Neugründung nach Streit im Schriftstellerverband Eva Menasse und Deniz Yücel führen den neuen PEN Berlin

Eva Menasse und Deniz Yücel, Sprecher des neu gegründeten PEN Berlin
Foto: Christoph Soeder / picture alliance / dpaAm Freitag hat sich die neue Schriftstellervereinigung PEN Berlin gegründet. Bei dem formalen Teil, dem, so drückte es Deniz Yücel aus, »langweiligen, standesamtlichen Prozedere« der Neugründung, wurden Yücel und Eva Menasse zu den Sprechern gewählt.
Gefeiert werden soll im November bei einem großen Kongress. Einen Coup konnten die neuen Sprecher landen: Zwei Board-Mitglieder des neuen PEN Berlin holten den russischen Autor Dmitry Glukhovsky in Berlin vom Flughafen ab und brachten ihn ins Literaturhaus.
Scharfer Kritiker des politischen Systems in Russland
Der kremlkritische Schriftsteller wurde in Russland vor einigen Tagen zur nationalen Fahndung ausgeschrieben. Der 42-Jährige werde gemäß einem Verstoß gegen das russische Strafgesetzbuch gesucht, hatte die russische Staatsagentur Tass am Dienstag gemeldet.
Der Autor der »Metro«-Trilogie, der vorwiegend im Ausland lebt und auch Deutsch spricht, ist seit Jahren ein scharfer Kritiker des politischen Systems in Russland. Nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hatte er wiederholt in sozialen Netzwerken die Invasion verurteilt, auf die Verluste bei den russischen Streitkräften hingewiesen und von der Ermordung ukrainischer Zivilisten berichtet.
Glukhovsky hält sich bereits seit einiger Zeit im europäischen Ausland auf. Dem SPIEGEL sagte Glukhovsky, er habe von der Nachricht, dass er gesucht werde, in Spanien erfahren. Nach Berlin kam er nun aus Riga. »Wenn ich Russland betreten würde, stellen sie mich vor Gericht und könnten mich bis zu 15 Jahre ins Gefängnis stecken«, sagte Glukhovsky.
Der Empfang des verfolgten Autors ist die erste offizielle Amtshandlung des am Freitag neu gegründeten Vereins und wurde kurz nach der Wahl des neuen Vorstands bekannt gegeben. Zusätzlich zu Yücel und Menasse wurde ein neunköpfiges Board gewählt, zu dem unter anderem die Autorinnen Ronya Othmann, Mithu Sanyal und Simone Buchholz gehören. Zudem wurden einige Ehrenmitglieder bekannt gegeben, so etwa der in Großbritannien inhaftierte Wikileaksgründer Julian Assange.
Der PEN Berlin hat sich neu gegründet, nachdem es zuvor beim PEN große Differenzen gegeben hatte. Bei einer skandalträchtigen Sitzung in Gotha im Mai wurde der damalige Präsident Deniz Yücel zwar im Amt bestätigt, trat dann aber mit anderen freiwillig zurück. Über 150 neue Mitglieder sind dem neuen PEN Berlin bereits beigetreten. Eine inhaltliche Auseinandersetzung, bei der in großem Rahmen diskutiert werden soll, wofür man eigentlich stehe, soll im November stattfinden.