25 Jahre "Denver Clan" Kaviar und Katzenjammer

Die TV-Kultserie "Denver Clan" feiert dieses Jahr das 25. Jubiläum ihrer US-Erstausstrahlung. Dazu hat sich die Original-Besetzung noch einmal versammelt. Das Comeback wurde zum geriatrischen Klassentreffen.

New York - Ach, die achtziger Jahre! Fönfrisuren, Schulterpolster, John Lennon, Kalter Krieg, Reaganismus, Disco-Fieber, Lady Di, Nena, Spontis, Popper, Mauerfall, Schwarzwaldklinik. Und, nicht zu vergessen: der "Denver Clan".

So schön war die Zeit, so schön schaurig. Und so lange her, wie sich gestern Abend im amerikanischen Fernsehen zeigte. Da feierte die Ur-Besetzung des "Denver Clans" (im Original "Dynasty") das 25. Jubiläum der US-Erstaustrahlung, in einem TV-Special mit dem ominösen Titel "Dynasty Reunion: Catfights & Caviar". Kaviar und Katzenjammer wäre passender gewesen. "Big Botox Tuesday", kalauerte Talker David Letterman hinterher.

Immerhin, (fast) alle waren sie noch mal auferstanden aus den Katakomben des Serien-Seniorenheims: Joan Collins (Alexis), heute 72, Linda Evans (Krystle), 63, John Forsythe (Blake), 88, Pamela Sue Martin (Fallon), 52 oder 53, darüber streiten sich die Geister. Es war ein geriatrisches Klassentreffen, das allen "Denver"-Fans erschreckend auch die eigene Sterblichkeit vor Augen hielt. Oder, wie die "New York Times" ätzt: "Freak-Show".

"Nach zehn Jahren siegt die Schwerkraft"

Das Wiedersehen des Öl-Clans, der den Ewings aus Dallas schnell den Rang ablief, findet am Tatort aller Intrigen statt, der "Carrington-Villa in Denver", die in Wahrheit Filoli-Villa heißt und bei San Francisco liegt. Neun Jahre haben sie sich hier gezofft und geliebt, von 1981 bis 1989 (in Deutschland 1983 bis 1990), haben Modetrends gesetzt, für Stadtgespräch gesorgt mit ihren Cliffhangern (wer kann es vergessen, das Blutbad bei der Hochzeit in Moldavien?), Abermillionen vor die Bildschirme gelockt und 1984 sogar Ronald Reagans Rede zur Lage der Nation aus den US-Schlagzeilen verdrängt.

Joan Collins, muss man sagen, ist passabel konserviert, auch wenn die Digitalkameras und die porenaufblasende HDTV-Technik heute keine Gnade kennen. "Oh Darling", flötet sie Linda Evans zu, als beide so tun, als träfen sie sich zufällig im Salon, umstellt von scharlachrotem Plüsch und Familienfotos der Carringtons. "Wie schön, dich zu sehen."

"Das Biest", das heute Schwulstromane schreibt, sieht - hier zitieren wir lieber Collins selbst - dank "guter Gene" und "Schichten von Make-up" zehn Jahre jünger aus als die neun Jahre jüngere Miss Evans, die trotz Hautstraffung einer Drag Queen gleicht, die Krystle Carrington spielt. "Das Problem mit Schönheitschirurgie ist, nach zehn Jahren siegt die Schwerkraft", hat Evans mal gesagt. Bussibussi, hoch die Tassen, "Champagner" natürlich (oder wohl Ginger Ale, man muss ja auf seinen Blutdruck achten): "Auf unser 25. Jubliäum!"

Das Double von Lady Di

Reunion heißt: Reminiszenzen aus dem Archiv. Visuelle Fragmente eines verlorenen Zeitalters, vor E-Mail und Internet, Terrorkrieg und Brangelina. Alexis im Schaumbad. Alexis hinter Gittern, in voller Abendgarderobe. Alexis und Krystle, im Hennenkampf verzahnt (ergo "Catfights & Caviar"), im Atelier, im Pool und, ein unvergänglicher Klassiker, im Seerosenteich.

Splitter der Erinnerungen, die sich in unser Hirn eingegraben haben wie 99 Luftballons. Doch die Handlung, der konnte man damals schon schwer folgen. Ölbaron heiratet seine Sekretärin, die aber noch ihren Ex liebt, dessen Frau geisteskrank ist und den schwulen Sohn des Ölbarons liebt, der mit ihr schläft, was seine Schwester herausfindet, die eine lieblose Zweckhochzeit eingegangen ist, was nichts daran ändert, dass ihr Bruder zu seinem Lover zurückkehrt, worauf sein Vater, der Ölbaron, die beiden bei einem keuschen Kuss ertappt und den Lover im Handgemenge umbringt, weswegen ihm wegen Totschlags der Prozess gemacht wird, bei dem als Zeugin der Anklage überraschend seine intrigante Ex-Frau erscheint. Und das war nur die erste Staffel.

Was einem bleibt, sind die Klamotten, die Outfits, der Glamour. Die enormen Footballer-Schulterpolster, eine Notgeburt des Star-Designers Nolan Miller (Evans hat überbreite Schlüsselbeine). Alexis' Schals, Schärpen und Schabracken, nichts kam je doppelt vor. Die Leopardenfellkappen und Klotzklunker. Das "big hair", vor allem auch bei Catherine Oxenberg, dem über drei Ecken mit dem britischen Königshaus verwandten Starlet, das 1984 als Alexis' vom Unglück geplagte Tochter Amanda erstmals auf dem Bildschirm erschien - drei Jahre nachdem ihr reales Double Lady Di ihren eigenen Unglücksbund geschlossen hatte.

Eine Ära starb

Am Ende der Jubiläumsfeier gesellt sich auch der greise John Forsythe der Botox-Runde zu. Tatsächlich herankommen sieht man ihn nicht, aus Pietät wohl; erst steht er, Schnitt, dann sitzt er. "Ich habe den Kaviar mitgebracht", flunkert er brüchig. Eine würdige, doch traurige Figur macht er, mit seinen Altersflecken unter der Schminke und dem Smoking, in dem sein Körper verschwindet. Und dem Zuschauer, für den der "Denver Clan" bisher ein Teil seiner Jugend gewesen ist, wird auf einmal klar, dass die Kinder die Serie heute gar nicht kennen.

Die letzte Folge des "Denver Clans" wurde in den USA am 10. Mai 1989 ausgestrahlt. Im selben Monat öffnete Ungarn die Grenze zum Westen. Eine Ära starb, eine neue begann. Collins und Evans, so ist zu hören, können es trotzdem nicht lassen. Im September beginnen sie ein gemeinsames Theaterengagement in Kanada, als rivalisierende und rauflustige Schauspielerinnen in der Kultkomödie "Legends". Pensionäre haben Ermäßigung.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren