Alexander Osang Das eiserne Mädchen - Teil 1

Wer das Geheimnis der Angela Merkel ergründen will, wer begreifen will, warum eine Frau aus dem Osten zur Integrationsfigur einer erzwestlichen Partei werden kann, muss mit ihr von Krisensitzung zu Krisensitzung ziehen und dorthin gehen, wo sie herkommt.

Manchmal muss sie noch mal zurück indiese Stadt, die so gut passt zu Kohls Ehrenwort, zuWeyrauchs verrostetem Garagentor, zu Leisler KiepsEinstecktuch, zu Kanthers Frisur, noch mal zurück in diesesBonner Konrad-Adenauer-Haus, wo man einen dieserSiebziger-Jahre-Sexfilme drehen könnte, ohne ein einzigesMöbelstück zu verrücken. Nach der Pressekonferenz will sieschnell weg, schnell nach Berlin, der Rückflug istausgebucht, alle sind in der Maschine, nur sie steht nochim Warteraum und telefoniert. Sie weiß, in einer Stunde, inBerlin, kann alles anders sein. Sie hört, dass Kohl heuteabend im Fernsehen spricht. Sie schaltet ihr Handy ab undsagt leise: "Er schlägt zurück. Heute schlägt er zurück."Am Abend sieht Angela Merkel Helmut Kohl im Fernsehen. Sieist zu Besuch bei Freunden und fragt, ob die was dagegenhaben. Nein, denn Kohl gucken gehört inzwischen dazu. Esist spannend. Kohl marschiert in das ZDF-Studio wie einGeneral. Thomas Bellut vom ZDF knallt die Hacken zusammen.Er fragt nach Angela Merkel.Er sei nicht hierher gekommen, um über Angela Merkel zureden, sagt Kohl. Und dann redet er. Wie ein betrogenerLiebhaber. Oder ein enttäuschter Vater.Die Tür öffnet sich am Rande von Templin, es ist die Türdes letzten Hauses in einer kurzen Sackgasse. Horst Kasnerist überraschend groß und überraschend aufrecht für einen74-jährigen Pfarrer. Er trägt ein graues Cordjeans-Hemd,hat breite Schultern, aber sein linkes Auge ist trübe. Alsich anbiete, die Schuhe auszuziehen, lacht er. Man erkenntjetzt die Tochter in seinen Zügen. Auch die Art, wie er dieArme schwingt, vorfreudig irgendwie, könnte sie von ihmgeerbt haben. Die Frage ist, worauf er sich freut."Nee, nee behalten Se mal Ihre Schuhe an", sagt Kasner."Manche bringen sogar ihre Hausschuhe mit. In derPlastetüte. Das ist so eine Sitte bei den Leuten hier." Erläuft in ein helles Wohnzimmer. Der Fußboden ist aus Holz,und hinter den großen Fenstern sieht man einen speckigglänzenden, uckermärkischen Acker. Der Himmel istmilchfarben.Es stehen zwei Stühle bereit. Der Stuhl des Pfarrers throntmitten im Raum, und irgendwie sieht der eher aus wie derFragerstuhl. Er ist höher. Manche sagen, Kasner sei diegraue Eminenz der brandenburgischen Kirche. Er redet überBerlin-Pankow, wo er aufwuchs, über Heidelberg, wo er von1948 bis 1952 Theologie studierte. Ihm war immer klar, dasser in den Osten zurückgehen müsse. "Wir wollten nicht beiden Fleischtöpfen Ägyptens herumhängen. So haben wir dasdamals genannt. Wir wurden doch im Osten gebraucht." Erspricht davon, wie er sich in den Jahren vor dem Mauerbaudie Geldscheinbündel, mit denen ihn die West-BerlinerKirche unterstützte, in die Hosentaschen stopfte und sie inden Osten schmuggelte; zweimal in der Woche manchmal, um inTemplin ein kirchliches Seminar aufzubauen. Er lacht, aberman weiß nicht, ob er es auf heute bezieht oder weil ersich einfach gern daran erinnert.In seinem Rücken streckt sich ein mächtiges Regal, das zumgroßen Teil mit den bekannten, blassen Büchern derDDR-Verlage gefüllt ist. Am anderen Ende des Raumes stehteine Schrankwand aus Hellerau. Es ist ein klares Zimmer,neu, aber nicht angepasst. Es hat die deutsche Einheit gutüberstanden.Kasners Frau stammt aus dem Westen und zahlte einen hohenPreis dafür, dass Kasner nicht an den FleischtöpfenÄgyptens leben wollte. Sie hätte in der DDR gernunterrichtet, was sie studiert hatte, Englisch und Latein.Aber man ließ sie nicht. Ihre Tochter Angela gebar sie nochin Hamburg und brachte das drei Monate alte Kind in einemKorb mit in die DDR. Sie wohnten kurze Zeit in Quitzow undzogen von dort nach Templin, eine Kreisstadt in derUckermark. Das Mädchen wollte nicht laufen. Sie saß immernur im Laufgitter herum. Sie redete früh, aber sie liefnicht. Ihre Eltern mussten es lange mit ihr üben. Erst mitfünf Jahren lernte sie zum Beispiel, einen Bergherunterzugehen.Sie hat noch zwei Minuten. Warum es gerade zwei sind, istso unklar wie das, was sie antreibt. "Zwei Minuten",murmelt sie und taxiert die Vorhalle, die überall seinkönnte. Diesmal ist sie in Grimmen, wo der 7.Kreisparteitag der CDU Nordvorpommern stattfindet. Esriecht nach Erbsensuppe und nach Zigaretten.Der Mann mit dem verzückten Blick und der Busfahrer-Frisurkommt Angela Merkel bekannt vor, die Frau mit den kaltenAugen hat ein Mikrofon. Der Mann hat ihr mal ein Glas Honiggeschenkt, die Frau ist von CNN. Eine Journalistin aus Amerika und einImker aus Grimmen. Drei Fragen und ein Dank. Dann muss sieweg. Zwei Minuten. Es regnet immer noch. Klackklackklackmachen die Schuhe irgendeiner Frau aus dem Schwanz vonPresse und Lokalpolitikern, den sie seit Wochen hinter sichher schleppt. Merkels Schuhe machen keine Geräusche, siesind flach und weich, und man kann gut in ihnen laufen.Der Fotograf mit dem langen Teleobjektiv fotografiert fürden "Stern", weiß sie. Die Reporterinnen der "SüddeutschenZeitung" und der "Berliner Zeitung" laufen hinter ihr. DieRedaktionen schicken ihr jetzt Frauen nach, weil sie dasPhänomen erklärt haben wollen. Das Phänomen Merkel. Wasmacht die da? Verstehen Frauen nicht besser, was Frauenfühlen? Vielleicht ist das so, aber es hat seinen Preis. Inden Gesprächen mit der Fotografin und Buchautorin HerlindeKoelbl muss sie so lange über Pflaumenkuchen reden, bis maneine Gänsehaut bekommt. Sie spricht mit "Gala" über Kochenund Markenkleidung, die "Zeit" befragt Psychologen zumThema Vatermord, und in der Talkshow von N3 diskutiert siemit zwei Zeitgeistkolumnisten der "Süddeutschen Zeitung"über die Farbe ihrer Jacke.Am besten würden sie natürlich ostdeutsche Reporterinnenverstehen, aber die haben meistens keine Ahnung von derPolitik, glaubt man in den Redaktionen. So denken siewirklich, die Jungs in den klein karierten Jacketts mitihren wichtigen Kontakten in die Polit-Szene. Genaugenommen ist das Angela Merkels Glück, weil sie so immerein Stück Welt für sich behält. Zwischen Bonn und Berlin,Männern und Frauen, Osten und Westen.Sie kann in eins ihrer Verstecke springen, warten,überleben.Einmal hat sie mit dem PDS-Bundesgeschäftsführer Bartschrussisch geredet, kurz bevor die "Bonner Runde" auf Sendungging. Sie mag die kleinen Geheimnisse, und manchmal stehtdas in ihren Augen, wenn man ihr eine Frage stellt. Dannzögert sie mit der Antwort, schaut wissend und sagt dannirgendetwas Harmloses."Drei Fragen", sagt sie zu der CNN-Journalistin und reibtsich die Handflächen aneinander, als friere sie. Sie gucktnicht freundlich, aber mit dem schief gelegten Kopf, derzumindest Aufmerksamkeit signalisieren soll. CNN bringt ihrnichts, das ZDF ist jetzt wichtig und die "FAZ". DerScheitel rutscht ihr vor den Mund.Sie hat irgendetwas gesagt. O-Töne. Die Antworten kann manvergessen. Es sind vier Minuten vorbei, die einemvorgekommen sind wie zwei."Ich habe noch nicht gekostet, aber ich habe mich sehrgefreut", sagt sie zu dem Imker mit der Busfahrer-Frisur.Sie schlägt den Mantelkragen hoch und hüpft durch diePfützen unter den nassen, schlaffen "CDU ­ mitten imLeben"-Fahnen zu ihrem Auto. Sie gibt einem oft das Gefühl,zurückgelassen zu werden. Sie nimmt das Leben mit. Der Imker bewegt sich nicht, er schaut, als sei er von einer Wunderheilerin berührt worden. SeinBlick leuchtet warm, und der Mann scheint sogar ein wenigzu schweben. Egon Spychalski ist 62 Jahre alt, hat früherim Außendienst beim VEB Erdgas Grimmen gearbeitet und istseit 1975 in der CDU. Er war immer schon Hobby-Imker, denVEB Erdgas Grimmen allerdings gibt es nicht mehr,Spychalski ist Rentner."Sie wollen sicher wegen den Koffergeschichten fragen",sagt er, als sei er durch die Berührung Angela Merkels zueinem Insider der Spendenaffäre geworden."Ich hab dazu 'nen Standpunkt. Sagt Ihnen der NameSchalck-Golodkowski was? Ja? Na sehn Sie. So viele Zufällegibt's gar nicht. Da steckt die KoKo dahinter."Welche Zufälle?"Wir hatten hier ja mal ein Waffenlager in der Nähe vonRostock, Schreiber hat auch Waffengeschäfte gemacht. Damuss man nur eins und eins zusammenzählen. Wir hier imUntergrund wissen ja manchmal mehr als die da oben. Mansollte die Stasi oder was die Vergangenheit war, nichtunterschätzen."Was ist das für Honig, den er Frau Merkel schenkte?"Oh, das ist, äh, nur Honig", sagt Spychalski und seinBlick wird fiebrig. "Bitte verstehen Sie das nicht falschjetzt. Das war 'ne private Sache, also nicht offiziell. Daswar nebenher, 'ne Probe, ja, 'ne Probe. Nicht, dass hiernoch ein Skandal aufgedeckt wird. Also, das ist ja keineSpende. Das ist intern. Das hätte sie nicht verdient, siehat es schon so schwer genug." Spychalskis Blick flehtjetzt, irgendwas läuft schief.

Jeder der Redner auf dem Parteitag nimmt Bezug auf HelmutKohl. Jeder ist kompetent, jeder ist betroffen. Das WortKoffer hat seine Unschuld verloren. Das Wort Spende auch.Ein alter Mann ruft vom Pult, Helmut Kohl sei gottlosgeworden, weil das Geld nicht gesegnet gewesen sei. Alleklären auf, alle sind verdächtig. Meldungen, die keinMensch mehr versteht, die aber irgendwie verdächtigklingen, irren durch die Radionachrichten. Viele Ostlerdenken jetzt an die Wendezeit. An die Stasi und diePolitiker, die starben wie die Fliegen. "Ich habe eineDummheit gemacht" klingt doch genauso wie: "Ich habe keinemgeschadet." Und "ich entschuldige mich" klingt wie: "Ichliebe euch doch alle."Hobby-Imker Spychalski kämpft verzweifelt um seineLandesvorsitzende. Er lobt Angela Merkel, er traue ihr denParteivorsitz zu, sie könne noch zuhören, aber bis zumSchluss wird ihn das Gefühl nicht verlassen, er habe sieans Messer geliefert. Mit seiner Honigspende. So wieWolfgang Schnur damals, der ihr nicht gesagt hat, dass erbei der Stasi war, und dann Helmut Kohl, der ihr nichts vomSchwarzgeld verriet, und zuletzt Wolfgang Schäuble, dernicht sagte, dass er Geld von Schreiber bekommen hatte. Siehaben immer nur an den Honig gedacht, nie an sie.Natürlich könnte man jetzt Günther Krause zu Wort kommenlassen, der sich bitter beklagt, wie karrieregeil AngelaMerkel ist. Krause war der erste Bundesminister aus demOsten, er war ihr Vorgänger als Landesvorsitzender inMecklenburg-Vorpommern und hat damals ziemlich viel Mistgebaut. "Sie ist eine nette junge Frau, die dir sofort inden Hintern tritt, wenn du dich umdrehst. Mit Helmut Kohlhat sie es so gemacht. Der nächste: Wolfgang Schäuble",sagt Krause. Mehr wolle er zu "Frau Merkel" aber nichtsagen, und dann redet er noch 20 Minuten fiese Sachen, aberdas kennt man ja alles, und so könnte man auch Charly Hornzu Wort kommen lassen, ihren Klassenlehrer, den kenntnämlich kaum jemand.Allerdings will Charly Horn nicht reden. Er steht in einerKochschürze in der Tür seiner Templiner Neubauwohnung, seinGesicht ist verschwollen, und als er den Namen AngelaMerkel hört, schwillt es, soweit das möglich ist, noch mehrzu. "Kein Wort zu der Merkel", sagt er. "Es gab da einenVorfall in der 12. Klasse, zu dem ich mich nicht äußernwerde."Charly Horn war ihr Klassenlehrer an der ErweitertenOberschule "Hermann Matern", kein schlechter Kerl, aberauch nicht besonders engagiert. Weil er es verpennte,wollte die Klasse nicht am jährlichen Kulturwettstreit derSchule teilnehmen. Sie wollten Horn damit bestrafen, aberso liefen die Dinge damals nicht. Wer nicht für die Sachewar, war gegen sie. Und wer ein Kulturprogramm ausfallenließ, gefährdete schnell den Weltfrieden. Kasner redeteseiner Tochter ins Gewissen, denn sie hatte inzwischenetwas zu verlieren. Und er auch. Es war kurz vorm Abitur,sie war Pfarrerskind, sie hatte eine Studienzulassung fürPhysik, er wollte das Leben retten, das er für sie geplanthatte."Angela war eigentlich sehr harmoniesüchtig", erzählt ihrVater. "Das war die einzige pubertäre Aufwallung, die mirim Gedächtnis geblieben ist. Ich hab sie in letzter Sekundeüberredet, doch ein Kulturprogramm zu machen. Sie hattekeine Funktion, aber sie war schon sehr wichtig in ihrerKlasse. Sie haben sich alle bei uns getroffen und in dreiStunden ein Kulturprogramm aus dem Boden gestampft."Ein paar Morgenstern-Gedichte und eine kleine Rede, in dersie verkündeten, dass sie ihr gesammeltes Solidaritätsgeldfür die Frelimo, die antikolonialistischeBefreiungsbewegung Mosambiks, spendeten. Das führten siedann auf. Das Blöde war, dass kein Lehrer ChristianMorgenstern kannte. Und im Gedicht "Mopsenleben" kommt jaeine Mauer vor, auf der der Mops sitzt. Bei Mauer dachtendie gleich an eine politische Provokation. Sie haben zuHause nachgeschlagen und herausgefunden, dass Morgensternein Bürgerlicher war. Da fügte sich natürlich ein Bild.Erschwerend kam hinzu, dass die Frelimo weitgehendunbekannt war; damals wurde für Vietnam gespendet. Jemandsagte, dass dies eine kirchliche Organisation sei. Damithatten sie den Schuldigen. Die Pfarrerstochter.Unglücklicherweise saß die Frau des Kreisschulrates mit imPublikum. Es wurde ein richtiger Skandal. Charly Horn schoballes auf seine Klasse. Die Schüler wurden verhört, aberdie Eltern wehrten sich. In einer Elternversammlung standenplötzlich alle auf und gingen. "Ich habe bis zum Herbst '89nie wieder eine solche Zivilcourage erlebt", sagt MerkelsVater. "Aber im Bezirk waren sie wild entschlossen, dieSchüler zu bestrafen. Ich hatte einen Informanten, der mirsagte, ich müsse mich diesmal an höhere Stellen wenden."Kasner wandte sich an Bischof Albrecht Schönherr. Dersprach den Fall beim Sekretär für Kirchenfragen im Zentralkomitee der SED an.Offenbar herrschte dort eine kirchenfreundliche Stimmung,vielleicht hing es auch mit der Frelimo zusammen, genauwusste man das ja nie. Jedenfalls wurden nicht die Schülerbestraft, sondern ihre Ankläger. Der erste, derstrafversetzt wurde, war Charly Horn. Später wurde derDirektor der Schule ausgetauscht und dann der Schulrat.Horn war, so kann man es sehen, der erste Mann, der AngelaMerkel verriet.Sie scheint die Krise zu genießen. Als sie im letzten Jahrdie Niederlagen der SPD in den Landtagswahlkämpfenkommentierte, wirkte Angela Merkel oft lustlos. Jetztgeht's ihr wieder besser, die Dinge fließen. Im Dezembergriff sie Kohl in einem "FAZ"-Artikel an, ihren Ziehvater,von dem sie sich längst gelöst hatte. Bereits auf demCDU-Parteitag nach der verlorenen Bundestagswahl moniertesie das Wahlkampfmotto "Sicherheit statt Risiko". Kohlblinzelte damals schwach, er hatte noch Tränen in den Augenvon seiner Verabschiedung. Er war auf dem Weg in dieGeschichtsbücher, ein großer deutscher Kanzler.Unverletzlich. Aber diesmal drang es zu ihm durch, auchweil ihr "FAZ"-Artikel zwei Tage vor Heiligabend erschien.So denkt er, und das weiß sie. Ein kleiner Mut, aber zurrichtigen Zeit: Sie hatte Schäuble nicht gefragt, weil siewusste, dass er ihr den Artikel verboten hätte. Und siewusste schon, dass er schwach war und vorsichtig seinmusste ­ wegen seiner Treffen mit Schreiber.Je schlimmer die Vorwürfe an die anderen wurden, destounschuldiger schien sie zu sein. Wo immer sie in denvergangenen Wochen für die CDU auftrat, wurde sie gefeiert.Machen Sie was, halten Sie durch. Manchmal allerdingsscheint es, als liebten die Leute sie bloß dafür, dass siesich in den Talkshows nicht verspricht. Als sähen dieMenschen ihr bei der Schulaufführung zu und hofften, dasssie den Text nicht vergisst.Auf Kurt Biedenkopfs Geburtstagsparty in Dresden waren sieund der Kinderliedersänger Rolf Zuckowski die begehrtestenGäste. Kurt Biedenkopf wünschte sich ein Foto mit ihr. RitaSüssmuth suchte ihre Nähe. Monika Diepgen wollte sieeinfach nur umarmen. Während der pompösen Feier in derDresdner Semperoper saß sie neben Richard von Weizsäcker inder zweiten Reihe der Königsloge und plauderte. Schäublesaß am Rand, vor sich hin stierend, kaum noch am Leben. Siewirkte unabhängig, über den Dingen stehend, lächelnd. EinTeil des Ganzen und dann doch nicht. Als sie mit RitaSüssmuth zusammenstand, sah es aus, als gäbe Angela Merkelihr eine Audienz. Man musste damit rechnen, dass sich RitaSüssmuth gleich ein Autogramm wünschte. Der ewig grinsendethüringische Ministerpräsident Bernhard Vogel wirkte nebenihr wie ein durchgedrehter Alter.Aber als Kurt Biedenkopf einen Moment allein vor dem Kesselmit sächsischer Kartoffelsuppe stand, sprang sie auf undschnappte ihn sich. Der Einzige, der hier wichtig war.Sie weiß, dass sie sich nicht ausruhen darf. Der"FAZ"-Artikel gegen Kohl wirkt harmlos, wenn man ihn heuteliest, denn der große, dicke Feind liegt längst am Boden,ihr verdorren die Worte im Mund. Von Tag zu Tag werden siebedeutungsloser, leichter. Helmut Kohl interessiert schonniemanden mehr. Der Druck aber lässt nicht nach. Und siemuss reden, reden, reden. Immer wieder vor die Kamerawändetreten.

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