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Doris Brenner

Mitten in der Krise arbeitslos Wie soll ich mit über 50 noch einen neuen Job finden?

Doris Brenner
Ein Gastbeitrag von Doris Brenner
Der Firma geht es schlecht, Sachbearbeiterin Dilek verliert ihren Job – mit 54 Jahren. Das muss nicht das Ende des Arbeitslebens sein: Karrierecoachin Doris Brenner erklärt, worauf es jetzt ankommt.
Auch wenn Ihnen die aktuelle Situation im Moment große Sorgen macht und Ihre Stimmung drückt: Blicken Sie nach vorn, nehmen Sie Unterstützung an, weiten Sie Ihren Blick für potenzielle Arbeitgeber.

Auch wenn Ihnen die aktuelle Situation im Moment große Sorgen macht und Ihre Stimmung drückt: Blicken Sie nach vorn, nehmen Sie Unterstützung an, weiten Sie Ihren Blick für potenzielle Arbeitgeber.

Foto: Ezra Bailey / Stone RF / Getty Images

Dilek, 54 Jahre, schreibt: »Ich bin seit 15 Jahren bei meinem derzeitigen Arbeitgeber im Kundenservice als kaufmännische Sachbearbeiterin beschäftigt. Jetzt wurde mir aufgrund der schlechten Geschäftslage gekündigt. Habe ich denn in der aktuellen Situation und in meinem Alter überhaupt noch eine Chance auf dem Arbeitsmarkt?«

Liebe Dilek,

die Kündigung war sicherlich ein Schock für Sie, zumal Sie schon so lange bei Ihrem Arbeitgeber beschäftigt sind.

Rechtliche Situation zunächst klären

Ich gehe davon aus, dass Sie sich anwaltlich haben beraten lassen, ob die Kündigung überhaupt rechtmäßig ist oder Sie sich mittels einer Kündigungsschutzklage dagegen wehren sollten. Generell sollten Sie sich über Ihre Rechte informieren. Über das Bürgertelefon Arbeitsrecht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales können Sie unter der Telefonnummer 030 221 911 004 kostenlos rechtliche Auskünfte bekommen.

Wichtige Faktoren für Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt

Wenn Ihnen tatsächlich gekündigt wird, gilt es nun konkret zu schauen, welche Möglichkeiten sich Ihnen auf dem Arbeitsmarkt bieten. Diese hängen von mehreren Faktoren ab. Lassen Sie uns dazu einige wichtige Aspekte näher beleuchten:

  • Ihre Qualifikation: Welche Ausbildung(en) haben Sie? Haben Sie sich in den vergangenen Jahren weitergebildet? Verfügen Sie über Kenntnisse, die Sie sich außerhalb Ihrer Berufstätigkeit angeeignet haben und die Sie bei einer zukünftigen Tätigkeit möglicherweise nutzen können?

  • Ihre Berufserfahrung: Sie schreiben, dass Sie als kaufmännische Sachbearbeiterin im Kundenservice tätig sind. Haben Sie einschlägige branchenspezifische Erfahrungen? Verfügen Sie über spezifische Kenntnisse und Erfahrungen, die Sie für andere Arbeitgeber besonders attraktiv machen?

  • Ihre regionale Positionierung: Sofern Sie in einem wirtschaftsstarken Ballungsgebiet leben oder aber nicht ortsgebunden sind, wird das die Jobsuche positiv beeinflussen.

  • Ihre Kontakte: Verfügen Sie über ein Kontaktnetzwerk in Ihrem Arbeitsumfeld?

  • Ihr gesundheitlicher Zustand und Ihre Persönlichkeit: Ihr biologisches Alter sagt nur begrenzt darüber etwas aus, wie gesund, leistungsfähig und flexibel Sie ist. Ich kenne genügend Menschen auch mit über 60, die nach wie vor Leistungsträger sind, und junge Mitarbeiter, die man zum Jagen tragen muss, wie es so schön heißt. Auch der Grad Ihrer Offenheit, nochmals eine neue Aufgabe zu übernehmen oder sich in ein neues Arbeitsteam einzufinden, wird Einfluss auf Ihre Chancen haben.

Den Arbeitsmarkt und Anforderungsprofile analysieren

Auch in der aktuellen Situation finden Menschen neue Jobs. Denn es gibt durchaus Branchen, die sogar einen verstärkten Mitarbeiterbedarf haben. Ein Beispiel ist der Gesundheitsbereich. Dort gibt es auch viele kaufmännische Aufgaben. Beschäftigen Sie sich mit dem Arbeitsmarkt, schauen Sie sich Stellenanzeigen an und analysieren Sie, welche Qualifikationen gefordert werden und welche Ihnen derzeit noch fehlen, um Ihr Profil zu erweitern.

Die Zeit für Weiterbildung nutzen

Nutzen Sie die Zeit, um sich zielgerichtet weiterzubilden. Über die Arbeitsagentur können Sie dafür einen Bildungsgutschein bekommen. Das setzt voraus, dass Sie zuvor ein Beratungsgespräch geführt haben. Bereiten Sie sich darauf gut vor! Wenn Sie anhand von konkreten Stellenausschreibungen belegen können, dass die entsprechenden Qualifikationen vorausgesetzt werden, erhöhen Sie Ihre Chancen auf Genehmigung einer entsprechenden Weiterbildung. Bei der Auswahl der Bildungsträger sollten Sie auch darauf achten, ob diese Kontakte zu potenziellen Arbeitgebern haben, die Sie für eine Bewerbung nutzen können.

Kontakte spielen eine wichtige Rolle

Wenn wir schon beim Thema Kontakte sind: Gerade im fortgeschrittenen Alter sind die Bewerbungschancen über Empfehlungen deutlich höher als über den offenen Stellenmarkt. Wer Sie kennt und Ihre Arbeitshaltung zu schätzen weiß, den wird Ihr Alter nicht hindern, Sie einzustellen. Gehen Sie daher offen mit der Situation um. Es ist kein Makel, aufgrund von wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seinen Job zu verlieren. Je mehr Menschen aus Ihrem persönlichen wie beruflichen Umfeld wissen, dass Sie sich beruflich neu orientieren, um so wahrscheinlicher ist es, dass sich darüber ein Ansatzpunkt ergibt.

Offen sein für Neues

Auch wenn Ihnen die aktuelle Situation im Moment große Sorgen macht und Ihre Stimmung drückt, begehen Sie nicht den Fehler, sich in ein Schneckenhaus zurückzuziehen und nur dem bisherigen Job nachzutrauern. Nur wenn Sie aktiv Ihr Schicksal in die Hand nehmen, werden sich neue Möglichkeiten ergeben. Nehmen Sie die Unterstützungsangebote der Arbeitsagentur an, verlassen Sie sich jedoch nicht darauf, dass Ihnen der passende Job präsentiert wird. Indem Sie aktiv auf Menschen zugehen und auch offen sind für Neues, eröffnen sich oft ungeahnte Möglichkeiten. Ich darf Ihnen aus meiner Beratungspraxis sagen, dass es viele Menschen – auch mit über 50 – gibt, die nach einer Kündigung ihre beruflichen Weichen nochmals neu gestellt haben und damit sogar wesentlich zufriedener wurden. »Von allein hätte ich mich nie getraut, meinen alten Job zu kündigen. Heute bin ich froh darüber, nochmals eine neue Tätigkeit gefunden zu haben, die mir so viel Freude macht«, sagte mir ein Klient.

Also packen Sie es an. Sie haben schließlich noch gut ein Jahrzehnt Berufstätigkeit vor sich. Die Mühe lohnt sich. Ich wünsche Ihnen auf jeden Fall viel Energie und das notwendige Quäntchen Glück.

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