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ARD-Reportage: Frau Engelke sucht das Glück

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Anke Engelke bei ARD-Themenwoche Dunkel war's, das Glück schien helle

Beim Ziegenmelken, im Chor der Trübsinnigen, auf der Kinderkrebsstation: Für ihre Reportage "Sowas wie Glück" hat Anke Engelke an unwahrscheinlichen Orten nach frohen Gefühlen gesucht. Den Zuckerguss hat sie glücklicherweise zu Hause gelassen.

Das erste Glücksgefühl durchrieselt den Zuschauer schon nach ein paar Minuten: Hurra, Anke Engelke will nicht zum Lachyoga! Für ihren Film "Sowas wie Glück - eine Reise mit Anke Engelke" (ARD, 20.15 Uhr)  ist die Entertainerin ein Jahr lang durch Deutschland gereist, und angenehmerweise ist daraus keine Abklappertour bei plakativ frohen Glücksbärchimenschen geworden, die zum Beispiel beim Turnen keckern. Stattdessen sucht Engelke das Glück zuerst da, wo man es am wenigsten vermutet: auf einer Kinderkrebsstation, am Bett eines Mädchens, dem man gerade den tumorbefallenen Magen entfernt hat. "Wenn die mir den Magen weggenommen haben", will die frisch Operierte mit der langen Narbe auf dem Bauch wissen, "wo sind dann die Schmetterlinge jetzt?"

Engelkes Reportagefilm ist Teil der ARD-Themenwoche "Zum Glück", die bis 22. November im Ersten, den dritten Programmen und im Hörfunk diverse Glücksmomente einfangen will - mit Reportagen über Lottogewinner und glückliche Hausfrauen, Dokumentationen über die Esoterikindustrie und die chemischen Bestandteile des Glücksgefühls. Jeder Beitrag mit eigener Botschaft. Engelkes Film vermittelt: Glück liegt in den Dingen, die einem so lange normal und gewöhnlich scheinen, bis man sie verliert. Gesund sein, nicht allein sein.

Ihre erste Station, bei den jungen Krebspatienten, setzt den Ton für die ganze Reise: Auf einer dunklen Leinwand leuchten kleinste Lichtpunkte intensiver. Tobi und seiner Mutter würde gerade schon stinknormaler Alltag zum Glücklichsein reichen, sie dürfen darauf hoffen: Gerade hat der Junge eine positive Prognose bekommen, die Leukämie scheint besiegt. Engelke findet im Gespräch mit kranken Kindern und leidenden Eltern die richtige Mischung aus offen, direkt und behutsam, mitfühlend, ohne mitleidigen Zehenspitzentanz, eher etwas forscher als gewohnt.

"Irgendwo auf der Welt gibt's ein bisschen Seligkeit"

So castet sie für ihren "Chor der Muffligen" unglückliche Menschen, die durch das gemeinsame Singen froher werden sollen - tatsächlich steigen die entsprechenden Hormone im Speichel der Sänger während der dreimonatigen Probenzeit messbar an. Zusammen brummen sie Lieder von den Comedian Harmonists: "Irgendwo auf der Welt gibt's ein bisschen Seligkeit".

Dann sitzt Engelke bei einem Paar auf dem Wohnzimmersofa, das 60 Jahre miteinander verheiratet und glücklich damit ist, anschließend melkt sie Ziegen in der schwäbischen Dorfkommune Tempelhof, wo sich hundert traurige Stadtmenschen eine alternative Gemeinschaft aufbauen - mit ganz viel Zusammensein, Teilen und Anfassen. Den Morgenkreis mit Händehalten beäugt die Moderatorin dabei ähnlich misstrauisch wie der durchschnittlich esoterische Zuschauer, eine Erzählhaltung, durch die ihre gesamte Unternehmung kitschfrei und klar bleibt, statt träumerisch zu versüßen.

Angenehm pragmatisch auch ein Psychiater mit Freudbart, der Engelke erzählt, er verstehe sich als Beleuchtungskünstler: Weil das persönliche Glücksempfinden vor allem davon abhängig sei, auf welche Bereiche im Leben man den Lichtkegel richtet - und dass man besser positive Momente anstrahle, statt nur in die trüben Lebensecken zu starren.

Eine Weisheit, die schwer umzusetzen ist, als Engelke Tobi wiedertrifft, den Jungen aus dem Krankenhaus, dessen Diagnose sich inzwischen zum Schlimmsten gewandelt hat. Glücksrezepte wie gemeinsames Singen oder Salaternten in der Landkommune schnurren da zusammen, und es ist die Stärke des Films, dass er es zulässt, sich selbst auch zu relativieren.

Tobi wird sterben und kann doch glücklich sein, in guten Momenten wenigstens, beim Minigolfspielen, beim Besuch eines Fußballspiels. Mit Anke Engelke spricht er über sein Testament und erzählt ihr, wer seine Lieblingssachen bekommen soll. Der traurigste Moment in "Sowas wie Glück", der gleichzeitig auch eine schwer zu erklärende Ruhe ausstrahlt. "There is a crack in everything/ that's how the light gets in", singt Leonard Cohen.

Sowas wie Glück - eine Reise mit Anke Engelke ,
Montag, 18. November, 20.15 Uhr, ARD.
Vollständiges Programm der Themenwoche unter www.themenwoche.ard.de 

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