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Madeleine Leitner

Tipps von der Karriereberaterin Wie komme ich aus der Negativnummer raus?

Madeleine Leitner
Ein Gastbeitrag von Madeleine Leitner
Marcel ist Jurist und Datenschutzbeauftragter – und hat es satt, immer nur zu streiten und der Bremser zu sein. Wie findet man Freude an einer Rolle, von der andere nur genervt sind?
Es gibt Jobs, die andere wütend machen – das gehört einfach dazu. Oder?

Es gibt Jobs, die andere wütend machen – das gehört einfach dazu. Oder?

Foto: Istoma / iStockphoto / Getty Images

Marcel, 38 Jahre, fragt: »Ich bin Jurist und halte mich für einen umgänglichen und verträglichen Zeitgenossen. Mir war bei der Berufswahl nicht klar, dass ich es eigentlich immer nur mit negativen Themen, Streit und Klagen zu tun habe. Vor einer Weile habe ich mich daher für eine Tätigkeit im Bereich Datenschutz entschieden. Jetzt habe ich allerdings den Eindruck, dass mich meine Kollegen wie einen lästigen Bremser behandeln. Wie komme ich bloß aus dieser negativen Nummer raus?«

Zur Autorin

Madeleine Leitner ist Diplom-Psychologin und arbeitete als Therapeutin in Kliniken, als Gerichtsgutachterin und Personalberaterin für große Konzerne. Seit mehr als 20 Jahren unterstützt sie ihre Klienten bei der Gestaltung ihrer beruflichen Zukunft. E-Mail an karriere.leserpost@spiegel.de schreiben   Stichwort Madeleine Leitner 

Lieber Marcel,

wie Ihnen geht es Menschen auch in anderen Berufsgruppen. Es gibt Jobs, die bei den meisten Zeitgenossen wenig Begeisterung auslösen: Wer freut sich schon über die berüchtigten »Knochenschaber« mit ihren Sparprogrammen, die Steuerbehörde, das Qualitätsmanagement, den Zahnarzt oder – wie in Ihrem Fall – den Datenschutz mit seiner Defensivkultur und der Flut von Vorschriften und Regulierungen? Erst auf den zweiten Blick sehen die Betroffenen – wenn auch meist widerwillig – ein, dass diese Berufe doch eine Daseinsberechtigung haben.

Natürlich kann man sich manchmal des Eindrucks nicht erwehren, dass es Vertreter gibt, die ihre Machtposition ausgesprochen genießen. Die sich bewusst darum bemühen, ihre Mitmenschen mit maximalem Genuss zu drangsalieren. Es gibt aber auch andere, die einfach ein dickes Fell haben. Manchen macht ihre schwierige Rolle nichts aus, weil sie diese für sinnvoll und nützlich halten. Andere wie Sie leiden aber unter ihrer negativen Rolle. Aus psychologischer Sicht sind dafür besonders Menschen prädestiniert, die biografisch bedingt schon immer Außenseiter oder Sündenböcke waren. Die meisten Menschen bevorzugen es nämlich, wenn sie bei ihren Kollegen keine Fluchtreflexe, sondern ein Lächeln auslösen.

Sie haben es selbst in der Hand, wie Sie Ihre Rolle konkret auslegen. Nehmen wir ein Beispiel: Ein Kind wird von seinen nichts ahnenden Eltern auf den Weg in die Schule geschickt. Dort angekommen, wird es immer wieder aus irgendwelchen Gründen vom Hausmeister gestoppt und zurückgeschickt. Einmal hat es kein Butterbrot dabei (der Kiosk ist heute geschlossen). Dann ist seine Jacke zu dunkel (es könnte ja im Straßenverkehr übersehen und angefahren werden). Später fehlt der Name auf dem Turnbeutel (es könnte ja zu Verwechslungen kommen). Und so weiter.

Erst nach einigen frustrierenden Rückschlägen darf das Kind endlich mit einiger Verspätung seinen Weg zum Unterricht antreten. Die Stimmung der Eltern ist durch die »Schikanen« deutlich getrübt. Das Kind fühlt sich als hilfloses Opfer sinnloser Machenschaften. Die Lehrer sind sauer, weil das Kind zu spät zum Unterricht erscheint. Und der Hausmeister ist frustriert, weil er sich ständig so unbeliebt macht.

Hätte der Hausmeister auch anders handeln können? Aber ja! Er hätte den Eltern vorab eine Liste schicken können mit Hinweisen, worauf sie achten müssen. Er hätte auch erklären können, warum er diese Dinge beachten muss. Die Eltern hätten die Notwendigkeit eher akzeptiert und mehr Verständnis für ihn aufgebracht. Er hätte ihnen auch Kontaktdaten für Rückfragen geben können. Darüber hinaus hätte er der Schulleitung Feedback geben können über die Auswirkung ihrer Regelungen an der praktischen Front: Welche Regeln haben sich bewährt? Welche sind verbesserungsfähig, welche überflüssig und welche könnten stattdessen Sinn ergeben? So hätte auch die Schulleitung die Möglichkeit, von seinen Erfahrungen zu profitieren und ihr Verhältnis zu den Eltern und Schülern zu verbessern.

Was bedeutet das für Sie? Aus Ihrer Rolle heraus entstehen zwangsläufig bei den Betroffenen negative Auswirkungen, wie ein erhöhter Aufwand, Kosten oder frustrierende Wartezeiten. Statt sich auf die Suche nach Schwachstellen und Lücken zu fokussieren, könnten Sie den Betroffenen im Vorfeld aufzeigen, wie sie selbst einen Beitrag für eine reibungslose Zusammenarbeit leisten können. Vorbeugen ist bekanntlich immer besser als bohren. So können Sie vom ungeliebten Problemfall zum Partner und gefragten Problemlöser mutieren. Für Ihre konkrete Tätigkeit bedeutet das: Helfen Sie den Kollegen, in der komplexen Gemengelage Lösungen zu finden, statt ihnen zu erklären, was alles nicht funktioniert.

Probleme zu vermeiden, ist allerdings auch das Bestmögliche, was man in einer Rolle wie der Ihren erreichen kann. Der Erfolg eines Torwarts ist es, Tore zu verhindern. Wenn Sie aber im Grunde Ihres Herzens eigentlich Torjäger sind, werden Sie als Torwart auf Dauer frustriert sein. Dann sollten Sie sich doch einmal grundlegendere Gedanken machen.

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