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Gestorben Gertraud Jesserer, 77

aus DER SPIEGEL 51/2021
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A. Tuma / Starpix / picturedesk / picture alliance

Auf der Bühne und vor der Kamera strahlte sie in späten Jahren eine Strenge aus, die manchmal zum Fürchten war. Das hatte mit dem Stolz einer Schauspielerin zu tun, die fast ihr ganzes Berufsleben lang in Wien gearbeitet hatte, jener für ihre Schauspielerinnenverehrung so berühmten Stadt. Es lag aber wohl auch an den Verlusten, die Gertraud Jesserer in ihrem Privatleben erlitt. Ihr erster Ehemann und Kollege Peter Vogel starb 1978 durch Suizid, einer ihrer Söhne 1991 während einer Bombardierung als Kriegsreporter im Jugoslawienkrieg. Die in Wien aufgewachsene Künstlerin spielte schon als 14-Jährige in einem Kinofilm an der Seite von Romy Schneider, brach eine Ausbildung am Max-Reinhardt-Seminar ab und reüssierte dann strahlend schön in Kinokomödien wie dem Heinz-Rühmann-Film »Meine Tochter und ich« aus dem Jahr 1963. Zu den Erfolgen Jesserers langer Theaterkarriere gehörten Erwin Axers Inszenierung des Robert-Musil-Stücks »Die Schwärmer« im Wiener Burgtheater 1980 und Luc Bondys Regiearbeit »Figaro lässt sich scheiden« für das Theater in der Josefstadt 1998. »Sie ist ungeheuer sensibel, leicht elegisch und doch enorm kräftig«, hat Elisabeth Orth einmal über ihre Kollegin gesagt. Ihren kühlen Humor zeigte Jesserer auch gegenüber Jour­nalisten, die sie etwa nach ihren Jahren an der Seite des Künstlers André Heller befragten; als Grund für die Trennung von Heller nannte sie: »Er war wirklich etwas Außergewöhnliches, nicht fürs tägliche Leben.« Gertraud Jesserer starb am 9. Dezember bei einem Wohnungsbrand in Wien.

höb
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