
Job-Entscheidungen Davon träumen ehrgeizige Studenten

Eine herausfordernde Aufgabe bei einem erfolgreichen Arbeitgeber mit netten Kollegen in München. Arbeitszeiten? Egal. So sieht der Traumjob aus, jedenfalls aus der Perspektive von überdurchschnittlichen Studenten wirtschaftsnaher Studiengänge. Das legt eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey und des Karrierenetzwerks e-fellows.net nahe, für die knapp 6000 e-fellows-Stipendiaten befragt wurden.
Für die befragten Studenten spielen die der Generation Y gern zugeschriebenen Werte kaum eine Rolle. So geben sie zwar an, dass ihnen bei der Wahl des Arbeitgebers eine Balance von Berufs- und Privatleben sehr wichtig sei. Doch bei den tatsächlichen Entscheidungskriterien fällt die Work-Life-Balance glatt hinten runter: Hier rangiert das ausgewogene Leben und Arbeiten auf Platz 19. Von 19.
Ist in der Generation Y etwa ein neuer Pragmatismus ausgebrochen? Verkauft sie am Ende doch ihre Werte, solange Gehalt und Image stimmen?
Die Ergebnisse der Studie sind nicht repräsentativ: In das e-fellows-Netzwerk wird nur aufgenommen, wer sehr gute akademische Leistungen, Praktika und Auslandsaufenthalte vorweisen kann und sich zudem noch außerhalb des Studiums engagiert. Knapp ein Drittel der Befragten sind Wirtschaftswissenschaftler, ein Fünftel Juristen; weitere 19 Prozent studieren Mathe, Informatik, Physik oder Ingenieurwissenschaften. Geisteswissenschaftler sind lediglich zu acht Prozent vertreten. Anders ausgedrückt: Befragt wurde der typische Unternehmensberaternachwuchs.
Thomas Fritz, Personaldirektor bei der Unternehmensberatung McKinsey und Mitautor der Studie, ist wenig von den Ergebnissen überrascht: "Die Generation Y ist anspruchsvoll, und sie wählt den Weg, der sie persönlich weiter bringt. Gleichzeitig denkt sie in kurzen Zeiträumen von etwa drei Jahren." In diesen ersten Berufsjahren sei es den jungen Leuten eben wichtiger, herausfordernde Aufgaben zu lösen, als viel Freizeit zu haben. Wer heute einen Job beginne, suche nicht mehr die Anstellung auf Lebenszeit: "Die Einsteiger sind loyal der Erfahrung gegenüber, nicht dem Unternehmen."
Ausland? Och nö, eher nicht
Tatsächlich haben fast alle befragten Studenten bei den Gründen für die Wahl eines Arbeitgebers "Chancen auf dem Arbeitsmarkt" und "fachliche Weiterentwicklung" genannt: Jeder Job ist auch deshalb gut, weil er für den nächsten qualifiziert. Ein "sicherer Arbeitsplatz" ist für die ambitionierten Studenten kein entscheidendes Kriterium. Dieses Stichwort belegt vor Work-Life-Balance den vorletzten Platz im Ranking. Auch das Thema Gehalt rangiert auf den hinteren Plätzen.
Für die Arbeitgeber bedeutet das eine Umstellung: Klassische Motivatoren wie Geld oder eine langfristige Perspektive ziehen kaum, wenn man Top-Absolventen anwerben und halten will. Wichtiger ist der Standort des Unternehmens.
Die befragten Studenten wollen später am liebsten in Deutschland arbeiten, gefolgt von der Schweiz und Österreich. Weg von daheim zieht es immer weniger: Kaum die Hälfte (47 Prozent) der Befragten bewertet es als attraktiv, im nicht-deutschsprachigen europäischen Ausland zu arbeiten. Wenn es denn sein muss, sind die Favoriten Großbritannien, Skandinavien, die Benelux-Staaten, Frankreich und Spanien. Die Schlusslichter bilden Italien und Osteuropa.
Großstädte ab 500.000 Einwohnern sind besonders gefragt, allen voran München, Hamburg, Berlin und Frankfurt. Städte unter 100.000 Einwohnern sind für sechs von zehn Befragten unattraktiv, ländliche Regionen werden sogar von 75 Prozent abgelehnt.
Ein schweres Los für Mittelständler und andere Firmen in der Peripherie. Die versuchen oft Talente zu begeistern, indem sie frühzeitig an nahegelegenen Universitäten werben, so McKinsey-Mann Fritz. Eine sinnvolle Strategie: Laut Umfrage kann sich die Hälfte der Teilnehmer gut vorstellen, in der Nähe ihres derzeitigen Studienortes zu arbeiten.
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Wo wollt ihr später arbeiten? Das haben die Unternehmensberatung McKinsey und das Karrierenetzwerk e-fellows.net knapp 6000 Mitglieder des Netzwerks befragt. Die meisten studieren Wirtschafts- und Naturwissenschaften, alle haben herausragende Leistungen und Auslandsaufenthalte vorzuweisen. Was sie suchen: eine Herausforderung bei einem erfolgreichen Unternehmen, Arbeitszeit egal.
Wohin? Hoch im Kurs bei den Elitestudenten liegen als Arbeitsorte München, Hamburg und Berlin.
Work-Life-Balance ist den befragten Studenten wichtig. Aber nur theoretisch.
Im Vergleich mit anderen Stichpunkten liegt die Balance von Berufs- und Privatleben auf Platz 19 - von 19.
Die Andersmacher Die vielbesungene "Generation Y" sucht nach Sinn und Lebensglück. Zu den klassischen Vorstellungen von Karriere will das nicht recht passen. Gehälter sind vielen nicht so wichtig, Statussymbole erst recht nicht. Mehr... Hier sagen Berufsstarter, was für sie im Job und im Leben zählt.
Ausbrechen, neu anfangen, glücklich werden. Tu einfach, worauf du Lust hast - ist es wirklich so einfach? Leider nicht immer.
Von links nach rechts:
Saralisa Volm, 27, Schauspielerin: "Ich liebe Abwechslung, probiere gern aus und finde Neues. Schauspielerei ist daher ein traumhaftes Berufsfeld. Karriere ist nicht so wichtig, eher Erfolge: kleine und große."
Malte Rodig, 28, Diplom-Ingenieur und Flugschüler bei der Lufthansa: "Klingt erst mal bekloppt: Job cool, Chef cool, Kollegen cool, Firma cool, Geld cool - und ich schmeiß alles hin und haue ab. Aber ich bereue nichts. Sonst hätte ich immer vom Pilotendasein geträumt."
Odessa Legemah, 33, Autorin mit Lehrauftrag an der Kunsthochschule Esmod: "Meine Wünsche und Träume haben definitiv eine übergeordnete Rolle im Leben und geben mir wichtige Impulse, die auch meine Karriere beeinflussen."
Laura Ewert, 31, Journalistin und Autorin: "Ich wünsche mir: ein Büro, in dem ich Musik hören kann, Kollegen und Vorgesetzte, von denen ich etwas lernen kann, guten Kaffee, gutes Geld - und dass jeder Tag anders ist als der davor."
Nina Ebert, 29, backt Kuchen und serviert im Kölner Café Miss Päpki: "Irgendwann möchte ich eine eigene Backstube haben, irgendwo auf dem Land, am liebsten mit angeschlossener Pension. Ich könnte Bienen halten - und die Gäste bekämen zum Frühstück selbstgemachten Honig."
Franziska Roscher, 27, PR-Managerin bei dem Devisenbroker Admiral Markets: "Ich wollte in Mumbai bleiben, unbedingt. Ich sitze in Indien, meine Kollegen in Tallinn, Lissabon, London und Madrid. Klappt wunderbar - weil wir uns vertrauen."
Von links nach rechts:
Phillipp Sonntag, 25, studiert Soziale Arbeit in Berlin: "Mein Beruf sollte nicht so viel Raum einnehmen. Ich möchte Zeit haben für meine Hobbys. Außerdem erwartet meine Freundin ein Kind - darauf freue ich mich sehr."
Celeste Mackeprang, 25, Tänzerin, Moderatorin: "Mein Traumjob muss ins Hier und Jetzt passen - er kann sich also auch über die Zeit verändern. Glücklichsein ist mein Ziel."
Eliza Altenhof, 24, studiert Vergleichende Literatur- und Kunstwissenschaft in Potsdam: "Ich weiß, dass es in der Kulturarbeit schwer ist, einen guten Job zu finden, von dem man leben kann. Aber ich brenne für das, was ich tue - und bin darin auch gut. Deshalb hoffe ich, trotz der schlechten Aussichten einen tollen Job zu finden."
Eike von Stuckenbrok, 24, Artist: "Ich habe immer alles ausprobiert, worauf ich Lust hatte - und das hat erstaunlich gut geklappt. Ich lebe meinen Beruf."
Nele Follin, 29, Inhaberin des Restaurants I EAT YOU in Berlin: "Ich bin selbständig. Manchmal arbeite ich mehrere Wochen durch - und freue mich dann umso mehr, einige Zeit frei zu haben, um über neue Ideen und Projekte nachzudenken."
Von links nach rechts:
Russi Klenner, 29, studiert Jura und organisiert Kunstausstellungen: "Wichtig ist mir ein glückliches Familienleben. Ich möchte jederzeit für meine Tochter da sein."
Marcel Siewert, 25, studiert Wirtschaftsingenieurwesen und engagiert sich bei dem Verein Viva con Agua: "Im besten Fall habe ich keinen Beruf, sondern eine Berufung. Dann ist es auch egal, wenn sich Überstunden anhäufen. Neben dem Studium arbeite ich 35 Stunden, einen Teil davon ehrenamtlich. Das erfüllt mich."
Von links nach rechts:
Nora Kato, 31, Kreativdirektorin der Strategieberatung Complementary Minds: "Mein Jobtitel ist mir egal, der ist fürs Papier. Geld ist mir da schon wichtiger: Es ermöglicht mir Flexibilität und Unabhängigkeit - solange man sich nicht vom Geld abhängig macht."
Stefan Lang, 29, früher Wirtschaftsprüfer, jetzt kaufmännischer Vorstand des Kita-Betreibers Itzebitz: "Klar verdiene ich heute weniger. Aber wenn ich mir anschaue, was eine Erzieherin bekommt, dann ist Jammern echt nicht angebracht."
Robert Giebel, 28, Koch: "Karriere: am Arsch. Leidenschaft bestimmt, was ich mache. Essen, Farben, Gerüche, Formen, Geschmack. Der Stress, der Schweiß und der Schnaps danach - man muss es lieben. Ich kann mir nicht vorstellen, einen Job zu haben, der mir keinen Spaß macht. Egal, wie viel Geld man mir bietet: Dafür würde ich nicht aufstehen."
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