Zur Ausgabe
Artikel 98 / 122

THEATER Friede der Familienbande

aus DER SPIEGEL 50/1997

Ein Vater nimmt seine Familie als Geisel; während Mutter, Sohn und Tochter abwechselnd in die Glotze und in einen Gewehrlauf starren, phantasieren sie über vollgepinkelte Unterhosen, »die vom Sozialamt« und »irgendwelche Minderheiten«. Alle warten auf den großen Knall - aber der bleibt aus. »Frieden Frieden« heißt das Stück von Anna Langhoff, 32, die auch Regie führt. Am Mittwoch dieser Woche ist die Uraufführung in der Baracke des Deutschen Theaters in Berlin; Intendant: Thomas Langhoff, ihr Onkel. Auch sonst bleibt alles in der Familie: Der Geist von Übervater Heiner Müller (Anna Langhoff: »Ick kenn' den, seit ick krabbel") hängt in der Luft, will aber nicht so recht landen. Vermutlich, weil nicht nur dauernd mit einem Gewehr herumgefuchtelt wird, sondern auch mit dem moralischen Zeigefinger. Zu gewollt wirken die vereinzelten ironischen Brechungen dieses klaustrophobischen Kammerspiels - etwa als Mutter und Tochter plötzlich zu »Souvenirs« von Bill Ramsey tanzen. »Ich langweile mich«, beteuert Anna Langhoff, »wenn ich mir im Theater drei Stunden lang angucken muß, wie es in einer Sozialwohnung aussieht.« »Frieden Frieden« dauert rund zwei Stunden. Immer noch zu lang.

Zur Ausgabe
Artikel 98 / 122
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren