UNTERHALTUNG / ALEXANDER Eine Gnade
In seinen Konzerten spendet der Künstler gelegentlich den Zuhörern Applaus und bedankt sich dafür, »daß es Sie gibt -- das Publikum«.
Peter Alexander, 44, der Sänger aus Wien, der bis Ende April in 29 deutschen Städten seine Schlager und Heurigen-Gesänge, seine Operettenlieder und Kalauer vorträgt, hat für diese Geste wirklich allen Grund. Denn kein Unterhaltungskünstler wird von den Bundesbürgern so geliebt
Wenn Alexander im ZDF auftritt, sitzen drei Viertel aller Fernseher vor dem Bildschirm, und die Indexforscher ermitteln das Rekordergebnis: »plus 8«. Von seinen Schlagerplatten ("Hier ist ein Mensch«, »Delilah") werden durchschnittlich mehr als 500 000 Exemplare gekauft, von seinen Longplays ("Mein Geschenk für Dich") bis zu einer Viertelmillion. Wenn er auf Tournee geht, sind seine Konzerte immer schon Im voraus ausverkauft.
Niemals zuvor hat die Unterhaltungsbranche einem deutschsprachigen Star so hohe Gagen bezahlt: mindestens 30 000 Mark für eine TV-Show, bis zu 30 000 Mark für ein Konzert, dazu eine Schallplatten-Jahresgarantie von 600 000 Mark. Kein Zweifel: »Peter der Große« (Werbeslogan) ist für die Deutschen der Größte; sie wiegen ihn mit »Goldenen Löwen«, »Goldenen Kameras« und »Silbernen Bildschirmen« auf.
Es ist ein Erfolg. den der Künstler als »eine Gnade, als ein Geschenk des lieben Gottes« versteht (siehe Interview Seite 192). Und tatsächlich, mit seinem Talent und seinem Fleiß ist die Massenwirkung dieses Entertainers nicht zu erklären.
Gewiß, er singt ganz gut, aber so hervorragend nun auch wieder nicht. Als Komiker wirkt er eher traurig, und auch der berühmte Charme macht es sicher nicht allein. Auf der Bühne, in seinen bislang 40 Kinofilmen, im Platten- und Fernsehstudio singt und spielt Peter Alexander eigentlich Immer nur Variationen zu: Was kann der Sigismund dafür, daß er so schön ist?
Was kann der Sigismund dafür, daß man ihn liebt?
Die Plattenmacher und Illustriertenhersteller, denen Alexander so manche Auflagensteigerung eingebracht hat, wissen da schon eher, warum der »positive, den Massen verständliche, vom Volk bejahte« Alleinunterhalter (Jahrbuch des Deutschen Unternehmers 1984) derart populär geworden ist.
Es liege daran, philosophierte der Offenburger Bildblatt-Verleger Franz Burda bei der Tournee-Party im Hamburger »Atlantic«, »daß Peter Alexander in allem noch intakt ist ... daß er so ein netter und bescheidener Mensch geblieben ist«.
Wahrlich, dieser Mann braucht sich auf der Bühne nicht zu verstellen. Er ist in der Tat jener Sympathling, von dem die deutsche Mutter träumt -- der seinen Kindern gehört, auch wenn er gern Kreuzworträtsel löst und angelt; der häuslich ist und vor allem: treu.
»Das Geld«, sagt er, »glauben Sie"s mir, hat mich nie so recht interessiert.« Und wer nähme ihm das nicht ab? Schließlich kann Peter Alexander es sich leisten, nicht clever zu sein. Er hat ein Team, das seine heile Welt für Bühne und Bildschirm perfekt Inszeniert:
Seine Frau Hilde, die er »Schnurrdiburr« nennt, steuert seine Karriere und handelt für ihren Peter die höchsten Honorare aus. Sein Berater Wolfgang Rademann programmiert jede Show hundertprozentig fürs deutsche Gemüt.
Sein Freund, der ZDF-Programmdirektor Joseph Viehöver, sorgt schließlich dafür, daß der Infratest-Spitzenreiter Peter Alexander die besten Produktionsbedingungen und optimale Sendezeiten ohne publikumswirksame ARD-Konkurrenz bekommt.
Insgesamt zwölf Strategen aus dem Show-Business -- Manager, Gag-Autoren, Redakteure, Regisseure, Arrangeure und Choreographen -- arbeiten jeweils acht Monate an einer einzigen Peter-Alexander-Sendung.
Für sein TV-Spektakel »Peter Alexander präsentiert Spezialitäten« engagieren sie Publikumslieblinge wie Anneliese Rothenberger, Heidi Kabel, Rudolf Schock und Marika Rökk. Sie lassen Heintje und die Wiener Sängerknaben jubeln und treiben die Tiere vom Zirkus Brumbach -- Hühner, Esel, Kamel und Elefant -- ins Fernsehstudio. Rademann weiß es: »Die Leute wollen Kinder, Tiere und deutsche Stars.« Verboten sind Experimente, moderne Kameraführung und technische Tricks.
»Beim Peter«, sagt Hilde Alexander, »Ist eben nichts kitschig. Alles, was peinlich wirken könnte, fängt er mit seiner Persönlichkeit ab.«