nicht sehr erfahren im Führen von Vorstellungsgesprächen. Eine Frage kündigte er mir an mit ›ich werde Sie jetzt etwas fragen, das ich Sie nicht fragen dürfte‹. Meine Antwort war, ›Sie werden mich jetzt fragen, ob ich schwanger bin. Ich werde mit nein antworten und Sie dürfen sich überlegen, ob Sie mir glauben oder nicht‹. Letztlich bekam ich die Stelle angeboten, habe sie aber nicht angenommen.«
Birgit B.