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Beschmutzte Impressionisten

aus DER SPIEGEL 6/1991

Waffen-Lärm um friedvolle Malerei: Der Schweizer Industrielle Emil Georg Bührle (1890 bis 1956) besaß, wie seit letzter Woche eine Ausstellung in der Londoner Royal Academy wieder einmal zeigt, ein »leidenschaftliches Auge« für die schönen Künste, besonders für den Impressionismus. Leisten konnte er sich Bilder etwa von Manet, Degas oder Renoir, weil er mit Rüstungsgütern gutes Geld verdiente, und deswegen erscheinen sie nun »durch Streit beschmutzt« (The Daily Telegraph). Mißtrauische Kritiker monieren, der gebürtige Deutsche Bührle habe seinerzeit den Nazis sein Geschütz Oerlikon angedient, und eine seiner Erwerbungen, ein Mädchenporträt von Renoir, stamme aus Hermann Görings Sammlung. Der raffgierige Reichsmarschall hat das Gemälde wirklich gehabt, doch bei Kriegsende kam es nach Frankreich zurück; Bührle erwarb es 1949. Die Kanonen-Story wirkt derzeit seltsam aktuell: Bührle-Tochter Hortense rechnet vor, ihr Vater habe bis 1940 exklusiv an moralisch einwandfreie Mächte geliefert und danach zum Nutzen von Briten und Amerikanern sogar Konstruktionszeichnungen aus dem umzingelten Land geschmuggelt. Nur mit Billigung des Schweizer Bundesrates, den die Deutschen mit Embargo bedrohten, hätten schließlich auch sie ein bescheidenes Quantum Abwehrwaffen bekommen. Die Londoner Ausstellung, 85 Leihgaben aus einer 1960 gegründeten Bührle-Stiftung, läuft bis 9. April; der Katalog ist auch auf deutsch im Buchhandel erhältlich (Artemis, 118 Mark).

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