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DESIGN Drink verlangt

Mit ungewöhnlichem Design gehen New Yorker Großbanken auf Kundenfang. Eine Filiale wurde auf Disco-Look getrimmt, eine andere im Art-Deco-Stil restauriert.
aus DER SPIEGEL 8/1979

In New Yorks Grand Central Station, wo morgens und abends einige Hunderttausend Amerikaner in verwahrlosten Nahverkehrszügen an- oder abreisen, steht seit einigen Wochen ein hochglanzpolierter, stromlinienförmiger Prunkzug.

In den Abteilen sitzen höchstens zwei, stets dezent gekleidete Menschen. zumeist Mädchen. Und vor fast jedem Zugfenster steht einer: ein Bankkunde. der Schecks einreicht oder Bargeld abhebt.

Der Silberzug im Grand Central -- eine Attrappe aus Aluminium, durch Spiegel geschickt ins beinahe Unendliche verlängert -- ist der neueste Gag im harten Konkurrenzkampf der New Yorker Banken. Entworfen hat ihn John Mignone, Chef der Design-Abteilung der Chemical Bank, des sechstgrößten Geldinstituts der USA: »Am Anfang dachten die Leute, das Ganze sei ein Restaurant oder eine Cocktail-Lounge und verlangten Drinks.« Inzwischen, sagt Mignone, habe sich der silberne Schein-Schalter bewährt: »Sehr erfolgreich« sei die neue Filiale.

Eine andere Niederlassung der expansiven, auf das Geschäft mit der Kleinkundschaft spezialisierten Bank hat es auf die jugendlichen Swinger, auf Büromädchen und aufstrebende Teens abgesehen: An der Kreuzung Lexington Avenue und 48. Straße entstand die erste Disco-Bank der Welt.

Am Eingang knallgelber Gummi-Fußboden, in der Schalterhalle schwarze Wände mit hellgelben Lichtern, über den Schaltern eine Leuchtschrift nach Art der laufenden Buchstaben, die bis zum letzten Jahr am New Yorker Times Square die neuesten Nachrichten brachten: Es sollte eine »schnelle« Filiale werden, erinnert sich der Designer Claude Langwith, der die Flimmer-Filiale im Auftrag der Bank entwarf.

Vor seinem Bank-Auftrag hatte sich Langwith als Schürzen-Stylist und Warenhaus-Designer hervorgetan. Weniger knallig ("Nur eine Farbe wird verändert") löste Langwith einen zweiten »Chemical«-Auftrag: die Rekonstruktion einer Bankfiliale im Art-Deco-Stil, im Erdgeschoß des Rockefeller Center, eines der eindrucksvollsten Gebäudekomplexe aus jener Epoche.

Von all solchen Kunststücken halten die Verkaufs-Manager der nach Ansicht deutscher Bankiers wohl rührigsten US-Bank, der New Yorker Citibank, überhaupt nichts. Sie setzen auf ein puristisches Konzept und liefern ihre Kunden -- braunbeige die Umgebung, gedämpft der Geschäftston einem Arsenal vom Computern aus.

Citibank-Kunden verkehren mit ihrer Bank per kodierter Plastikfolie, einer Art Kreditkarte, die in den Computer eingeschoben wird. Der Rechner ist sofort bereit, Bargeld (soweit auf dem Konto vorhanden) auszuzahlen oder Schecks anzunehmen oder auch komplizierte Transaktionen abzuwickeln.

Auch die Citibank-Manager, die ihre Hauptverwaltung in einem prächtigen Neubau unterbrachten, gaben einen Anspruch auf, der viele Bankiers noch vor wenigen Jahren unverzichtbar erschien: Bank-Filialen heben sich nicht mehr von den anderen Geschäften ab. Sie sehen aus wie Supermärkte oder Elektronikläden.

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