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Geschäft gegen Kunst

aus DER SPIEGEL 3/1977

Die Filmförderungsanstalt (FFA) mit Sitz in Berlin finanziert sich aus einer Abgabe der Kinos von 15 Pfennig pro verkaufter Eintrittskarte. Neben Förderungshilfen für die technische Ausstattung von Filmtheatern investierte die FFA seit 1968 über 101 Millionen Mark in die Filmproduktion -- und zwar aufgeteilt in

* den »Grundbetrag«. Er wird dem Produzenten eines deutschen Films ausgezahlt, sofern dieser Film innerhalb von zwei Jahren mehr als eine halbe Million Mark in der Bundesrepublik und West-Berlin eingespielt hat. Ein prädikatisierter oder bei einem A-Festival ausgezeichneter Film braucht nur 300 000 Mark einzuspielen;

* den »Zusatzbetrag«. Ihn erhalten zusätzlich Filme mit Prädikat oder Festivalerfolg sowie Filme, die von einer Kommission als »guter Unterhaltungsfilm« eingestuft worden sind;

* die Projektförderung. Die dafür (seit 1974) jährlich bereitstehenden sechs Millionen Mark werden von einer Projektkommission als bedingt rückzahlbare Darlehen zur Herstellung von Spielfilmen vergeben.

Seit 1974 gibt es zusätzlich das »Rahmenabkommen«, in dem sich ARD und ZDF verpflichten, bis 1978 insgesamt 34 Millionen Mark in die Spielfilmförderung zu investieren. Die Vergabe dieser Mittel kontrolliert ebenfalls eine eigene Kommission.

Wie sehr gerade der renommierte junge deutsche Film von der Existenz der FFA abhängt, zeigt sich daran, daß zum Beispiel Peter Steins »Sommergäste« zu 57 Prozent, Sinkel/Brustellins »Berlinger« zu 77 Prozent und Schlöndorffs »Katharina Blum« zu 80 Prozent aus Mitteln der FFA und des Fernsehens finanziert wurden.

Damit hat die FFA eine ihrer Aufgaben, nämlich »die Qualität des deutschen Films auf breiter Grundlage zu steigern«, erfüllt.

Das Filmförderungsgesetz (FFG) ist jedoch, da die Kulturhoheit bei den Bundesländern liegt, seinem eigentlichen Auftrag nach ein Wirtschaftsgesetz« um »die Struktur der Filmwirtschaft zu verbessern«. Daran ist es bisher gescheitert.

Bei der 1979 anstehenden Novellierung des FFO strebt die Bundesregierung nun ein »zwischen Bund und Ländern koordiniertes System der Filmförderung bei grundsätzlicher Trennung von kultureller und wirtschaftlicher Filmförderung« an.

Dann wird alles wieder sein wie gehabt: »Man spielte das Geschäft gegen die Kunst aus, statt aus der Filmkunst ein Geschäft zu machen«, schrieb Herbert Ihering -- 1927.

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