Nach Skandal-Documenta Ruangrupa-Mitglieder sollen an Hamburger Kunsthochschule lehren

Iswanto Hartono und Reza Afisina von Ruangrupa bei der Pflanzung einer Eichenallee bei Kassel
Foto: Peter Hartenfelser / IMAGODas indonesische Kuratorenkollektiv Ruangrupa sorgte mit seiner künstlerischen Leitung bei der Weltkunstausstellung Documenta in Kassel 2022 für Aufsehen. Allerdings weniger mit seinem Lumbung-Konzept, wonach die Tradition des Teilens in der gemeinschaftlich genutzten Reisscheune, in der die überschüssige Ernte zum Wohle der Gemeinschaft gelagert wird, auf die Kunst übertragen werden sollte.
Vielmehr wurde Ruangrupa und einigen eingeladenen Künstlern bereits Monate vor dem Beginn der Documenta Fifteen eine Nähe zur antiisraelischen Boykottbewegung BDS vorgeworfen. Kurz nach Eröffnung der Ausstellung wurde eine Arbeit mit antisemitischer Bildsprache entdeckt und abgebaut. Später sorgten weitere Werke mit antijüdischen Stereotypen für Empörung und lösten Forderungen nach einem vorzeitigen Abbruch der Schau aus.
Zwei Mitglieder des Ruangrupa-Kollektivs werden am kommenden Mittwoch bei der Semestereröffnung der Hamburger Hochschule für bildende Künste (HfbK) als Gastprofessoren vorgestellt. Die Hochschule bestätigte die Personalien auf SPIEGEL-Anfrage. Demnach nehmen Reza Afisina und Iswanto Hartono eine DAAD-Gastprofessur an der HfbK wahr.
Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) fördert ausländische Gastdozenten im Rahmen eines Programms, dessen Ziel es laut Website ist, »die Internationalisierung der deutschen Hochschulen zu fördern und die internationale Dimension in der Lehre zu stärken«.
Den Förderantrag zur Ermöglichung der Gastprofessur der beiden Ruangrupa-Mitglieder Reza Afisina und Iswanto Hartono hatte die HfbK nach eigenen Angaben beim DAAD im Januar 2022 gestellt – also noch vor Beginn der Documenta.
Bei der Semestereröffnung am Hamburger Lerchenfeld soll der Fokus nach Wunsch der Hochschule »auf unseren neu berufenen festen Professor:innen Adina Pintilie und Tobias Zielony« liegen. Doch in den sozialen Netzwerken wird die Gastprofessur für Reza Afisina und Iswanto Hartono bereits scharf kritisiert. Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Volker Beck, gratulierte auf Twitter sarkastisch und beklagte: »Antisemitismus-Toleranz schadet in Deutschland nicht. Israelhass ist karrierefördernd.«
Wir müssen über #Judenhass, #Antisemitismus, im Kulturbetrieb reden!
— Volker Beck 🐋 🇺🇦🇮🇱 (@Volker_Beck) October 6, 2022
Antisemitismus-Toleranz schadet in Deutschland nicht. #Israelhass ist karrierefördernd.
Gratulation an 2 Mitglieder von @ruangrupa zur @HFBKHamburg Gastprofessur. pic.twitter.com/GBLoml5xMs
Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD) hatte zum Ende der Documenta Fifteen deutliche Kritik an Ruangrupa geäußert. Als Künstlerische Leitung der Ausstellung müsse sich das Kollektiv vorwerfen lassen, seiner kuratorischen Verantwortung in dieser Debatte nicht nachgekommen zu sein und einen offenen Dialog mit Kritikern gescheut zu haben, sagte er laut Pressemitteilung. Zudem hätten die Kuratoren die Möglichkeit einer Kontextualisierung umstrittener Werke zu leichtfertig abgetan.
Mit Material von dpa