SKANDALE Der Zocker mit dem Hakenkreuz
Nachts, wenn die bleiche Wintersonne hinter den Dächern von Wien-Josefstadt versunken ist, erwacht im Gefängnishof der alten kaiserlich-königlichen Haftanstalt der Dschungel. »Dann schreien die Menschen zu den Fenstern raus und reden miteinander«, sagt David Irving, »das fängt alles mit der Dunkelheit an, wie im Dschungel.«
Der ältere Herr in Anzug und Krawatte, der hinter der Panzerglasscheibe im Besucherzimmer Platz nimmt, scheint nicht hierher zu gehören. Aber David Irving hat sich bereits arrangiert. Der Untersuchungshäftling komme gut mit den anderen Gefangenen zurecht, sagt die Anstaltsleitung. Wenn die nur alle so höflich wären, seufzt ein Wachmann anerkennend.
Irving, 67, wirkt aufgeräumt und konzentriert. Man behandelt ihn gut, ja doch. Nur manchmal übertreibt er: »Gott sei Dank hat mir jemand Tinte geschickt.« Er verfasst seine Memoiren, täglich 20 Seiten. Es gibt ansonsten wenig zu tun für einen Schriftsteller hinter Gittern, und irgendwie hat das Schreiben in Festungshaft ja Tradition. »Vielleicht sollte ich sie 'Mein Krieg' nennen«, grinst Irving hinter der Absperrung.
Seine Tochter, erzählt Irving, finde es »cool, dass Daddy im Gefängnis ist«, und man kann sich nicht ganz des Eindrucks erwehren, dass Daddy selbst das Ganze noch als Teil eines großen Abenteuers sieht. Auch David Irving ist ein am Rande der Gesellschaft Gestrandeter, aber für ihn gehört das Abenteuer zum Geschäft.
Vor der Abreise nach Österreich hat er in London 60 Blankoschecks hinterlassen und acht Hemden eingepackt, obwohl die Reise nur zwei Tage dauern sollte. Er sei immer auf alles vorbereitet, sagt Irving und zieht bedeutsam die buschigen Augenbrauen hoch. »Be prepared«, das Motto der Pfadfinder, sei auch seines.
Er wusste, dass es in Österreich einen Haftbefehl gegen ihn gibt. Der damalige Bundeskanzler Franz Vranitzky hatte Irving 1989 höchstpersönlich gedroht, ihn sofort einsperren zu lassen, sollte er sich je wieder in der Alpenrepublik blicken lassen. Für den renitenten Hitler-Apologeten geradezu eine Einladung, so bald wie möglich wieder vorbeizuschauen.
»Ich bin aus einer Offiziersfamilie«, knurrt es hinter dem Panzerglas, »wir marschieren in Richtung des Kanonenfeuers.« Nur beim Schuhwerk hat er sich vertan: Die Gefangenen gehen jeden Tag im Hof spazieren, aber Irving hat »leider nur ein Paar sehr teure Schuhe«, und die gehen langsam kaputt.
Zum Prozess am 20. Februar will er sich seinen Nadelstreifenanzug schicken lassen. Es ist Irvings Kampfmontur, derselbe Anzug, den er sich für seinen Londoner Prozess vor sechs Jahren beim teuersten Schneider der Savile Row anfertigen ließ. Mit dem Holocaust-Leugnen hält es der höfliche Angelsachse wie seine Landsleute mit dem Rugby: ein Sport für Hooligans, der von Gentlemen gespielt wird.
Der selbstbewusste Autodidakt hat den Wirbel immer genossen, den er seit den sechziger Jahren mit Dokumentenfunden aus dem Umkreis Hitlers auch in der etablierten Geschichtswissenschaft verursachte. Keitels Memoiren, Eichmanns Aufzeichnungen, Goebbels' Tagebücher - stets wusste der mediengewandte Autor, wie er seine Funde öffentlichkeitswirksam vermarkten und den Verkauf seiner Werke fördern konnte. Seine reißerisch erzählten und ausführlich dokumentierten Biografien von NS-Größen waren bis in die achtziger Jahre Verkaufsrenner.
Bei aller Bewunderung für Irvings Spürsinn geriet sein Werk spätestens seit 1977 mit dem Erscheinen der Hitler-Biografie zunehmend in die Kritik. Aus dem
respektierten Militärhistoriker wurde Hitlers williger Entdecker, dessen Funde die Schuld von Himmler, Heydrich und Co. beweisen, den bewunderten Führer aber von aller Verantwortung freisprechen sollten.
Irving, der noch 1990 in der verblassenden DDR Vorträge unter dem Titel »Ein Engländer kämpft für die Ehre der Deutschen« hielt, wählte nicht die Politik, sondern die Zeitgeschichte als seine Bühne. »Vor 10 000 Menschen zu stehen, die den ganzen Tag ausgeharrt haben, ihr Bier trinken, auf harten Bänken sitzen, die darauf warten, dich sprechen zu hören - das geht über alles«, verkündete er 1992 am Rande einer Vortragsreise. Der Auschwitz-Experte Robert van Pelt hält Irving für einen Hysteriker: »Er ist ein recht guter Redner, aber er bekommt die Energie vom Publikum, vor dem er seine Vorträge hält, und dann sagt er, was es hören will.«
David Irving leugnete den Holocaust, Hitlers Schuld und verhöhnte die Überlebenden der Konzentrationslager. Auch dank seiner Sticheleien gegen das »Sieger-Geschichtsbild« der Alliierten und die etablierte Geschichtswissenschaft wurde Irving bald zum Aushängeschild der Rechtsextremen und gerngesehenen Agitator auf DVU-Veranstaltungen, bei dessen Vorträgen sich die ewig Unbelehrbaren bestätigen lassen konnten, »wie es eigentlich gewesen« sei im »Dritten Reich«. »Abartig tendenziös und unverantwortlich reißerisch« seien auch Irvings Bücher, urteilt der britische Historiker David Cannadine, und sein Kollege Richard Evans wies im Jahr 2000 vor Gericht ausführlich nach, wie raffiniert Irving seine Quellen manipulierte.
Dennoch sind Irvings Werke aufgrund ihrer Materialfülle auch immer ein Steinbruch für die Kollegen vom Fach gewesen und stehen in vielen deutschen Bibliotheken. »Die Historiker der Jahre 1933 bis 1945 verdanken seiner Energie als Forscher mehr, als sie stets zuzugeben bereit sind«, resümierte der weltweit anerkannte amerikanische Zeitgeschichtler Gordon A. Craig. »Wollten wir Irving zum Schweigen bringen, so würden wir einen hohen Preis dafür bezahlen, dass wir den Verdruss, den er uns bereitet, los sind.«
Dass seine Bücher zur braunen Bückware wurden, die nur noch über obskure Verlagsklitschen und im Internet bezogen werden konnte, hat Irving nicht nur seinen geschichtsklitternden Thesen, sondern auch seinen provozierenden Auftritten in der rechten Szene zu verdanken. Seit den neunziger Jahren, seit er keinen renommierten Verlag mehr für die Publikation seiner Bücher gewinnen kann, gibt der Historiker den Handlungsreisenden in Sachen Hitler. In seiner Londoner Wohnung, einer »Ein-Mann-Hitler-Universität« ("Sunday Telegraph"), stapeln sich die im Eigenverlag publizierten Hitler-, Göring- und Goebbels-Monografien, die er bei seinen Vorträgen in Kellern und Kneipen aus dem Laderaum seines Autos verkauft.
»Sie haben meine Bücher verbrannt«, seufzt Irving. Er liebt diese schillernden Unverschämtheiten. Er ist ein Meister der falschen Spur, der Bluffs durch Andeutungen. Er weiß, dass Bücherverbrennung ein Tabu ist. Den höflichen Hinweis, dass einige seiner Bücher aus juristischen Gründen vom Verlag makuliert werden mussten und das wohl nicht das Gleiche sei, ignoriert er.
Als David Irving einst, in den sechziger Jahren, die Bühne betrat, war er schnell ein Star. Die frühe Literatur der »Revisionisten« sei eher eine »perverse Form der Unterhaltung« für den Leser gewesen, konstatierte der Historiker Richard Evans. Einer wie Irving, der als Schriftsteller tatsächlich über beträchtliche Begabungen verfügte, kam den talentlosen Pamphletisten da gerade recht.
Die archivalische Materialschlacht, die er feldherrenmäßig in seinen dicken Büchern entfesselt, soll Objektivität suggerieren. In Wirklichkeit, kritisiert der Zeitgeschichtler Peter Hoffmann, sei die überwältigende Fülle von Details eine Nebelwand.
Er sei »gewöhnlich ein Riese in der Forschung«, schrieb der britische Historiker Paul Addison über Irving, »aber in seinem Urteil oft ein Schuljunge«. So erschreckend es klingt, einiges spricht dafür, dass es neben dem einträglichen Geschäft der Holocaust-Leugnungs-Industrie auch die niederträchtige und letztlich banale Lust an der Provokation ist, die ihn treibt.
Diese Lust ist in den gehobenen Kreisen seiner englischen Heimat nicht unüblich, wie Prinz Harrys Partyauftritt mit einer Hakenkreuz-Armbinde unlängst zeigte. Dabei macht sich Irving die große Toleranz seiner Landsleute zunutze, die auch die geschmacklosesten Äußerungen eines Exzentrikers dem Gebot der Meinungsfreiheit unterstellen.
Es ist kein Zufall, dass einer wie Irving aus dem Land kommt, in dem »Führer«-Witze noch immer zum Standardrepertoire der Boulevardpresse gehören und auch in feinen Kreisen die lustvolle Provokation zum guten Ton gehört. Zweifellos, Irving hat in England ebenso viele Gegner wie anderswo. Aber Sprüche wie der, dass »mehr Menschen auf dem Rücksitz von Edward Kennedys Wagen in Chappaquiddick umgekommen sind als in den Gaskammern von Auschwitz«, sind in ihrer Mischung aus sexuellem Innuendo und bewusster Brüskierung Ausdruck der trivialen Arroganz, mit der manch englischer Internatszögling zeigen will, dass ihm die Welt gehört. »Er ist ein größenwahnsinniger Klassentyrann«, sagt die Holocaust-Forscherin Deborah Lipstadt, gegen die Irving vor sechs Jahren einen spektakulären Prozess führte, an dessen Ende er aber vom Richter als Antisemit, Rassist und Lügner gebrandmarkt wurde.
»Es ist die englische Art, nicht nur die feine«, entgegnet Irving bloß und fügt leutselig hinzu: »Ja, ich habe viel Unsinn gemacht.«
Schon als Schüler rebellierte der vaterlos aufgewachsene Junge gegen die etablierte Ordnung, als er einen Buchpreis gewann und sich dafür Hitlers »Mein Kampf« wünschte. Aus dem gleichen Grund hängte er die sowjetische Flagge über das Schultor. Er habe einfach schockieren wollen, sagte Irving 1992 dem britischen »Observer": »Es war nur zum Spaß, und wenn ich schreibe, dann bringe ich auch auf jeder Seite ein bisschen Spaß.« Einem anderen Interviewer erzählte Irving 1993, er habe kein politisches Programm, außer dass er es gern sehe,
»wenn die anderen Historiker dumm aus der Wäsche schauen«.
Moralische, ja menschliche Widersprüche kennt Irving nicht. Er ist zu amoralisch, um überhaupt zu verstehen, dass Sprüche wie der über Kennedys Wagen die Überlebenden des Holocaust verletzen. Irvings Geschichtsverständnis ist dem der Nazis nicht unähnlich. Die Geschichte ist ein Panorama des Fressens und Gefressenwerdens. Der Stärkere gewinnt, und nur dem Stärkeren gilt Irvings vorbehaltlose Bewunderung. Einem wie Bomber-Harris. Irving hat mit seinem ersten Buch weltweite Aufmerksamkeit auf den Horror von Dresden gelenkt. Aber den Luftmarschall Sir Arthur Harris hält er dennoch für einen ganz großen Mann. »Ich spreche von ihm als Befehlshaber. Wie Dönitz«, erklärt er mit leuchtenden Augen. »Wenn man täglich 20 000 junge Menschen in den Tod schicken kann, dann ist man ein großer Befehlshaber.« Da überrascht es kaum, dass Irving auch Hitler bewundert.
Durch die Trennscheibe im Gefängnis gibt Irving geradezu stolz Antwort. Auf alles. Warum er die Hitler-Tagebücher erst auf der legendären Pressekonferenz des »Stern« eine Fälschung genannt hat, um sie kurz darauf in einer englischen Zeitung als echt zu bezeichnen. »Das war ein Gag«, kommt es wie aus der Pistole geschossen, »so etwas war Entertainment, das hatte alles nichts mit Zeitgeschichte zu tun. Ich wollte sehen, wie die Historiker darauf reagieren.« Irving schaut, als wäre das die normalste Sache der Welt und die humorlosen Deutschen alle Spielverderber.
Plötzlich fügt sich das Bild zusammen: das »Dritte Reich« als grandioser Abenteuerspielplatz aus zweiter Hand, die Revisionisten als Spielkameraden und jede Menge Stoff für Abenteuerromane, wie Irving sie in seiner Kindheit auf dem Land gelesen hat. Damals, in den vierziger Jahren in der Grafschaft Essex, als England noch keine multikulturelle Gesellschaft war, das Empire noch existierte und ein kleiner Junge mit verträumtem Blick den Geschichten über seinen Onkel lauschte, der in der Ferne bei den Bengal Lancers Dienst versah.
Irving ist »selbstverständlich« Monarchist, er trauert dem Empire nach und der verlorenen Sicherheit, die eine geordnete Klassengesellschaft der weißen englischen Mittelschicht bot, aus der auch er kommt. Dass im englischen Kricketteam auch Farbige mitspielen, gefällt ihm nicht, er hasst die neue Welt, und er hasst Tony Blairs New Labour.
Erst vor drei Monaten ist er in eine neue Wohnung unweit der Downing Street gezogen. »Um das Establishment zu provozieren«, aber auch wegen der Nähe zum Buckingham-Palast. »Es freut mich, jeden Morgen vom Fenster meiner Wohnung aus die vorbeimarschierende Truppe zu sehen.« Die Österreicher seien doch nur neidisch auf die britische Monarchie, sagt Irving verächtlich.
Welchen Ausgang erwartet er bei seinem bevorstehenden Prozess? »Ich wäre weniger zuversichtlich«, sagt Irving treuherzig, »wenn ich nicht wüsste, dass die Intellektuellen aller Welt auf meiner Seite stehen.« Er habe bereits »viele Unterstützerbriefe« erhalten.
Tags darauf in einem Wiener Kaffeehaus zieht sein Anwalt Elmar Kresbach einen Stapel Briefe aus seiner Mappe, die ihm in den vergangenen Wochen zugegangen sind. Kresbach schüttelt den Kopf angesichts des wirren Zeugs, das die Post massenweise in seinen Briefkasten spült, seit er Irvings Verteidigung übernommen hat. »Der versteht das selbst nicht«, sagt der Anwalt über seinen Mandanten, »ich glaub, er hat die Spinner auch langsam ein bisschen satt.«
Zurück im Gefängnis. »Das ist ein Unfug, dass einer dafür in den Knast kommt«, rasselt es durchs Telefon, bevor Irving zum Gegenschlag ausholt. Er habe nur seine Bücher zu verantworten, und seine Hitler-Biografie stehe ja sogar in der Gefängnisbibliothek. Es ist ein typisches Irving-Manöver: Triumphierend präsentiert er eine Entdeckung, ohne doch die ganze Wahrheit zu sagen, und lenkt von der
eigentlichen Frage ab. Seine Bücher stehen nicht auf dem Index, aber hat einer nicht auch dafür Verantwortung zu übernehmen, was er einem willigen Publikum in stickigen Hinterzimmern und Hallen zuruft? Nicht seine Bücher, sondern seine Vorträge haben Irving ins Gefängnis gebracht - Sätze wie dieser, den er 1989 einer österreichischen Reporterin in den Block diktierte: »Es gab in Auschwitz keine Gaskammern. Alle Zeugen, die das Gegenteil behaupten, sind Fälle für die Psychiatrie.« Die Wiener Staatsanwaltschaft hat Tonbandmitschnitte von Auftritten in Österreich, die Bestandteil der Anklage sind.
Der Fall Irving ist bizarr. »Ja, wir hatten von dem Herrn Irving ein Buch bei uns in der Bibliothek«, sagt Gefängnisdirektor Peter Prechtl, man habe es aber nach Bekanntwerden »aus Sicherheitsgründen« aus dem Verkehr gezogen. Es war nicht Irvings Hitler-Biografie, sondern sein Buch über den Ungarn-Aufstand. Was an dem Buch sicherheitsgefährdend sein soll, weiß Prechtl auch nicht.
Der hochnotpeinliche Umgang mit dem braunen Briten zeigt, wie heikel die Angelegenheit für die österreichische Politik ist. Nachdem Irving bereits im Grazer Gefängnis seine Bücher gefunden und, wie in der Presse berichtet wurde, für Gefängniswärter signiert hatte, wollte man in Wien auf Nummer Sicher gehen. »Irving ist ihnen wie eine heiße Kartoffel in den Schoß gefallen«, sagt ein Insider, »und jetzt sind sie nicht sicher, was sie mit ihm machen sollen.«
Schließlich entbehrt der Fall nicht einer gewissen Ironie: Ein Brite, der Zweifel am Holocaust äußert, wird ausgerechnet in dem Land eingelocht, das genau weiß, dass es ihn gab, aber sich jahrzehntelang wenig darum geschert hat. In den vergangenen drei Jahrzehnten wurde in der Alpenrepublik, die sich früher gern als »Hitlers erstes Opfer« stilisierte, kein NS-Kriegsverbrecher mehr verurteilt.
Irving aber ist, wie es sich für einen Pfadfinder gehört, ein geschickter Fallensteller. So treibt er sein Vexierspiel mit der österreichischen Justiz und seinen liberalen Gegnern. Die sehen sich nun unvermittelt aufgefordert, im Namen der Meinungsfreiheit gegen die Inhaftierung des Mannes zu protestieren, dessen Ansichten sie zutiefst verabscheuen. »Wenn Sie mir vor ein paar Monaten gesagt hätten, dass ich einmal David Irvings Freilassung fordere«, erklärt Irvings schärfste Kontrahentin Deborah Lipstadt am Telefon, »hätte ich Sie für verrückt erklärt.«
Aber auch die Holocaust-Historikerin möchte nicht, dass Irving zum Märtyrer der Meinungsfreiheit wird: »Ich bin gegen Zensur. Keinem ist damit gedient, wenn man den Kerl ins Gefängnis steckt.« Der Preis solcher Liberalität ist, dass die rechtsextreme deutsche »National-Zeitung« Lipstadt unter dem Titel »Weltweite Proteste gegen Irvings Verhaftung« zitiert.
Kurz nach seiner Verhaftung ließ Irving über seinen Anwalt mitteilen, er stelle die Existenz von Gaskammern in Auschwitz nicht mehr in Frage. Neuaufgefundene Dokumente hätten ihn eines Besseren belehrt. Weißer Nebel steigt aus Irvings Zelle auf, von »Epiphanie« ist die Rede.
Irvings Anwalt Elmar Kresbach, ein abgeklärter und profilierter Strafverteidiger, der es sonst mit Mördern und Mafia-Banden zu tun hat, wird die Naivität und Läuterung seines Mandanten geltend machen, wenn der sich am 20. Februar vor einem elfköpfigen Richtergremium verantworten muss. Kresbach macht kein Hehl aus seiner Überzeugung, dass »es in einer freien Gesellschaft möglich sein muss, auch das Falsche und das Widerwärtige sagen zu können, ohne dass das strafrechtlich verfolgt wird«.
Aber dass sein geltungsbedürftiger Mandant den Prozess als Bühne nutzt, will auch Kresbach nicht. »Der wird nicht viel reden«, sagt Kresbach und lehnt sich mit Nachdruck in seinen Stuhl. »Das ist ein österreichisches Schwurgericht und kein Holocaust-Privatissime.« Es ist ein verabscheuungswürdiges Spiel, das Irving treibt. Die Österreicher werden ihm einen kurzen Prozess machen. MALTE HERWIG