Nach Betrugsvorwürfen im »ZDF Magazin Royale« About-You-Chef widerspricht Fynn Kliemann

Jan Böhmermann, Fynn Kliemann: »Es ist falsch gewesen, nicht zu sagen, dass auch in Bangladesch produziert wird«
Foto: Vennenbernd; Dittrich / dpaIn der Maskenaffäre um Fynn Kliemann hat der Modehändler About You den Angaben des Influencers widersprochen. About You habe nicht gewusst, dass die Atemschutzmasken der Firma Global Tactics, mit der Kliemann zusammenarbeitet, teilweise außerhalb Europas produziert worden seien. Kliemann hatte zuvor auf Instagram in einem Video behauptet, About You habe davon erfahren, und wörtlich gesagt: »Laut Global Tactics wurden alle Abnehmer dieser Masken im Vorfeld über das Herkunftsland genau informiert.«
About-You-Chef Tarek Müller antwortete bei Twitter auf das Instagram-Statement: Kliemanns Angaben stimmten nicht; Global Tactics habe angegeben, dass die Masken aus Europa stammten. Müller schrieb, er habe Kliemann auch darüber informiert. »Leider war das Statement und Insta-Video da schon raus und konnte laut Fynn nicht mehr zurückgenommen werden.«
#fynnkliemann hat ein Statement verbreitet, in dem es heißt: „(...) Laut Global Tactics wurden alle Abnehmer dieser Masken im Vorfeld über das Herkunftsland genau informiert. (…) AboutYou wusste Bescheid, dass die Lieferungen aus verschiedenen Ländern, auch außerhalb (1/5)
— Tarek Müller (@TarekMueller) May 6, 2022
Böhmermann wirft Kliemann Maskenbetrug vor
Hintergrund sind Recherchen des »ZDF Magazin Royale«, das von Jan Böhmermann moderiert wird. In der Sendung wurde ein langer Beitrag zu Kliemanns Maskengeschäften in der Pandemie gezeigt. Der Influencer und Geschäftsmann soll demnach die Öffentlichkeit über Produktionsort und -bedingungen der Masken getäuscht haben.
Den Angaben des Magazins zufolge ließ Global Tactics die Masken zu niedrigen Kosten in Bangladesch und Vietnam produzieren. Kliemann selbst hatte im April 2020 – zu Beginn der Coronapandemie, als Stoffmasken Mangelware waren – im Netz für »fair produzierte, wiederverwendbare Mundbedeckungen aus Europa« geworben.
In seiner Sendung zitierte Jan Böhmermann aus mehreren Textnachrichten, die demnach der YouTuber und Unternehmers verfasst habe. Diese legen nahe, dass Kliemann möglicherweise selbst Bangladesch als Produktionsstandort favorisierte und diese Herkunft bewusst verschleierte. Zudem soll Kliemann mit seinem Geschäftspartner dafür gesorgt haben, dass 100.000 fehlerhafte Masken an Flüchtlingslager in Bosnien und Griechenland gespendet wurden.
Kliemann behauptet, er sei nie gefragt worden, woher die Masken gekommen seien
Der Gründer von Global Tactics, Tom Illbruck, gab am Freitag zu, dass Masken auch in Bangladesch produziert worden seien. Wenn zum Beispiel ein Großkunde keinen Wert darauf gelegt habe, dass die Masken ausdrücklich aus einem bestimmten Land oder aus Europa kämen, »haben wir Masken angeboten, ohne explizit an jeder Stelle zu sagen, wo die Masken herkommen«, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Zum Geschäft mit About You erklärte Illbruck: »Nach dem, was uns an Dokumenten vorliegt, gibt es keine Absprachen mit About You, dass die Masken explizit aus Portugal gekommen sind, und das ist an keiner Stelle schriftlich versichert worden.«
Fynn Kliemann, der in seinem Instagram-Video mehrmals um Entschuldigung bat, äußerte sich am Freitag auch im SPIEGEL-Interview zu den Vorwürfen. Er selbst habe nur die in Europa hergestellten Masken vertrieben, die Produktion aus Bangladesch sei allein für Großkunden wie About You gedacht gewesen. Und: »Ich habe nie dementiert, dass Masken von Global Tactics in Bangladesch produziert werden. Ich wurde nur nie danach gefragt.« Es sei aber falsch gewesen, das Herkunftsland nicht zu erwähnen. »Das hätte ich spätestens bei dem Fragenkatalog vom ZDF sagen müssen.«
Nach den Enthüllungen hatten sich zahlreiche Geschäftspartner von Kliemann distanziert. So stoppte der FC St. Pauli ein geplantes Projekt und behielt sich ausdrücklich juristische Schritte vor. Die Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis, die Kliemann unlängst ausgezeichnet hatte, entzog ihm den Preis.
Unterdessen schrieb der Verein »Wir packen's an« , der Nothilfe für Geflüchtete leistet und Kliemanns Masken auf der griechischen Insel Chios verteilte, man fühle sich »betrogen und verraten«. Als »Geschenk des Himmels« habe der Verein zunächst das Angebot von Global Tactics empfunden: »Wir waren heilfroh über die zum Selbstkostenpreis angebotenen, ›wiederverwendbaren‹ Masken, die aus Portugal direkt nach Chios geliefert werden sollten.« Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, wäre »das Allerschlimmste daran« das »Geschäftemachen auf den Rücken von Schutzsuchenden, von Menschen, die vor Krieg und Elend flüchten, die Schutz brauchen anstatt Betrug«.