Fetische aus Samt und Seide
Zwei schmucke Retro-Ausstellungen in Paris: In seinem »Espace"weidet der Couturier Cardin auf drei Etagen die tote Star-Aktrice Sarah Bernhardt und ihre Belle Epoque aus. Im alten Stadtteil Marais wurden die Hollywood-Kostüme präsentiert, die zuvor die New Yorker entzückten.
Bei beiden Ausstellungen zeigt es sich von Vorteil, daß sie von Modeleuten arrangiert und deshalb von intimem Schick, bar jeden musealen Staubes und ohne Belehrsamkeit sind.
Im »Space Cardin« am Park der Champs-Elysées grüßt eine Sarah Bernhardt in Naturseide aus einem Peugeot Torpedo 1909 mit Parma-Veilchen in der Satinhand. In einem Mini-Mahagoni-Gewächshaus im besten Jugendstil nicken frische Narzissen, und auf dem Diwan aus Sarahs Salon schludern schöne Felldecken.
Dazu träufelt Zeitmusik vom Komponisten Reynaldo Hahn. Stetig schleppen Flohmarktler noch neue Sarah-Souvenirs bei, etwa ein riesiges silbernes Halsband, das Sarahs Bernhardiner bändigte. Auf ein fehlendes Relikt verweist die »International Herald Tribune« -- auf Sarahs Sarg, der ihr bei Tournees als Bett diente. »Sie ist«, erläutert das Blatt, »darin begraben.«
* l.: Garbo-Kostüm »Mata Hari«, r.: Monroe-Kostüm auf Warhol-Elefant.
Ins Marais war die Ex-Chefredakteurin der New Yorker »Vogue«, Diana Vreeland, extra gereist, um Vivien Leighs tintenblauen Samtmantel aus »Vom Winde verweht« zurechtzuzupfen und Marylin Monroes (zehn) Roben auf einen rosa Papp-Elefanten von Andy Warhol zu hieven. Eine Windmaschine bläst ständig die Zipfel von Marlene Dietrichs beigem Chiffon aus »Der Garten Allahs' hoch, und auch der Plisseerock, in dem Marylin Monroe einst den Präsidenten Kennedy entzückte, schlägt seine Falten.
Bei den 77 Kostümen sind Männer dürftig vertreten -- mit einem schwarzen Frack von Fred Astaire und zwei Morgenröcken, die Clark Gable aber nur zu Hause trug. Dem »France-Soir« dünkte alles »der reine Fetischismus -- wie im dunkelsten Afrika«.