Zur Ausgabe
Artikel 25 / 79

GESELLSCHAFT Engel eingeflogen

Deutsche Touristen haben ein neues Heiratsparadies entdeckt: Bangkok. Immer mehr Thai-Tochter kommen in die Bundesrepublik.
aus DER SPIEGEL 47/1973

Artig näherte sich die thailändische Adelstochter, eisige Cola in der Hand, dem Bonner Diplomaten und lispelte: »Schätzchen, willst du mit mir bumsen?«

Peinliches Entsetzen in der Lobby des First-class-Hotels in Bangkok. Rückfragen erst ergaben, daß ein Lufthansa-Pilot dem Thai-Täubchen den Satz eingetrichtert hatte, hinterlistig als Übersetzung für die Werbephrase: »Darf ich Ihnen die berühmten Tempel unserer Stadt zeigen?«

Unlängst klingelte es an der Wohnungstür eines heiratswütigen Münchner Junggesellen. Lächelnd stand da ein mandeläugiges Wesen: »Silvermoon could not come. I am sister, my name is Morningrose.« Die fernöstliche Braut, die er als Tourist mit Geschenken überhäuft und die ihm ihr Jawort schon gegeben hatte, schickte nun ihre Schwester ins unwirtliche Europa.

Wieder anders erging es einem Schweizer namens Fritz mit seiner aus Thailand eingeflogenen Ehefrau »Orchidee": In seinem Büro wurde er von der Feuerwehr alarmiert, weil die Thai-Frau zu Hause auf dem Perser über einem offenen Reisigfeuer Bananen geröstet hatte.

Derlei Zwischenfälle gibt es, seit immer mehr Bundesdeutsche, Schweizer und Österreicher in den Fernen Osten jetten -- schon für 990 Mark die Woche. »Traumurlaub« verheißt Neckermann, und »Traumfrauen« erwarten die Touristen. Rund 50 000 Westdeutsche buchten in diesem Jahr einen Flug nach Bangkok, in die »Stadt der Engel« (Bangkok-Werbung) und viele fliegen auf die Frauen.

Manche holen sich von Taxifahrern ein blaues Auge oder von den Vernasch-Mädchen in den Massagesalons (mit 60prozentiger Wahrscheinlichkeit) eine Geschlechtskrankheit. Doch etliche fahren auch hin, um sich in der thailändischen Hauptstadt eine Ehefrau zu suchen, sei es im Schnellverfahren unter dem breiten Angebot oder in mühseligen, monatelangen Diskussionen mit dem Familien-Clan einer Landestochter höheren Standes.

Die Thai-Mädchen, viele gerade erst vom Lande in die Stadt gekommen, sehen Touristen aus Europa gern. »Thai-Männer«, so der Schweizer Publizist Charles Floreal, Autor eines soeben erschienenen Thailand-Vademekums* »haben zu ihren Frauen ein Verhältnis wie der Bauer zur Kuh«. Sie lassen sie

* Charles Floreal: »Die Freuden von Bangkok Dülk-Verlag. Berlin: 168 Seiten; 20 Mark.

sitzen oder schuften, amüsieren sich allein oder mit Nebenfrauen, die sie mit Geschenken eindecken.

So stoßen westliche Touristen ("Farangs« genannt) nicht selten auf Gegenliebe, wenn sie sich -- und sei es auch bei »khun mae« (wie die Mädchen ihre Puffmutter nennen) -- in eine »Morgenröte« oder »Orchidee« verknallen. Im letzten Jahr wurden mehr als 50 Ehen zwischen deutschen Jumbo-Touristen und Thai-Täubchen geschlossen.

Schon krabbeln Mischlingskinder in thai-deutschen Wohnstuben -- wie bei Heinz Jürgen und Suchittra Klenner in West-Berlin; in Frankfurt-Sachsenhausen gibt es einen deutsch-thailändischen Stammtisch. In Aachen und Hamburg hat sich unterdessen eine »Reise und Kontakt-vermittlung« etabliert -- für 300 Mark plus Mehrwertsteuer werden Briefkontakte hergestellt und Photos ausgetauscht.

Freilich: Nicht jeder Freier findet seine »Silvermoon« und nicht jede »Morgenröte« ihren Fritz -- manche Siamkatze landet hernach in den Kleinanzeigen beispielsweise der »BZ« »Thai-Mädchen, demütig. 881 77 50 (Massage).«

Zusätzliche Probleme ergeben sich für die Thai-Mädchen manchmal aus ihrer abweichenden Anatomie. Da viele von ihnen beispielsweise nur Schuhgröße 34 haben, müssen sie in den Kinderabteilungen einkaufen.

Der Verkehr rollt aber auch am anderen Bahnsteig. »Was für eine reizvolle Frau«, wunderte sich unlängst eine West-Berliner Oma beim Anblick einer schmalhüftigen Zugereisten.

Irrtum: Es war ein Thai-Boy, aufgefischt am Rande eines Swimming-pools in Bangkok -- Reise-Souvenir eines alleinstehenden Herrn.

* Am Strand von Bangkok

Mehr lesen über

Zur Ausgabe
Artikel 25 / 79
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten