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EIN REGISSEUR IM ROLLSTUHL

aus DER SPIEGEL 14/1971

wird sanft von Künstlerhand durchs Fernsehbild geschoben -- ein Kompliment für ihn: Durch seine Hilfeleistung bekundet der ungarische Avantgarde-Komponist György Ligeti Einverständnis mit der Fernseh-Illustration seiner berühmten Ton-Collagen »Aventures« und »Nouvelles Aventures«, die der (tatsächlich kerngesunde) Kölner TV-Regisseur Klaus Lindemann geliefert hat; von früheren Bühnen-Versionen derselben Musik hatte sich Ligeti distanziert. Zu dem (von einer Stereo-Platte eingespielten) Schreien, Grölen, Kichern, Stöhnen, Hüsteln und Murmeln von sieben Instrumentalisten und drei Stimm-Akrobaten zeigt Lindemann am Dienstag dieser Woche (22.50 Uhr) im ZDF »einfach Bilder, die Tatsachenberichte sind": Ein nackter Greis steigt aus einem riesigen Plastik-Ei und flieht in einen Sarg; Erwachsene werden vierbeinig von Kindern an der Leine geführt und Blinde von einem Blinden im Lesen unterwiesen. Ein Mann frißt Dollarnoten, ein Kind verbrennt in der Badewanne, eine Sängerin wird mit Spinat gemästet. Diese Vignetten, mit denen der Regisseur versucht, »vom raffinierten Musiktheater wegzukommen« und »eigentlich unspielbare Sachen« durch bizarre Szenenkürzel zu illustrieren, empfindet Ligeti als seinen Klangexperimenten adäquat, »weil auch die Musik vollkommen sinnlos ist«.

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