26 Artefakte Frankreich will koloniale Raubkunst an Benin zurückgeben

Statuen, Schmuck und Zepter: Benin kämpft seit Jahren für eine Rückgabe landeseigener Kunst. Ein Pariser Museum will nun den Anfang machen – und ausgewählte Werke zurück ins Herkunftsland schicken.
Benin-Bronze im Linden Museum Stuttgart: Schätzungen zufolge verfügt Europa über 90 Prozent des afrikanischen Kulturerbes

Benin-Bronze im Linden Museum Stuttgart: Schätzungen zufolge verfügt Europa über 90 Prozent des afrikanischen Kulturerbes

Foto: Thomas Niedermueller / Getty Images

Ein College der Universität Cambridge und ein Pariser Museum geben wichtige Artefakte an Nigeria und die Republik Benin zurück. Bei den Bronzen handelt sich um Kulturgüter, die während der Kolonialzeit in Westafrika gestohlen wurden. Sie stehen aktuell im Zentrum heftiger Debatten über Rückgaben kolonialer Raubkunst. Auch Deutschland hatte die Rückgabe verschiedener Bronzen angekündigt – allerdings erst ab 2022.

Das Jesus College in Cambridge gab die Skulptur eines Hahns zurück, die 1897 von britischen Truppen entwendet worden war. Das College, dessen Wappen einen Hahn zeigt, hatte bereits 2019 angekündigt, es an Nigeria zurückzugeben. Bei den 26 Kunstwerken im Pariser Museum für außereuropäische Kunst Quai Branly handelt es sich unter anderem um Statuen, Schmuck, Zepter und einen Thron aus dem ehemaligen westafrikanischen Königreich Dahomey. Die französische Armee hatte sie nach blutigen Kämpfen im Jahr 1892 im Zuge der Eroberung des westafrikanischen Landes nach Frankreich gebracht. Die Rückgabe soll in zwei Wochen bei einem Empfang des beninischen Präsidenten Patrice Talon formalisiert werden, sagte Macron.

»Ein außergewöhnliches Ereignis«

Benin, das 1960 unabhängig wurde, kämpft seit Jahren für die Rückgabe der Werke. 2017 verpflichtete sich Macron in einer Grundsatzrede in Burkina Faso  zu ersten Rückgaben afrikanischer Kulturgüter innerhalb von fünf Jahren. Die in Berlin lehrende Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy, die seit Jahren für die Rückgabe kolonialer Beutekunst aus Frankreich und Deutschland kämpft , sprach von einem »außergewöhnlichen Ereignis«. Frankreich, das »so lange taub für die Wünsche Afrikas war«, sei nun das erste Land der Welt, das Kunstwerke an ein afrikanisches Land zurückgibt. Savoy hatte 2018 im Auftrag von Macron einen umfassenden Bericht über Werke vorgelegt, die zurückgegeben werden sollten. Die Rückgabe wurde dann durch ein 2020 verabschiedetes Gesetz ermöglicht.

In Deutschland gaben Museumsexperten im April 2021 in einer gemeinsamen Erklärung bekannt, die koloniale Vergangenheit aufarbeiten zu wollen. Ziel sei es laut Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU), »substanzielle Rückgaben« zu leisten. Die wichtigsten Bestände in Deutschland sind zu finden im Ethnologischen Museum Berlin, den Völkerkundemuseen Dresden/Leipzig, dem Museum am Rothenbaum (Hamburg), dem Linden-Museum (Stuttgart) sowie dem Rautenstrauch-Joest-Museum (Köln). Im kommenden Jahr sollen die Eigentumsrechte der Objekte zunächst aus diesen Museen an die Herkunftsgesellschaften in Nigeria übereignet werden.

Schätzungen zufolge verfügt Europa über 90 Prozent des afrikanischen Kulturerbes. Allein in den Sammlungen des Pariser Musée Quai Branly befinden sich rund 70.000 Kunstwerke aus Subsahara-Afrika.

Anm. d. Redaktion: In einer früheren Version des Textes sprachen wir von »Benin-Bronzen«. Der Begriff täuscht allerdings und lässt sich nicht auf alle Artefakte anwenden. Herrschaftsgebiete und Bezeichnungen haben sich im Verlauf der Zeit verändert. Wir haben den Begriff deshalb korrigiert.

ime/dpa/Reuters
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