Sehnsucht nach Gesellschaft Corona nervt

Ein Essay von Elke Schmitter
Für diesen Text brauchen Sie zehn Minuten Konzentration. Warum Sie die nicht haben, steht drin. Einer der meistgelesenen SPIEGEL+-Artikel des Jahres.
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Dreimal ja: Die Lasten und Beschwerden sind ungleichmäßig verteilt. Die einen haben Sorgen, die anderen Kummer, manche auch beides zugleich – und die dritten sind in einem ewigen Sonntag, der erst mal als Entschleunigung gefeiert wurde: längst fällig sowieso. Das Konsumieren beinahe abgeschafft, ebenso Geschäftsreisen, Termine, ambivalent empfundene Familien- und Freizeittreffen - der Shutdown ist auch ein Fest der antizyklischen Behaglichkeit, beinahe so, wie die Tage zwischen den Jahren verlaufen sollten, nur mit unaufhörlichem Sonnenschein.

Erst in der Isolation zeigt sich, wie viel besser es dem Menschen geht, wenn er sich über andere ärgert und nicht bloß über sich selbst.

Das Aber folgt aber, wie es seine Art ist, auf dem Fuße: Die Nerven werden dünn. Nicht nur bei den schwer Tragenden, sondern auch bei den Bevorzugten des Corona-Schicksals, die mit Einsicht und fast ohne inneren Widerstand den örtlichen Einschränkungen folgen: Einkauf und Nahverkehr allein mit Mundschutz, keine Vergnügungsreisen, und, sofern man einem Bekannten oder Freund begegnet, sich praktisch auf Rufweite beschränken.

Alle Artikel zum Coronavirus

Am 31. Dezember 2019 wandte sich China erstmals an die Weltgesundheitsorganisation (WHO). In der Millionenstadt Wuhan häuften sich Fälle einer rätselhaften Lungenentzündung. Mittlerweile sind mehr als 180 Millionen Menschen weltweit nachweislich erkrankt, die Situation ändert sich von Tag zu Tag. Auf dieser Seite finden Sie einen Überblick über alle SPIEGEL-Artikel zum Thema.

Die Gefahren des seligen Verschlonzens, des Lebens in der Jogginghose, wurden früh bemerkt und sachgemäß beantwortet. Die Medien quellen förmlich über von guten Ratschlägen: Geben Sie dem Alltag eine Struktur, frühstücken und abendmahlen Sie zu festgesetzten Zeiten, machen Sie Yoga, um kein Kloß zu werden und den Energiekreislauf in Gang zu halten, rhythmisieren Sie Ihre Tage und Wochen, setzen Sie sich Grenzen und schaffen Sie sich kleine Ziele…

Dies alles dient dazu, dem Einerlei der Zeit, die immer dicker zu fließen scheint, anfangs marmeladig schmeckte, sich inzwischen wie Morast anfühlt, den klugen, aufgeklärten Willen entgegenzuhalten: Man will nicht untergehen im Sumpf der schlechten Unendlichkeit, wie der Philosoph Hegel so einen Zustand nannte, sondern rettet sich auf den privaten Feldherrnhügel, kaum größer als der eines Maulwurfs, mühsam zusammengebacken aus Disziplin und guten Vorsätzen, aus lauter kleinen Pflichten und Strukturen. Facebook oder Chatten nur noch ab 17 Uhr, das Binge-Watching um Mitternacht beschließen, um Mittag eine Runde durch den Park, täglich eine gemeinsame Mahlzeit mit der immungesicherten Herde…

Das hilft, aber es rettet nicht.

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