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Internationaler Vergleich Jeder zweite Leiharbeiter will weg

Deutsche Leiharbeiter sind unzufrieden mit ihrem Job - das belegt ausgerechnet die Studie einer Zeitarbeitsfirma. In anderen Ländern hingegen ist das Modell angesehen, dort zahlt die Branche deutlich besser.
Jobsuche auf Zeitarbeitsmesse: Arbeitgeber sind von dem Modell begeistert

Jobsuche auf Zeitarbeitsmesse: Arbeitgeber sind von dem Modell begeistert

Foto: Martin Schutt/ picture alliance / dpa

Des einen Freud, des anderen Leid - so könnte man eine weltweite Studie zum Thema Zeitarbeit überschreiben. Darin wird vor allem eines klar: In Deutschland sind Leiharbeiter nicht übertrieben glücklich mit ihrer Arbeit. Jeder zweite der Befragten ist schon während seiner Anstellung dabei, einen neuen Job zu suchen. Kein Wunder, denn weniger als die Hälfte der Befragten empfinden ihre Tätigkeit als positiv.

Ganz anders die Stimmung auf der anderen Seite der Werkbank: Die Arbeitgeber sind begeistert vom Modell der Zeitarbeit. 85 Prozent beurteilen es als positiv. Größte Begeisterung ruft hierbei die Flexibilität hervor, die diese Form der Mitarbeiterrekrutierung mit sich bringt - sie wird von 94 Prozent der Firmen als Hauptmotivation für die Variante Zeitarbeit angegeben. Um das mitgebrachte Know-how geht es den wenigsten: Nur 38 Prozent der deutschen Arbeitgeber glauben, sich durch die Zeitarbeiter neue Expertise in die Firma zu holen.

Erste Priorität: Übernahme in die Firma

"In Deutschland geht man davon aus, dass man eine Festanstellung bekommt. Eine Übernahme in das Unternehmen ist während des Einsatzes das Ziel der Zeitarbeitnehmer", so Ricardo Corominas, Deutschlandchef der Personalberatung Page Personnel und Herausgeber der Studie. "Doch die Zeitarbeitnehmer schätzen auch das Netzwerk, das sie durch die Einsätze aufbauen. Sie verstehen Zeitarbeit als eine Möglichkeit, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten am Arbeitsmarkt teilzunehmen."

Aufschlussreich ist es, die internationalen Aspekte der Studie genauer zu betrachten. Denn Zeitarbeit ist nicht Zeitarbeit. "Arbeiten in Deutschland etwa zwei Prozent der Angestellten als Zeitarbeitnehmer, sind es in anderen Ländern wesentlich mehr", so Ricardo Corominas. Die Gründe hierfür sind, dass in südeuropäischen Ländern viele Saisonarbeiter für einfache Arbeiten im Tourismus gebraucht werden; und dass die durch die Wirtschaftskrise gebeutelten Unternehmen froh sind, wenn sie einfach und kostengünstig Personal auf- und vor allem wieder abbauen können.

Auch im Image unterscheidet sich Zeitarbeit stark von Land zu Land: In den Niederlanden, in Großbritannien, in Schweden und in den USA genießt Zeitarbeit einen guten Ruf, in Spanien, Italien und Südamerika ist sie weniger gut angesehen. "Das hat auch viel mit der Geschichte zu tun und Erfahrungen, die ein Land mit der Zeitarbeit gemacht hat. Und natürlich mit den Konditionen", sagt Corominas, der 13 Jahre in Spanien als Personalberater arbeitete. "In Spanien beispielsweise wurde in der Vergangenheit Zeitarbeit ausgenutzt, um Leistung billig einzukaufen, die Beschäftigungsverhältnisse waren prekär, oft ohne Sozialversicherung und schlecht bezahlt. Das hat sich inzwischen geändert - aber dem Image der Zeitarbeit hängt so was noch an."

Vorbild Frankreich

Die strukturellen Unterschiede sind groß: Fest bei einer Zeitarbeitsfirma angestellt zu sein wie in Deutschland, ist unter anderem noch in Italien und den Niederlanden üblich. In anderen Ländern werden die Mitarbeiter von den Agenturen lediglich vermittelt und für den individuellen Einsatz entlohnt. Auch die Bezahlung schwankt stark: Werden die Arbeitskräfte hierzulande zwar nach Tarif bezahlt, aber meist schlechter als die Stammarbeiter, die fest im Unternehmen angestellt sind, bekommen die Leihkräfte in Frankreich einen Aufschlag auf den firmenüblichen Lohn, der ihre Flexibilität belohnen soll. Vielleicht sind deshalb dort auch die Einsätze am kürzesten: Mehr als die Hälfte verlässt den Betrieb nach weniger als drei Monaten wieder. Viele bleiben jedoch und werden in eine Festanstellung übernommen - Zeitarbeit wird dort auch als eine Form von Probezeit gesehen.

Insgesamt wurden von der Personalberatung Page Personnel in Kooperation mit TNS Infratest 11.000 Zeitarbeiter und 2000 Arbeitgeber weltweit befragt, 1500 davon in Deutschland.

Helene Endres ist Redakteurin beim manager magazin.

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