In Kooperation mit

Job & Karriere

Carmen Michaelis

Tipps von der Karriereberaterin Wie überbringe ich meinem Team schlechte Nachrichten?

Carmen Michaelis
Ein Gastbeitrag von Carmen Michaelis
Teamleiter Henry hat schlechte Nachrichten für seine Leute: Eine Stelle wird nicht nachbesetzt, jetzt gibt es mehr Arbeit für alle. Wie kann er ihnen das schonend beibringen, ohne dass es Aufruhr gibt?
Uff, wie sage ich das meinem Team?

Uff, wie sage ich das meinem Team?

Foto: Daniel Allan / plainpicture
Zur Autorin

Carmen Michaelis war zehn Jahre Führungskraft in einem Unternehmen, zuletzt stellvertretende Geschäftsführerin. Seit 2004 arbeitet sie selbstständig als Coach, Trainerin und Moderatorin für Unternehmen. E-Mail an karriere.leserpost@spiegel.de schreiben   Stichwort Carmen Michaelis .

Henry, 42 Jahre, fragt: »Ich führe ein Team von zehn gestandenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, alles Leute, die sich durchsetzen können. Nun muss ich ihnen sagen, dass der freie Arbeitsplatz im Backoffice aus Budgetgründen nicht nachbesetzt wird. Diese bei allen ungeliebten Aufgaben müssen nun im Team verteilt werden. Wie überbringe ich diese unangenehme Nachricht, ohne dass sie mich in der Luft zerreißen?«

Lieber Henry,
Sie sind nicht zu beneiden. Schlechte Nachrichten zu überbringen, ist ein unangenehmer Job. Keiner ist gern der Buhmann. Ihre gestandenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen werden mit ihren Gefühlen sicher nicht hinter dem Berg halten. Gut so! Denn auch, wenn es kein Spaziergang für Sie wird, ist es für die Zusammenarbeit und die spätere Verteilung der Aufgaben besser, alles ist ausgesprochen und die »Tassen leer«.

Vermutlich wird es sich im ersten Moment nicht so anfühlen, doch Ihr Team meint nicht Sie persönlich. Die Kolleginnen und Kollegen werden ihrem Ärger Luft machen, sie werden die Nachricht, aber nicht SIE in der Luft zerreißen. Als Überbringer stehen sie gerade als Einziger zur Verfügung, auch, wenn es nicht in Ihrer Hand lag, eine andere Entscheidung zu treffen. Vielleicht hilft hier schon ein wenig Humor: Es wird Sie zumindest nicht, wie in der Antike an der Tagesordnung, den Kopf kosten. Malen Sie sich aus, was schlimmstenfalls passieren kann; damit sind Sie schon mittendrin in einer guten Vorbereitung für die Verkündigung und den Umgang mit den Reaktionen.

Teilen Sie die Herausforderung in zwei Schritte: erst die Konzentration auf die Verkündung, dann der Umgang mit den Reaktionen.

Die Verkündung

Stellen Sie sich so zeitnah wie möglich dem Thema und Ihrem Team. Riskieren Sie nicht, dass Ihre Mitarbeiter es vorher über den Flurfunk erfahren. Kommunizieren Sie es persönlich, und berufen Sie ein Teammeeting ein. Ist Ihr Team vollzählig, kommen Sie sofort zur Sache. Begrüßen Sie, nennen Sie das Thema und übermitteln Sie die Botschaft dann in maximal fünf Sätzen.

Achten Sie darauf, dass Sie

  • die Ich-Form benutzen,

  • zur Sache kommen,

  • nichts beschönigen,

  • klar und eindeutig sind (»Keep it simple«),

  • ehrlich sind,

  • die schlechte Nachricht nicht mit einer guten Nachricht tarnen,

  • nichts relativieren,

  • keine Ausweichmanöver fahren oder Ausflüchte suchen,

  • Unabänderliches auch so mitteilen: »So ist es jetzt!«

Distanzieren Sie sich nicht von der Entscheidung, etwa durch Formulierungen wie »man hat« oder »die da oben«. Machen Sie nicht andere verantwortlich, sondern zeigen Sie Haltung als Überbringer der Nachricht, und stehen Sie dafür gerade. Sie sind derjenige, der es tragen und mit dem Team umsetzen muss und will. Das macht es auch Ihren Mitarbeiter:innen leichter, die Situation auf Dauer zu akzeptieren und ins Handeln zu kommen.

So könnte Ihre Verkündung in etwa lauten:

»Ich muss euch heute leider mitteilen, dass wir die freie Stelle im Backoffice nicht nachbesetzen werden. Grund dafür ist das fehlende Budget, das in Folge des Umsatzrückgangs erheblich gekürzt werden musste. Wir werden die Aufgaben innerhalb des Teams verteilen müssen. Ich weiß, dass es euch die Arbeit schwerer macht und niemand von euch diese Aufgaben schätzt. Ich werde zeitnah einen Termin einstellen, damit wir gemeinsam eine tragfähige Lösung finden.«

Notieren Sie sich Ihre fünf Sätze zur Verkündung im Voraus, und lesen Sie sich diese vor dem Termin einige Male laut vor.

Umgang mit den Reaktionen

Geben Sie dem Team Zeit, die Nachricht zu verdauen, und wappnen Sie sich, den Widerstand und die Emotionen als etwas Natürliches und Hilfreiches anzunehmen und auszuhalten. Sie müssen die Äußerungen nicht entkräften, denn Empörung und Frust brauchen ein Ventil. Lassen Sie es geschehen, und verkneifen Sie sich Beschwichtigung und das Klein- oder Schönreden.

Das Team wird zunächst nicht auf der Sachebene (die Stelle wird nicht nachbesetzt) zuhören, sondern vornehmlich auf der Beziehungsebene (unsere Arbeit und wir werden nicht wertgeschätzt, mit uns können sie es ja machen, immer trifft es uns …).

Gehen Sie mit dem Widerstand und nicht gegen ihn. Nehmen Sie es hin, aber nicht persönlich, dass die Kollegen ihren Gefühlen Ausdruck verleihen. Erst dann werden sie in der Lage sein, sich auf die Sachebene zu begeben, sich mit dem Unabänderlichen auseinanderzusetzen und im nächsten Schritt an einer Lösung zu arbeiten.

Konkret bedeutet das: Empfangen Sie viel, und senden Sie wenig. Hören Sie aktiv zu, halten Sie Blickkontakt, und zeigen Sie Verständnis für die Reaktionen. Quittieren Sie emotional, indem Sie zum Ausdruck bringen, dass Sie die Gefühle nachvollziehen können. Vermeiden Sie allerdings, dem Team mitzuteilen, wie es Ihnen dabei geht. Ihr Befinden ist hier nicht von Belang und hilft nicht weiter.

Bereiten Sie sich inhaltlich vor, und halten Sie alle Fakten bereit, die der Entscheidung zugrunde liegen. Erst im zweiten Schritt, nachdem das Team an der Reihe war, kommen die Hintergründe und Fakten zum Einsatz.

Erwarten Sie von dem Termin der Verkündigung nicht zu viel. Hoffen Sie auf Toleranz, erwarten Sie jedoch keine Akzeptanz. Die Empörung wird sich legen, wenn die Tatsachen verdaut sind und Sie weiter eng an Ihrem Team dranbleiben und die Verteilung der Aufgaben gemeinsam angehen.

Ich vermute, lieber Henry, Sie sind auch nicht begeistert von der getroffenen Entscheidung. Sorgen Sie auch für sich und Ihre Entlastung. Ich hoffe, das ist hiermit ein Stück erreicht. Viel Erfolg!

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren