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Job & Karriere

Mama-Blogs Business in der Baby-Nische

Sie stillen, wechseln Windeln, planen Kindergeburtstage. Sie führen Interviews, schreiben Artikel, fotografieren. Immer mehr Mütter starten Blogs - zum Teil richtig lukrative.

Immer wenn sie oder ihr Mann die Kinder ins Bett gebracht hatten, begann Leonie Lutz mit der Arbeit. Fast jeden Abend, fast jedes Wochenende schuf sie sich selbst einen neuen Job. Die Kölnerin zog ihren Blog MiniMenschlein.de auf, kreierte ihre eigene Marke und integrierte einen Onlineshop. Alles von zu Hause aus. "Das erste Jahr war hart", sagt sie.

Eigentlich wollte sie ihre kleine Tochter mit einem Jahr in die Kita geben, fand aber keinen Platz. Zur gleichen Zeit wurde ihr klar, dass sie mit zwei Kindern nicht weiter als freie Redakteurin für Zeitschriften und fürs Fernsehen arbeiten konnte: zu viele Abendtermine, zu wenig Homeoffice.

Lutz wollte aber trotz des zweiten unfreiwilligen Elternjahrs wieder Geld verdienen und weil sie sich mit digitalen Formaten und dem Schreiben gut auskannte, kam ihr die Idee für einen Blog.

Seit mehr als zwei Jahren bloggt sie nun darüber, wie man Kinderzimmer einrichtet, Geburtstage plant oder bunte Partykuchen backt. Schon nach drei Monaten verdiente sie mit dem Blog zum ersten Mal Geld. "Es waren zwar nur 50 Euro, die ich für eine Verlosung auf der Seite erhielt, aber das hat mich total motiviert."

Schon nach einem Jahr konnte Lutz gut von den Einnahmen leben. Sie verdiente in etwa so viel wie zuvor als freie Redakteurin, sagt sie. Wie viel genau, das möchte sie nicht preisgeben. Doch es gebe Kunden, die einen vierstellligen Betrag für einen Blogbeitrag zahlten.

Unternehmen lassen Blogger für sich sprechen

Rund 2000 Mama-Blogs gibt es in Deutschland und es werden mehr. "Für Unternehmen wird es immer wichtiger, mit Bloggern zu werben", sagt Ralf Kreutzer, Professor für Marketing an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin. "Blogger erreichen spezielle Zielgruppen, an die Unternehmen mit den klassischen Medien nicht mehr oder nur schwer herankommen."

So arbeiten zum Beispiel Hersteller von Babyprodukten wie Alvi, Lillydoo oder Ergobaby mit Eltern zusammen, die bloggen. Auch der Naturkosmetikkonzern Weleda setzt auf diese Art der Werbung: "Über Blogger gelingt es uns, auf einem sehr authentischen und emotionalen Weg an unsere Zielgruppe heranzutreten", sagt Sprecherin Claudia Schiller-Hock. Als Meinungsträger seien Blogger bei Lesern sehr glaubhaft.

Erfolgreich mit einer Nische

Redakteurin Miriam Wiederer aus Hamburg gründete vor rund anderthalb Jahren mit zwei anderen Müttern die Seite Echtemamas.de . Die drei Frauen fingen mit einer Facebook-Seite an, für die sie einen Namen und ein Logo entwarfen und dort erst einmal nur Sprüche und Videos posteten und teilten.

"Als wir nach weniger als sechs Monaten 100.000 Follower hatten, merkten wir, dass wir einen Nerv getroffen hatten", sagt Wiederer. Sie bauten eine eigene Website und eine eigene Redaktion auf und konnten damit beginnen, über Werbung Geld einzunehmen.

Aus echtemamas.de wurde ein Startup, das sich durch Content Marketing finanziert. Kunden bezahlen das Team dafür, Produkte vorzustellen und diese bekannt zu machen, sei es über Facebook-Posts, Videos oder Anzeigenartikel. Wie viel Geld das ist, möchte Wiederer nicht sagen.

Besonders erfolgreich sind offenbar Blogger, die eine Nische gefunden haben, zum Beispiel den Alltag mit Zwillingen, den Urlaub mit Kindern oder die Rechte von Müttern. "Die Nische sollte den eigenen Interessen entsprechen, man sollte eine Leidenschaft für die Themen mitbringen", sagt die Kommunikationsreferentin und Bloggerin Sophie Lüttich.

Vom Bloggen allein leben, das können aber die wenigsten: Die erfolgreichen Blogger würden Vorträge halten, Seminare geben und Bücher veröffentlichen, sagt Lüttich. Oder sie würden von Firmen als Autoren oder Fotografen etwa für den Internetauftritt des Unternehmens gebucht.

Ständig online sein

Das kennt auch Isa Grütering, die vor acht Jahren den Blog Hauptstadtmutti.de  startete. Sie hat ein Buch geschrieben, hält Vorträge, gibt Workshops und verkauft auf ihrem Onlineshop T-Shirts, Taschen und Pins. Die Bloggerin findet ihre derzeitige Arbeit spannender als den Job in einer Agentur, den sie vorher hatte und in der Elternzeit verlor.

Aber die Arbeit sei auch wesentlich anstrengender, sagt Grütering. Sie müsse sehr oft online sein, einen richtigen Feierabend habe sie nicht. Sie fürchtet, dass sie Leser verlieren könnte, wenn sie sich länger nicht um die Seite kümmern würde.

Vor ein paar Monaten ist Grütering zum dritten Mal Mutter geworden. Doch eine Pause macht sie nicht - und Elterngeld hat sie auch nicht beantragt. "Denn um Elterngeld zu bekommen, müsste ich den Onlineshop schließen und mit meinem Business aufhören", sagt sie. Das Elterngeld wird mit dem Verdienst verrechnet - und dann würde für sie nichts mehr übrig bleiben, sagt Grütering. Außerdem müsse sie so viel verdienen, dass sie auch ihre Freelancer bezahlen kann.

Bloggerin Leonie Lutz

Bloggerin Leonie Lutz

Foto: Privat

Auch Leonie Lutz von MiniMenschlein  hat das Gefühl, dass sie mehr als früher arbeitet. Sie hat bereits eine Minijobberin engagiert, die ihre Buchhaltung und Recherche macht und den Onlineshop führt. Aber das Kreative kann sie nicht aus der Hand geben: "Die Leute möchten ja lesen, was ich schreibe und wie ich schreibe. Ein Blog lebt durch Persönlichkeit. Würde jemand anderes schreiben, wäre das verfälscht", sagt sie.

Leonie Lutz kann sich vorstellen, noch einige Jahre zu bloggen und ihre Marke MiniMenschlein weiter auszubauen. Dabei trennt sie ganz klar den Alltag von der Arbeit: "Wir haben zu Hause alle Probleme mit der Familie, mit Schlafmangel, aber auf meinem Blog ist die Welt meistens in Ordnung", sagt Lutz. Sie würde nämlich nie Bilder von unaufgeräumten Kinderzimmern, schmutzigem Geschirr oder Wäschebergen posten. Das wäre zu privat.

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