TREMPER Amok gegen Papa
Man muß nicht unbedingt ein Verrückter sein, um Filme produzieren zu können - aber es hilft sehr, wenn man es ist.
Samel Goldwyn
Was jeder deutsche Kinogänger wissen will, darf Will Tremper nicht mehr schreiben und »Die Zeit« nicht mehr verbreiten - die Behauptung, »bei der deutschen Filmindustrie handele es sich um eine verrottete Industrie«.
Fünf deutsche Filmproduzenten und ihr Verband erwirkten jetzt beim Landgericht Hamburg vier Einstweilige Verfügungen. Mit der juristischen Breitseite wehrten sich die Produzenten gegen das journalistische Störfeuer, das der Illustriertenschreiber und Filmemacher Will Tremper, 38, seit Juli in der »Zeit« auf sie abgegeben hatte.
Ständiger Untertitel der losen Folge rüder Tremper-Tiraden: »Erfahrungen in einer verrotteten Industrie«. Kommentar der »Deutschen Film-Korrespondenz« in München: »Amoklauf gegen die ganze Branche«.
Der vom Gericht festgesetzte Streitwert entspricht etwa den Produktionskosten eines Tremper-Films: 400 000 Mark. Die Antragsteller produzieren meist teurer - sie sind, bis auf einen, Promotoren von Papas Kino:
- Artur Brauner ("Die Nibelungen");
- Horst Wendlandt ("Winnetou");
- Franz Seitz ("Der junge Törless« und
»Die fromme Helene");
- Luggi Waldleitner ("Das Mädchen
Rosemarie");
- Hanns Eckelkamp ("Das Schweigen");
- der »Verband Deutscher Film- und Fernsehproduzenten«, vertreten durch Dr. Alexander Grüter.
Die Filmfabrikanten mußten sich provoziert fühlen durch Trempersche Schnoddrigkeiten wie:
- »Die alten Produzenten vom Schlage eines Kurt Ulrich und Atze Brauner haben abgewirtschaftet.«
- »Eckelkamp: hieß das Gerücht, kauft
jeden Zimt aus der Nazizeit.«
- »Die deutschen Filmproduzenten pumpen Luft in ihre Kalkulationen.«
Tremper hatte erstmals im Jahre 1959 aus der Branche geplaudert - damals im »Stern« und unter dem Namen »Petronius«. Doch während er in der Serie »Deutschland, deine Sternchen« nur in die Schlafzimmer deutscher Filmschaffender eingedrungen war, wollte er in seiner neuen Serie auch den Geldverkehr deutscher Produzenten bloßlegen. Denn, so Tremper zum SPIEGEL: »Da wird echter Schmu gemacht.«
Für seine neue Serie brauchte der Autodidakt (Kritiker Enno Patalas: »Im derzeitigen deutschen Film ein unmöglicher Typ") nicht mehr durchs Schlüsselloch zu recherchieren: Tremper machte seit Jahren selbst mit - als Autor, Regisseur, Produzent und Verleiher deutscher Filme.
Nachdem er im Laufe der fünfziger Jahre vom deutschen Spielfilm einen eher negativen Eindruck gewonnen hatte (Tremper: »Alles Scheiße"), begann er Drehbücher zu schreiben ("Nasser Asphalt") und ab 1960 selbst zu inszenieren ("Flucht nach Berlin").
Der »Boulevard-Orson-Welles« (so Kritiker Klaus Hebecker) filmte überwiegend »aus der hohlen Hand« und verpfändete gelegentlich »auch das letzte Hemds« (Tremper). Die folgenden Filme, »Die endlose Nacht« (1963) und »Playgirl« (1965), fabrizierte Tremper dann als sein eigener Produzent.
Weil kein deutscher Verleiher das »Playgirl« wollte, wurde Tremper schließlich auch Verleiher - er vermietete seinen Film selbst an die Kinos.
»Das ist genau der Boulevard-Film, den ich am Kudamm brauche«, urteilte Berlins Kinokaiser Max Knapp über Trempers »Playgirl«. Allein in Knapps »Gloria-Palast« erzielte der Film einen Billett-Umsatz von 150 000 Mark.
Gestärkt durch den Erfolg als Außenseiter, startete Tremper dann zum »Amoklauf gegen die ganze Branche«. »Zeit«-Filmologe Uwe Nettelbeck hatte bei Tremper eigentlich nur »was über die Filmarbeit von Bertelsmann« in Auftrag gegeben. Doch Tremper schlug vor: »Erst mal was anderes«, und tippte seinen Erfahrungsbericht.
Daß ausgerechnet »Das deutsche Weltblatt« (so der selbstverliehene Untertitel der »Zeit") Trempers Tiraden Platz machte, empfanden die attackierten Fabrikanten als besonders schmerzlich. Dr. Grüter: »Gegen das Grüne Blatt' hätten wir nicht geklagt. Gegen die Angriffe in einem so seriösen Blatt mußten wir uns wehren.«
Wehren wollen sich freilich auch Tremper und »Die Zeit« .. Der Verlag Gruner + Jahr hat gegen den Hamburger Gerichtsbeschluß Rechtsmittel eingelegt, Tremper selbst sammelt neues Material. Derweil soll die Artikelfolge weiterlaufen - mit dem korrigierten Untertitel »Erfahrungen in einer gewissen Industrie«. Nettelbeck: »In der letzten Folge soll Tremper dann über seine eigene Art schreiben.«
Zu diesem Artikel könnten die beleidigten Produzenten Unterlagen liefern. Denn sie wollen nicht nur alle juristischen Möglichkeiten nutzen (Strafanzeige und Klage auf Widerruf sind bereits angedroht), sie wollen Tremper auch polemisch treffen.
Ende vergangener Woche hat der Produzenten-Verband ein Zehn-Seiten -Manuskript vollendet, Thema: Tremper. Titel: »Der schlechteste Kronzeuge der Welt.« Textprobe: »Scherben kennzeichnen Trempers Weg durch den Film.«
Filmregisseur Tremper*
Erfahrungen in einer gewissen Industrie
* Mit »Playgirl«-Darstellerin Eva Renzi.