Schwarzeneggers Schwert-Botschaft
Und es wird richten
In einer Videobotschaft wendet sich Arnold Schwarzenegger ans Volk, vergleicht den Sturm auf das Kapitol mit der Reichspogromnacht und erhebt das Schwert aus »Conan« – vor allem gegen einige Republikaner.
Schwarzeneggers Videoansprache: mit Conans Schwert gegen Trump und Co.
Foto:
Arnold Schwarzenegger / Youtube
Von Anfang an lässt er keinen Zweifel, das völlige Gegenteil von Donald Trump sein zu wollen. Mit nach hinten gekämmten Haaren thront Arnold Schwarzenegger in einem schweren Sessel, dessen Ledergeruch einem in die Nase zu steigen scheint. Links hinter ihm die Stars & Stripes, rechts die Flagge des Bundesstaates Kalifornien, dessen Gouverneur er einst war. Im Vergleich zu den Weihnachts- und Neujahrsansprachen der vergangenen Wochen wirkt dies hier wie die Ansprache für ein neues Zeitalter.
Setzte Trump bei seinen filmischen Selbstinszenierungen auf Pomp, auf Luftaufnahmen, Hubschrauberflüge und bombastische Musik, so herrscht bei Schwarzenegger zumindest optisch Minimalismus. Nur drei Einstellungen: Meist ist er frontal zu sehen, dann aus etwas größerer Distanz von links und gegen Ende ein paar Mal von rechts. Klingt simpel, ist aber in einem tief gespaltenen Land, in dem sich Rechte und Linke bekämpfen, als wären sie im Bürgerkrieg, eine ziemlich komplizierte Sache. Wann sich Arnie in diesem Video von welcher Seite zeigen lässt, dürfte also alles andere als ein Zufall sein.
Zunächst sieht man ihn halbnah von vorne, die immer noch kräftigen Schultern sind mit im Bild. Er fängt recht locker an, »ein paar Worte« wolle er sagen, doch dann geht es schnell zur Sache, und zwar mit der englisch-deutschen Wortschöpfung: »Crystalnacht«. Er zieht bei »Nacht« kurz die linke Augenbraue hoch. Das reicht, um spätestens hier die ungeteilte Aufmerksamkeit seiner Zuschauer zu haben. Er übersetzt sofort in »Night of Broken Glass«, erzählt von den Pogromen von 1938. Sie seien von Menschen ausgeführt worden, die das »Naziäquivalent der Proud Boys« seien.
Schwarzenegger als Gouverneur von Kalifornien: Das Gegenteil von Trump?
Foto: Bloomberg / Getty Images
Noch keine halbe Minute ist vorbei und der Feind bereits gestellt. Als Arnold Schwarzenegger vom »Mob« redet, der am vergangenen Mittwoch im Washingtoner Kapitol weit mehr zerstört habe als Fensterscheiben, folgt der erste Einstellungswechsel nach links, man sieht jetzt die Schreibtischplatte vor ihm. Etwas Längliches liegt da, Schwarzeneggers linke Hand ruht darauf, aber zack, bevor man es erkennen kann, sieht man ihn schon wieder von vorn. Suspense! Was zum Teufel war das? Egal, Arnie erzählt von seinem Vater und einer Generation von Männern, die an der Schuld der Naziverbrechen zerbrochen seien.
DER SPIEGEL
Er redet über Menschen ohne Rückgrat – von Republikanern
Er redet von »selfishness« und »cynicism« und spricht die Worte mit einer schneidenden Schärfe aus, die einen erschauern lässt. Trump habe das Ergebnis der fairen Wahlen geleugnet, sagt Schwarzenegger und hebt seine Hände kurz ins Bild, er sei der »schlechteste Präsident aller Zeiten«. Aber es geht ihm gar nicht um Trump, denn der ist ja schon Geschichte, »ein alter Tweet«. Über wen er wirklich redet, wird klar, als er das schönste Wort der gesamten Ansprache verwendet: »spinelessness«. Er redet über Menschen ohne Rückgrat, über Anhänger und Mitglieder der Republikanischen Partei, der er selbst seit Jahrzehnten angehört.
Bei einem der weiteren Einstellungswechsel nach links ahnt man dann auch, was da vor ihm liegt: ein Schwert. Nach der Finsternis werde es wieder Licht geben, beruhigt er, und genau in dem Moment folgt der erste Schnitt nach rechts, Arnold Schwarzenegger hebt das Schwert hoch und hält es in die Kamera. Es stamme aus dem Film »Conan«, führt er aus. Vollständig heißt der Film, durch den Arnie 1982 zum Star wurde, »Conan der Barbar«. In einem irren, genialen Twist macht er jetzt aus der Waffe, die in dem Film der Rache dient, das Schwert der Demokratie. Wer versuche, es zu zerstören, mache es nur stärker, so Schwarzenegger.
Schwarzenegger in »Conan«: Aus der Waffe der Rache soll ein Symbol der Demokratie werden
Foto: ddp images
Der Subtext dieses Moments könnte Bücher füllen. Nur ein paar Eckdaten: Der Regisseur von »Conan« war John Milius, ein großartiger Drehbuchautor und Regisseur, aber zugleich ein extrem konservativer Mann. Er bezeichnete sich selbst als »Zen-Faschist«, seine Tochter drehte eine Dokumentation, die Trump in der Russlandaffäre zu entlasten versuchte. Nun nimmt Arnie das von Milius in »Conan« mythisch überhöhte Schwert, um die guten von den schlechten Konservativen mit einem kräftigen Hieb zu trennen.
In der Videobotschaft gibt sich Arnold Schwarzenegger als großer, weiser Mann, als Opa der Nation. Doch das ist natürlich ein Täuschungsmanöver. Jeder Republikaner, der das Video sieht, dürfte die geheime, aber klare Botschaft verstehen: Arnie ist das Schwert der Partei, und es wird richten. Die ganzen Trump-Unterstützer, die dem Präsidenten in Nibelungentreue bis zum bitteren, unwürdigen Ende verbunden blieben, müssen damit rechnen, dass es ihnen so ergeht wie nicht wenigen Figuren in »Conan«: Köpfe werden rollen.