Gestorben Adolfo Kaminsky, 97

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Man scheut sich ein wenig, sein Leben einen Schelmenroman zu nennen, zu gewalttätig war die Kulisse, durch die er sich bewegte, zu düster das 20. Jahrhundert. Aber was wäre er sonst gewesen, wenn nicht ein Schelm? Dieser Mann, der Pässe und Geldscheine fälschte – und damit Menschen rettete? Eigentlich kam Kaminsky aus Argentinien, seine Familie bestand aus russischen Juden, die vor Pogromen geflohen waren. In den Dreißigern zogen sie nach Frankreich, der junge Adolfo machte eine Lehre bei einem Färber und lernte, was man brauchte, um Pässe fälschen zu können. Das tat er dann: Nach dem Einmarsch der Deutschen in Frankreich fabrizierte er für die Résistance Pässe, Geburtsurkunden, Aufenthaltsgenehmigungen. Wie am Fließband, manchmal tagelang ohne Pause, jeder Pass sei ein geretteter Mensch gewesen. »Es gab nie Probleme mit meinen Papieren«, sagte er dem SPIEGEL einmal. Nach dem Krieg arbeitete er für den französischen Geheimdienst und half Juden, nach Palästina einzuwandern. Als er merkte, dass Frankreich blutig an seinen Kolonien festhielt, wechselte er die Seite und fälschte für die Kämpfer, die ein unabhängiges Algerien anstrebten – einmal versuchte er mit seinen Genossen, Frankreich mit Millionen gefälschten Francs zu schwächen. Nach der algerischen Unabhängigkeit verbrannte er das Falschgeld. Im Mai 1968 stellte er einen Pass für Daniel Cohn-Bendit her, der nach Deutschland ausgewiesen worden war, damit er wieder nach Frankreich einreisen konnte. Anfang der Siebziger wurde ihm alles zu viel, und er ging nach Algerien. Erst Anfang der Achtziger kam er zurück nach Frankreich. Am 9. Januar starb Adolfo Kaminsky in Paris.